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Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Titel: Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos , Saskia Guddat
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zwischen drei und neun Jahren sind allesamt unterkühlt, unterernährt und unfassbar verschmutzt. Einige weisen Verletzungen auf, die typisch für Kindesmisshandlung sind – zum Beispiel Hämatome mit Striemenmuster, wie sie durch heftige Ohrfeigen entstehen. Eine Vielzahl weiterer Sturz-, Schnitt- und Brandverletzungen rührt offenbar daher, dass die Kinder weitgehend sich selbst überlassen waren.
    »Ihrer Ansicht nach mag das alles zur afrikanischen Folklore gehören«, wenden wir uns nochmals an Lisa Ruppke. »Aus unserer Sicht ist das hier einfach eine Umgebung, in der das Wohl der Kinder hochgradig gefährdet ist – durch Misshandlung, Vernachlässigung und fehlende Beaufsichtigung. Sie müssen alle sechs aus der Familie entfernt werden, und zwar sofort.«
    Die Helferin zeigt nach wie vor keine Anzeichen von Schuldbewusstsein. »Das werden wir ja sehen«, sagt sie bloß und steckt sich eine Zigarette an.
    In unserem Gutachten legen wir unsere Befunde und Schlussfolgerungen ausführlich dar. Tatsächlich nimmt das Jugendamt alle sechs Kinder wegen akuter Kindeswohlgefährdung in Obhut und lässt sie bei Pflegeeltern unterbringen. Das LKA 125 ermittelt wegen Verdachts auf schwere Körperverletzung zum Nachteil von Amon sowie auf Vernachlässigung aller sechs Kinder der Familie Mansouri.
    Als unbefangener Beobachter würde man nun zumindest zweierlei erwarten: die angemessene Verurteilung des Täters oder der Täter sowie Konsequenzen für die zuständigen »Betreuer«, die offenkundig in krasser Weise versagt haben. Schließlich kann keines seiner Geschwister dem kleinen Amon die Kopfschwarte vom Schädel heruntergerissen haben – dafür ist die Kraft eines Erwachsenen nötig. Und schließlich haben Lisa Ruppke und ihre Kollegin, anstatt die Kinder auftragsgemäß zu schützen, lediglich ein paar Pflichtbesuche absolviert und dabei nach Kräften weggeschaut. Zynische Routine anstelle von engagiertem Einsatz für die hochgradig gefährdeten Kinder.
    Doch von Konsequenzen für Täter und Begünstiger keine Spur: Von Vater und Mutter des Misshandlungsopfers sind keine brauchbaren Auskünfte zu erhalten, obwohl die Eltern natürlich mithilfe von Dolmetschern in ihrer Heimatsprache befragt werden. Es lässt sich nicht einmal klären, wie viele und welche Personen außer der eigentlichen Familie Mansouri sich zum Tatzeitpunkt in der Wohnung aufhielten. Brüder, Onkel und noch entferntere Verwandte der Familie gehen dort offenbar ein und aus.
    Nach mehrwöchigen Ermittlungen beschließt die Staatsanwaltschaft, keine Anklage zu erheben, da die Straftat keinem mutmaßlichen Täter zugeordnet werden kann. Die Ermittlungen
»wegen Verdachts auf Misshandlung von Schutzbefohlenen zum Nachteil von Amon Mansouri«
werden ergebnislos eingestellt.
    Beim Jugendamt kommt man nach routinemäßiger Prüfung zu dem Schluss, dass alle Beteiligten korrekt gehandelt hätten. Amon und seine fünf Geschwister kehren nach dreimonatiger Fremdunterbringung in die Familienwohnung zurück. Gegen die Eltern Mansouri liegt schließlich nicht das Geringste vor. Lisa Ruppke und ihre Kollegin Malu Helsing besuchen Familie Mansouri nun einmal pro Woche. Das Zimmer, in dem sie mit den Eltern zusammentreffen, ist leidlich aufgeräumt, und die Kinder, die ihnen vorgeführt werden, sind einigermaßen gewaschen und halbwegs bekleidet.
    Amons Kopfschwarte ist mittlerweile wieder angewachsen. Dem traurigen Blick und der wie versteinerten Haltung des kleinen Jungen messen die Familienhelferinnen keine Bedeutung bei. Woher sollen sie schließlich wissen, dass es sich dabei nicht wieder um afrikanische Folklore handelt?
    Nun, dafür müssten sie nur eines der Fortbildungsangebote besuchen, mit denen Rechtsmediziner in ganz Deutschland über typische Merkmale von Kindesmisshandlung informieren.

Das Kartell der Verleugner
    Die Geschichte des Scalping-Opfers Amon Mansouri legt die Vermutung nahe, dass die »Wächter des Kindeswohls« gerade bei Familien aus fremden Kulturen gerne mal beide Augen zudrücken. Wenn dieser Verdacht zutrifft – und vieles spricht dafür –, wäre das schon skandalös genug.
    Kindesmisshandlung ist Kindesmisshandlung, egal, ob sie wehrlose kleine Menschen mit schwarzer oder gelber, brauner oder weißer Hautfarbe trifft. Unsere Jugendämter sind von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, über das Wohl aller Kinder und Jugendlichen zu wachen, die sich (legal) auf deutschem Staatsgebiet aufhalten. Selbst wenn es in anderen Ländern

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