Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deutschland macht dicht (German Edition)

Deutschland macht dicht (German Edition)

Titel: Deutschland macht dicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
Vom Netzwerk:
deutete.
    »Oh verreck!« rief die Exnuß aus, denn zwei Dutzend Meter rechts von ihnen, am hohen schwarzen Eisengeländer, krabbelten plötzlich verschmierte Gestalten herum – bleiche, larvenartige, in weißen Tüchern. Es waren billige Menschen, wie Vollfenster sofort erkannte. Sie warfen sich aus der Verzopftheit der gläsernen Seile, die dort aufgespannt waren, teils hinunter ins Nichts, teils auf die Brücke, wo sie sich sofort berappelten, auf die kleine Gruppe zuschlappten und dabei wilde Rufe ausstießen, die man nicht verstand: »Oszillator! Oszillator! Abbabbel bibibell Bubutz! Oszillator! Drehimpuls zickzack! Oszillator, Broszillator, himpele pimpele porz! Hickhack, Hut und Hund!«
    »Sie verlieren Krähenfedern«, stellte die Exnuß fest.
    »Was?« fragte der Exteufel.
    »Es stimmt«, sagte Vollfenster verdattert und zeigte, weil es dazu sonst nichts zu sagen gab, stumm auf die Nasenlosen und Ohrenfreien, die fahlen Menschen, von denen manche Reißverschlüsse hatten, wo Münder hingehört hätten, in ihren schwarzweißen, flockigen Lumpen, mit schlackernden Armen und weit aufgerissenen Mäulern, aus denen »Komponente, lahme Ente, hui undauch noch Wasserleiche!« und anderes Gejaule drang. Sie verloren tatsächlich Federn, mit denen ihre Körper gespickt waren wie Nähkissen mit Nadeln.
    Die Gefiederten kamen schneller näher als das Wilde Heer.
    Alles begann jetzt zu lärmen, zu rasseln, der große Haufen auf der Brücke, ja auf allen Brücken, wie die Gruppe der Neuankömmlinge begriff, als sie sich umsah – so weit man schauen konnte, hier unterm grünblauroten, weltallweiten Himmel, brandete schauriger Lärm auf.
    »Wir sollten uns beeilen«, sagte der Kommunist, der, wie sich herausstellte, als er in Richtung des von ihm vorhin als Ziel der Reise bestimmten Turms loslief, hier drüben erstaunlich gut zu Fuß war.
    »Wo ... ist ...«, japste Bernd Vollfenster, der nur stolpernd Schritt hielt, weil er sich ständig nach denen umsah, die ihnen nachsetzten.
    »Wo ... ist ... was?« keuchte der Kommunist.
    »Das ... Bild, das ... Kunst ...«
    »Ohne ... Titel? ... Gute ... Frage ... vielleicht ... kann ... es nicht ... mitkommen, wenn es ... uns rüberschickt ...«
    »Guckt ... euch ... bloß mal die Köpfe an!« stöhnte die Exnuß, und der Exteufel fand einen treffenden Vergleich: »Sieht gar ... nicht ... wie Fleisch aus, mehr nach ... Kartoffel ...«
    Der Abstand zu den herannahenden Kriechern und Humplern vergrößerte sich, während die große Rotte von der andern Brückenseite her aufholte.
    Schon hatten Vollfenster und der Alte die breite Treppe erreicht, die zur nächsten Hängebrücke führte, die im rechten Winkel zu jener stand, auf der sie diese Welt betreten hatten.
    In den Gesichtern der Exnuß und des Exausgestoßenen schimmerte der Rausch, den körperliche Verausgabung auslösen kann. Der Geschwindmarsch hatte ihnen gutgetan. Vollfenster sprangauf die Treppe und winkte der Exnuß, dem Exteufel und dem Exausgestoßenen, sie sollten sich beeilen: »Sind nur noch paar Meter, hopp!«
    Er lachte, aber die andern lachten nicht, denn sie schauten über ihn weg, in die Luft, und der Kommunist rief: »Vollfenster, ducken!« Schon war der Schatten auf ihn gefallen. Ein Luftzug streifte seine Haarwurzeln, mit Schwung traf ihn ein Baseballschlager an der linken Schläfe, so daß er augenblicklich das Bewußtsein verlor, zusammensackte und die Treppe hinunterfiel, sich überschlagend, mit erschlafften Gliedern. Exteufel und Exnuß trafen gerade rechtzeitig am Treppenabsatz ein, ihn wenigstens aufzufangen. Der Kommunist und der Exausgestoßene aber schauten erschrocken nach oben, wo an einem Mini-Zeppelin ein Tandem hing, auf dem vorn ein billiger Mann mit Kartoffelkopf wie verrückt strampelte, um den Heckpropeller des Fluggeräts in Betrieb zu halten, während hinter ihm der Angreifer mit dem Schläger saß, den er aus Leibeskräften bald hierhin, bald dorthin schwang.
    Dieser Schlägerschwinger war ein Männlein in altmodischer krachlederner Pilotenkluft, das einen Schal vor den Mund gebunden hatte und eine Mark-Spitz-Taucherbrille trug. Die Arme und Beine zappelten, die Haare unter der Sherlock-Holmes-Mütze standen nach allen Richtungen ab wie unter Strom. Das Männlein drohte mit dem Schläger, aber sein Tandem war zu hoch gestiegen, als daß der Kommunist, der sich auf der fünften Treppenstufe duckte, in ernster Gefahr gewesen wäre.
    Das Männlein schrie: »Ah, ihr Scheißer! Ja, ihr

Weitere Kostenlose Bücher