Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)
Syndrome)
bei Säuglingen. Was diese massive Misshandlungsart bei Kleinstkindern zerstört, das heilt garantiert nicht wieder. Und die Täter werden meist freigesprochen – wenn es überhaupt zur Anklage kommt.
Eine der schwersten Kindesmisshandlungsformen
Das Schütteltrauma entsteht, wenn der Säugling an den Armen oder um den Brustkorb gepackt und heftig vor und zurück bzw. hin und her geschüttelt wird. Dadurch rotiert oder pendelt der im Vergleich zum Körper relativ schwere Kopf des Säuglings unkontrolliert hin und her.
Aus Tätergeständnissen, biomechanischen Berechnungen und Tierversuchen geht hervor, dass die Opfer im Durchschnitt mit einer Frequenz von fünf bis zehn Sekunden zehn- bis dreißigmal heftig geschüttelt werden. Hierbei muss der Täter erhebliche Körperkraft aufwenden. Die Misshandler wissen daher auch ohne jede medizinische Kenntnis, dass sie einen Angriff auf das Leben des Säuglings verüben.
Die drei typischen klinischen Befunde beim Schütteltrauma sind retinale (in der Netzhaut gelegene) und subdurale (zwischen harter und weicher Hirnhaut gelegene) Blutungen sowie schwere Hirnschäden. Diese Trias gilt als beweisend für das Schütteltrauma. Durch das heftige Hin-und-Her-Schleudern des Kopfes werden Hirngewebe und Schädelknochen unterschiedlich stark beschleunigt. Dadurch schert das Gehirngewebe von der am Knochen anhaftenden äußersten Hirnhaut
(Dura mater)
ab. Dabei reißen die sogenannten
Brückenvenen,
die zwischen Hirngewebe und Dura mater senkrecht verlaufen und den Hirnkammerwasserraum quasi überbrücken, was wiederum die subduralen Blutungen hervorruft. Das wirkliche Problem des Schütteltraumas liegt jedoch in den Zerreißungen der Nervenzellfortsätze während des Schüttelns, die für die schweren Hirnschädigungen verantwortlich sind.
Oftmals behaupten Eltern, auffällige Symptome seien erst zeitversetzt aufgetreten. Beispielsweise erklärt eine Mutter, sie habe den Säugling abends von ihrem Lebensgefährten übernommen, als der zur Nachtschicht gegangen sei. Zunächst habe sich das Baby wie immer verhalten – erst Stunden später seien dann die Krampfanfälle aufgetreten.
Doch das sind Schutzbehauptungen, die mit der tatsächlichen Symptomatik unvereinbar sind. Ein sogenanntes
freies Intervall
zwischen Schädigung und erstmaligem Auftreten der Symptome kann es beim Schütteltrauma nicht geben. Denn das massive Schütteln ruft eine sofortige
primär diffuse Hirnschädigung
hervor, gravierende Verletzungen von Nervenfasern im Inneren des Gehirns.
Der geschüttelte Säugling zeigt daher bereits unmittelbar nach der Misshandlung auffällige neurologische Symptome, etwa Krampfanfälle, Reaktionsverzögerung und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma. Für die Strafverfolgung ist dieser Umstand von oftmals ausschlaggebender Bedeutung: Ein Kind, das – wie im obigen Beispiel – keine Symptome aufweist, wenn es von der Mutter übernommen wird, kann nicht Stunden vorher vom Lebensgefährten der Mutter schwerst geschüttelt worden sein. Falls die Mutter zu dem Zeitpunkt, als die Symptome erstmals auftraten, nachweislich allein bei dem Säugling war, kommt nur sie als Täterin in Frage.
Das alltägliche Säuglingsmassaker
Das Schütteltrauma gilt zu Recht als eine der schwersten Formen der Kindesmisshandlung. Ein Fünftel der Opfer verstirbt sofort nach dem Schütteln oder nach wenigen Tagen. Neunzig Prozent der Überlebenden sind für ihr Leben an Geist und Körper behindert. Nicht einmal 10 Prozent der überlebenden Opfer tragen keine bleibenden Schäden davon.
Zu den neurologischen Folgen des
Shaken Baby Syndrome
gehören schwerwiegende Entwicklungsstörungen, Seh-, Hör- und Sprachausfälle, von Krämpfen begleitete Bewegungsstörungen oder sogar die weitgehende Degeneration des Gehirns zu unstrukturierten Zellblasen ohne weitere Funktionsfähigkeit.
Anders als in Deutschland sind Ärzte in den USA verpflichtet, Kindesmisshandlung bei der Polizei zu melden. Daher liegen aus den Vereinigten Staaten recht genaue Zahlen zu Ausmaß, Ausprägung und Folgen von Kindesmisshandlung vor (
Kindesmisshandlung,
S. 31 ). Und nach Expertenauskunft lassen sich die Daten auf deutsche Verhältnisse übertragen.
Demnach lassen sich bei Säuglingen rund 80 Prozent aller tödlichen Verletzungen von Kopf und/oder Zentralnervensystem auf eine Kindesmisshandlung zurückführen. Bei sieben bis zwölf Monate alten Babys sind diese Verletzungen die häufigste Todesursache
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