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Deutschland macht dicht (German Edition)

Deutschland macht dicht (German Edition)

Titel: Deutschland macht dicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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bibbernd Rosalie, aber Mandelbaum fuhr, statt ihr zu antworten, lieber den Aufzug an: »Runter. Sofort wieder runter! Fährst du wohl los!«
    Es gab einen weiteren sanften Ruck, dann fiel man. Hendrik wollte etwas sagen, aber da traf ihn ein Schlag am Bein. Auch Rosalie und Mandelbaum wurden angestoßen und gegen die Wand der Kabine geworfen, als sich zwischen ihnen Ohne Titel aus dem Nichts entfaltete.
    Das Kunstwerk erkannte den Hasen. »Oh. Du schon wieder.«
    Hendrik war an der Fahrstuhlwand hinunter in eine kauernde Haltung gerutscht, Clea lag verkrümmt auf ihm. Ein Faden Speichel rann aus ihrem rechten Mundwinkel und tropfte Hendrik ins Gesicht. »Ge... Hey! Igitt!« schimpfte er. »Was denn nun noch?«
    »Wüßte ich auch gern«, unterstützte ihn Rosalie.
    Mandelbaum wandte sich an Ohne Titel: »Wieso hier? Wieso jetzt?«
    »Ich hab’ einen Schwung Menschen rübergeschmissen, die unbedingt in den Turm wollten. Hab’mich verschätzt, sie sind vor einer halben Stunde auf einer Brücke gelandet, ich muß wahrscheinlich gleich dahin zurück, um ihre Ärsche zu retten.«
    »Aber vorher«, riet Mandelbaum, »bist du zur Sicherheit ein Stück in die Zukunft gesprungen und in den Turm, um nachzusehen, was deine Gruppe dort erwartet ... erwarten wird ... erwartet haben würde.«
    »Gib dir keine Mühe mit korrekter Grammatik. Diese Zeitreisensoße ist das Allerletzte.«
    »Du kannst durch die Zeit reisen?« staunte Rosalie.
    »Klar. Ich bin Kunst, was denkst du denn? Wir können so was.«
    Hendrik maulte: »Ja, toll, ihr seid die weltübergeilsten Klugscheißer der ganzen Abteilung, aber was machen wir jetzt, bitte? Und was war das für ein Gebrüll gerade?«
    »Das war die Bestie Sumsilatipak«, stellte Mandelbaum fest, und Ohne Titel pfiff beeindruckt: »Echt? Das Oberungeheuer?«
    »Ein Ableger des Muttertiers, nehme ich an. Das Geld hat’s abgezwackt, als es Deutschland plombiert hat«, mutmaßte der Hase.
    »Ich hab’ wieder mal keine Ahnung, wovon ihr redet, aber folgen wir eigentlich noch dem Plan?« fragte Rosalie.
    »Ich schlag’ euch einen neuen vor, wenn’s recht ist«, sagte der Freund aus Stangen, Leinwand, Holz und Farbe. »Halt! Stop!« rief Mandelbaum, aber nicht zu Ohne Titel, sondern zum Fahrstuhl, der diesmal abrupt hielt und damit Hendrik samt Clea auf Ohne Titel warf.

    »Was sind denn das für Versehrte hier? Könnt ihr nicht gerade stehen?« beschwerte sich das Kunstwerk.
    Rosalie, die Hendrik und Clea wieder von ihm wegzog, antwortete entnervt: »Sie hat vergammeltes Geld geschluckt, und er hat’s angefaßt, okay?«
    Ohne Titel fiel aus der senkrechten Kammer. Der Gang, den es betrat, war neonhell und eierschalenfarben.
    »Was? Geschluckt? Hölle!« stöhnte das Kunstwerk und stellte sich schräg, damit Clea runterrutschen konnte, zu Hendrik und Rosalie.
    Mandelbaum, der sich bei dem Gezerr nur schwer an Rosalies Jäckchenkragen festhalten konnte, warf atemlos ein: »Wir sind auf einem der Zwischengeschosse. Hier gibt es nur Büros. Verlassen, wahrscheinlich nicht überwacht. Die Leute sind alle entweder tot oder zu Aktuatoren geworden.«
    »Wohin?« fragte Hendrik, der Clea mit Rosalie trug.
    »Geradeaus. Dann die erste Abzweigung links«, sagte Ohne Titel.
    »Du kennst den Gebäudeplan?« staunte Rosalie. Ohne Titel erwiderte: »Noch mal: Ich bin Kunst. Das heißt, ich kenne jede Lagegeometrie, überall. Ich sehe an dieser Wand da drüben schon, daß um die Ecke vier leere Räume sind und daß der erste davon am besten geschnitten ist, mit genug Platz für uns alle.« Mit diesen Worten stelzte es den dreien voran, die schweigend folgten.
    Der Raum, zu dem Ohne Titel sie führte, war tatsächlich großzügig angelegt. Er bot viel Platz zwischen einer schweren ledernen Sitzgruppe und einem massiven Schreibtisch mit dicker Glasplatte. Der erste Blick durch die außen verspiegelten, innen milchkaffeefarben getönten Panoramascheiben raubte Rosalie und Hendrik den Atem: Gewirr der Brücken in alle Richtungen, unabsehbar weit, an Pfosten aufgehängt oder auf schlanke Säulen gezogen, die im schwarzen Nichts verschwanden, darüber ein irisierendes Firmament.
    »Heller, als ich dachte. Der Himmel«, sagte Mandelbaum. »Es sollte eigentlich stockdunkel sein hier, eben auch optisch unbewußt.«
    »Die verkehrte Leuchterei hat das Geld verschuldet«, erläuterte Ohne Titel. »Wenn wir die Abdichtung rückgängig machen können, wird’s wieder gnädig finster da draußen. Und diese Leute da

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