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Deutschland macht dicht (German Edition)

Deutschland macht dicht (German Edition)

Titel: Deutschland macht dicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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den Überbau: Warum nicht mal ein Gesundheitsminister, der anders aussieht, ein Außenminister, der anders liebt, und eine Frau im Kanzleramt? Hauptsache, die Vielfalt ist eine gewährte, geduldete. Was sie als Werbegeschenk rausrücken, können sie auch wieder wegnehmen.«
    »Klingt aussichtslos für unsereins, obwohl ich’s nicht verstehe«, klagte der Ausgestoßene.
    »Klingt bloß aussichtslos, WEIL wir’s nicht verstehen«, riet der arme Teufel.
    »Nichts ist aussichtslos. Ich verrate euch jetzt den Plan.«
    »Tun Sie das lieber woanders«, warnte eine Stimme. Alle, die eben noch einander zugehört hatten, drehten sich nach ihr um.
    Auf einem Kunstwerk saß ein erschöpfter Mann.
    Bernd Vollfenster hatte sich auf die Ellenbogen gestützt, die Unterhaltung der Benachteiligten mit ihrem neuen Anführer verfolgt und etwas bemerkt, das denen entgangen war: Sie standen nah am Eingang einer Bankfiliale, vor zwei in die Mauer eingesenkten Geldautomaten, deren gelbliche Bildschirme im Takt der Rede der Anwesenden aufleuchteten und wieder dunkler wurden, als wären die Geräte Meßwerkzeuge einer Stimmenuntersuchung. RosaliesVater nickte in Richtung der Automaten, dann der Kameras darüber, und sagte: »Kommen Sie, wir bringen uns in Sicherheit, bevor hier die Aktuatoren auftauchen.«
    »Was für akute Ohren?« fragte der arme Teufel.
    »Billige Typen. Mit Schlipsen«, sagte Ohne Titel. Weitere Warnungen waren nicht nötig.

21.
Giftgeld
     
    »Dieselbe Idee wie wir im Parkhaus. Aber in großem Maßstab«, lachte Hendrik. Der Widerhall hörte sich in der verlassenen Bahnhofshalle an, als freute sich ein irrer Satanspriester über frische Jungfrauenherzen. Also ver- schluckte Hendrik sein Lachen und kratzte sich am Kopf. Eigentlich hatte er Clea, die sich auf einer Bank gerade die Fußballen massierte, damit aufheitern wollen, daß er sie auf die umgestürzten Süßigkeitenautoma- ten hinwies, die in sauberer Reihe, wie gekippte Dominosteine, entlang der rückwärtigen Wand der Halle lagen. Man hatte sie ausgeweidet; nichts Süßes blieb zurück.

    »Aber das Geld, siehst du? Ist noch da. Das haben sie nicht angefaßt!«
    Zwar waren auch die Münzreservoire derMaschinen gesprengt worden, aber die schmalen Geldkassetten hatte niemand geraubt; sie lagen ausgekippt neben den metallenen Schränken. »Kein Wunder. Guck’ dir’s bloß mal an – ist ja kein Geld mehr, sondern Wackelpudding«, sagte Clea, mutlos und erschöpft. Hendrik kam zu ihr, ging in die Hocke und stupste mit dem Finger gegen den glänzenden Münzwabbel zu ihren Füßen.
    »Stimmt. Verrückt ... Weißt du, wo ich so was schon mal gesehen hab’?«
    »Nö«, sagte Clea. Man hörte, wie gleichgültig ihr das war.
    »Gestern. An so einem Kiosk, wo ich immer ... ob das was mit der ganzen Katastrophe«, er machte eine Armbewegung, die den verengten Weltzustand umfassen sollte, »zu tun hat? Ich mein’, weil das vielleicht ein ... ein Symptom ist?«
    »Mama sagt immer: Irgendwann geht das ganze Geld zum Teufel. Hat sie schon gesagt, als der Euro kam. Deswegen will sie immer alles anlegen. Kunst kaufen. Na ja.«
    »Das ganze Geld zum Teufel ...«, wiederholte Hendrik zweifelnd und stocherte mit dem Zeigefinger im Monetengelee herum. Es war noch erheblich weicher als die gallertisierten Münzen gestern am Kiosk.
    »Und wenn’s wirklich so ist? Wenn alles andere dann auch zum Teufel geht?« fragte er mehr sich als Clea.
    »Hä?«
    »Sag’ mal, Clea, fühlst du dich irgendwie ... anders oder ... lasch oder ...?«
    Sie lachte ihn heiser aus: »Wir lösen uns jetzt auch auf, ja?« Sie fand das albern, schlüpfte wieder in ihre Sneaker, kniete neben ihm nieder und griff in den Glibberhaufen, um zu beweisen, daß sie ihm in Frechheitsfragen mindestens ebenbürtig war.
    »Wie fühlt sich’s an?« fragte er und hielt seine eigene Hand hoch, ins bleiche Neonlicht, siemißtrauisch betrachtend. »Wie Froschlaich, oder mehr wie Wackelpudding? Ist es warm oder kalt?«
    Clea grinste: »Wen interessiert, wie es sich anfühlt? Entscheidend ist doch, wie es schmeckt!« Dann steckte sie etwas Zeug – ein Fingerspitzchen nur, zwei Münzen waren das mal gewesen – in den Mund: »Mmmh! Fein!«
    »Sag’ mal, spinnst du?«
    »Wieso?«
    »Hast du das jetzt echt runtergeschluckt?«
    »He«, protestierte Clea mit erhobenen Händen und zu ihm gedrehten Handflächen, »reg’ dich ab. Ist ja wohl nicht giftig. Weiß man doch, daß echte Münzen, wenn man sie schluckt, von der

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