Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)
Kriterien zumindest in abgeschwächter Form auch bei leiblichen Eltern oder deren jeweiligen Lebensgefährten anlegen würden.
Doch die Realität sieht leider ganz anders aus. Von potenziellen Adoptiveltern wird – nur leicht überspitzt formuliert – erwartet, dass sie in immerwährender Harmonie leben, auf gesunde Ernährung schwören und ihr künftiges Kind möglichst bereits in der örtlichen Waldorf-Schule angemeldet haben. Leibliche Eltern aber bekommen »ihre« Kinder selbst dann wieder ausgehändigt, wenn sie nachweislich Junkies und seelisch gestört, einschlägig vorbestraft und chronische Kindesmisshandler sind.
Vom Recht der Misshandler auf ihre Opfer
Lilly Fischer, 25 , ist seit zehn Jahren heroinsüchtig und fast genauso lange in psychiatrischer Behandlung. Im Drogenrausch hat sie schon mehrfach ihre drei Kinder schwer misshandelt.
Nach einem besonders gravierenden Vorfall schaltet das Jugendamt die Polizei ein. Wir untersuchen die Kinder, die zwei, drei und fünf Jahre alt sind. Das älteste Kind, ein Mädchen, hat Verbrennungen durch glühende Zigarettenkippen an beiden Armen und diverse Knochenbrüche. Die kleineren Brüder sind grün und blau geprügelt.
Lilly Fischer wird wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen zu 14 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und erhält die Auflage, einen Entzug zu machen; die Kinder werden bei Pflegeeltern untergebracht. Und kaum hat die Mutter ihre Strafe abgesessen, da bekommt sie die Kinder mit einigen geringfügigen Auflagen zurück.
Schließlich sind es »ihre« Kinder. Dass die sich bei den Pflegeeltern gut entwickelt haben, nur noch selten einnässen, nicht mehr jede Nacht schreiend aus Albträumen aufschrecken – das alles spielt bei der Entscheidung der zuständigen »Kinderschützer« keine Rolle.
Natürlich ist Lilly Fischer nach wie vor drogensüchtig, »überfordert« und durch eigene Gewalterfahrungen traumatisiert. Und so spritzt sie sich erneut Heroin, misshandelt und vernachlässigt weiterhin ihre Kinder – und wiederum schauen Jugendamt und Familienhelfer tatenlos zu.
Jenny Birkner, drei Jahre, ist als Säugling von ihrem Vater in die Behinderung geschüttelt worden. Das Mädchen hat sozusagen Glück gehabt: Es hat den Schüttelangriff überlebt und liegt auch nicht wie Lukas Helmholtz (siehe Kapitel 5 ) für den Rest seines Lebens im Wachkoma. Aber Jenny leidet seitdem an Seh- und Bewegungsstörungen, und ihre geistige Entwicklung ist erheblich verzögert.
Der Vater, Jeff Birkner, wurde wegen Misshandlung des kleinen Mädchens zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Britta, die Mutter, hat sich mittlerweile von ihm getrennt – sie will mit dem Mann, der ihr Kind so schwerwiegend geschädigt hat, nichts mehr zu tun haben. Und vor allem will sie, dass er Jenny nie mehr gefährlich werden kann.
Doch kurz nach Jennys drittem Geburtstag hat Jeff Birkner seine Freiheitsstrafe abgesessen. Er verlässt die Haftanstalt als freier Mann, sucht umgehend seine Ex-Frau auf und will Jenny sehen. Britta weigert sich, ihn zu dem Mädchen zu lassen. »Nach dem, was du ihr angetan hast«, sagt sie zu ihm, »hast du kein Recht mehr darauf.«
Jeff sagt nur: »Das werden wir ja sehen«, dreht sich auf dem Absatz um und geht.
Nicht lange danach treffen sich Jeff und Britta Birkner beim Familiengericht wieder. Jeff will sein Recht auf Umgang mit »seinem« Kind einklagen. Schließlich ist er der Vater! Und das Gericht gibt ihm recht: Britta muss ihm den begleiteten Umgang mit Jenny erlauben.
Nach Ansicht der Familienrichterin spricht überhaupt nichts dagegen, dass Jeff seine Tochter trifft. Ganz im Gegenteil: Damit er nach den Jahren der Trennung eine angemessene Beziehung zu seiner Tochter entwickeln kann, ist es sogar erforderlich, dass die beiden Zeit miteinander verbringen.
Der Einwand, dass Jenny dadurch dem Mann ausgeliefert wird, der sie für ihr Leben geschädigt hat, ist für das Gericht nicht stichhaltig. Schließlich habe der Vater damals nur »aus Überforderung« das Baby misshandelt. Im Übrigen habe er seine Strafe abgebüßt und somit das unzweifelhafte Recht, sein Kind zu sehen.
Das Recht bzw. der mutmaßliche Wille des Kindes spielt bei der Urteilsfindung keine Rolle.
Beobachter der Kindeswohlgefährdung
Um es nochmals deutlich zu sagen: Wir plädieren nicht dafür, an leibliche Eltern die gleichen Maßstäbe anzulegen, die für adoptionswillige Paare gelten. Dann nämlich müsste ein großer Teil der Kinder
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