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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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selbstverständlich ganz schön viel schauspielerisches Talent erfordert. Ist aber nicht so tragisch, mit der Zeit hat man das voll drauf. Genauso wie man aus Feuer und Eisen harten Stahl macht oder aus Gurken und Joghurt leckeren Zaziki. Alles ist eine Sache der Übung!
    »Osman, ich habe mir solche Sorgen gemacht, dass du vielleicht auch nicht kommst«, reißt der Meister noch einen Klassewitz.
    »Herr Viehtreiber, heute sind Sie ja wirklich toll in Form. Sie scheinen sich im Urlaub bestens erholt zu haben. Sie machen sich Sorgen um meinen Arbeitsplatz? Sie sind mir aber heute ein Witzbold!«
    »Du weißt eben nicht, was ich hier seit Wochen durchmache. Mehr als 35 Prozent der ausländischen Belegschaft ist nicht aus dem Urlaub zurückgekommen, seit wir diese neue Partei im Parlament haben«, jammert er plötzlich nicht mehr so lustig. »Die haben alle den gelben Scheingeschickt und wollen sich ihren verlängerten Urlaub am Mittelmeer von der Firma bezahlen lassen!«
    »Aber Chef, bei mir brauchen Sie sich doch keine Sorgen zu machen. Diese neue Partei schert mich überhaupt nicht. Solange sie ihr Unwesen nicht bei uns in Halle 4 treibt.«
    »Sehr gute Einstellung, sehr gute Arbeitsmoral«, werde ich von höchster Instanz auf der Stelle gelobt.
    »Obwohl ich gehört habe, dass bei uns einer in der Buchhaltung …«
    »Ach, Quatsch, der ist gar nicht so«, wiegelt er sofort ab, »gegen unsere eigenen Ausländer hat der Bruno rein gar nichts! Kein vernünftiger Mensch sägt an dem Ast, auf dem er gemütlich sitzt.«
    »Klar, so doof sind die vermutlich auch wieder nicht«, bestätige ich.
    »Öhm …ööh …«, hüstelt er und macht damit sehr deutlich, dass man mit ihm über die neuen Dunkelbraunen im Parlament nicht lästern sollte. Was ich ihm nicht verübele. Falls es nämlich noch schlimmer kommt, kann ich ja immer noch in die Türkei abhauen. Aber mein armer Meister muss mit denen hier wohl oder übel zusammenleben, schlimmer noch, zusammenarbeiten!
    »Osman, ich habe aber auch eine gute Nachricht für dich«, gluckst er.
    »Was denn? Wurde die Bundestagswahl etwa im Nachhinein für ungültig erklärt?«
    »Das nicht, aber du darfst heute sofort eine Doppelschicht schieben!«
    »Super, da kommt wirklich Freude auf! Gleich nach dem Urlaub eine Doppelschicht. Was will man mehr«, klopfe ich ihm dankbar auf die Schulter, was ›unter Kollegen‹ ja völlig normal ist!
    »Wusste ich doch, dass es dir gefallen wird. Bis die Drückeberger wieder da sind, darfst du jeden Tag eine Doppelschicht schieben. Jetzt aber hopp, hopp, los an die Arbeit«, brüllt er plötzlich nicht mehr ganz so kollegial.
    »Aber Chef, wo sind Mevlüt, Hasan, Nuri, Giovanni und Igor?«, rufe ich kurz darauf total erschrocken, weil ich so gut wie niemanden aus unserer Kolonne sehen kann.
    »Ich sagte doch bereits: Fast die Hälfte der ausländischen Kollegen fehlt noch, verdammt«, schimpft er sichtlich angefressen.
    »Da nützt auch eine Doppelschicht von mir nichts! Ich müsste schon 90 Stunden am Tag arbeiten! Und das 10 Tage die Woche.«
    »Ja, das verdankst du nur unseren feigen ausländischen Kollegen. Wegen ein paar neuer Politiker schmeißen diese Weicheier sofort alles hin und verkriechen sich in ihren Heimatdörfern!«
    »Wie recht Sie doch haben. Eigentlich müssten die doch jetzt erst recht viel arbeiten, nicht wahr? Arbeit macht doch frei!«

13 Nach 16 Stunden Arbeit am Stück würde ich aber eher sagen: Arbeit macht müde! Hundemüde!
    Und man bekommt auch noch ziemlich blöde Halluzinationen.
    Eine andere Frage: Gibt’s denn überhaupt Halluzinationen, die nicht blöde sind?
    Aber so blöde, wie ich sie jetzt habe, bekommt man sicherlich sehr selten:
    Ich sehe nämlich meinen Sohn Mehmet mit einem Hakenkreuzam Oberarm auf der Straße herumstolzieren! Mein erzkommunistischer Sohn Mehmet als Ober-Nazi – ich muss unbedingt zu einem Seelenklempner! Die Ereignisse der letzten Tage sind wohl nicht spurlos an mir vorübergegangen. Andererseits, die halbe DDR ist ja damals nach der Wende vom Kommunismus zum Ober-Nazismus konvertiert.
    Als meine bescheuerte Halluzination mich sieht, schlägt sie zackig die Hacken zusammen, streckt den rechten Arm aus und brüllt ganz schön behämmert:
    »Gegrüßt sei die ruhmreiche Arbeiterklasse, Sieg Heil!«, und das klingt gar nicht wie eine blöde Halluzination, sondern eher wie ein saudummer Nationalist!
    Ich muss zugeben, manchmal ist die Wirklichkeit viel perverser als die krankeste

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