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Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen

Titel: Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Sarrazin
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Produktivitätstrend in Deutschland intensiver analysiert mit dem Ergebnis: Die Zunahme der Arbeitsproduktivität pro Stunde nähert sich im langfristigen Trend asymptotisch einer jährlichen Zunahme von einem Prozent an (Schaubild 2.1). Diese Annahme ist auch theoretisch schlüssig, weil zwei tendenziell produktivitätssenkende Elemente sich künftig verstärken werden: 10
    1. Die Konsumstruktur verschiebt sich allmählich aus dem Bereich der Waren in Richtung persönliche Dienstleistungen. Das senkt den Produktivitätsfortschritt, denn hier gibt es weniger Produktivitätsreserven.
    2. Das ständig steigende Durchschnittsalter der Erwerbsbevölkerung verschiebt den Schwerpunkt der Erwerbspersonen in Altersgruppen, die bei innovativen oder körperlich anstrengenden Tätigkeiten weniger leistungsfähig sind. Auch dies wirkt tendenziell produktivitätssenkend.

Annahmen zur wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung bis zum Jahr 2050
    Die Produktivitätsannahme des Tragfähigkeitsberichtes ist nach meiner Ansicht unhaltbar. Der Bericht arbeitet aber die Implikationen kleinerer Annahmeänderungen für die langfristige wirtschaftliche, finanzielle und demografische Entwicklung sehr exakt heraus:
    • Die positive Variante T+ unterstellt einen Anstieg der Geburtenziffer von jetzt 1,4 auf 1,6, einen jährlichen Wanderungssaldo von 200 000 Menschen und eine leicht erhöhte Produktivität.
    • Die vorsichtigere Variante T- unterstellt ein Verharren bei der jetzigen Geburtenziffer von 1,4, einen jährlichen Wanderungssaldo von 100 000 Menschen und eine etwas niedrigere Produktivität.

    Der Unterschied beider Varianten ist dramatisch: Das BIP 2050 ist bei T+ um 30 Prozent höher als bei der vorsichtigen Variante T-. Die Staatsverschuldung sinkt bei der positiven Variante auf 20 Prozent des BIP von 2050, bei der vorsichtigen steigt sie auf 120 Prozent.
    Ganz abgesehen davon, dass die unterstellten Produktivitätsannahmen in beiden Fällen zu hoch ausfallen, zeigt eine von Wunschdenken freie Betrachtung, dass eine Zunahme der Geburtenziffer von 1,4 auf 1,6 viel zu optimistisch ist, denn die Geburtenentwicklung der Jahre 2008 und 2009 hat die aufkeimenden Hoffnungen auf eine Trendwende längst wieder zunichte gemacht. Ganz offenbar hat das Elterngeld vor allem einen Vorzieheffekt ausgelöst. Ferner mag es zwar sein, dass die künftige jährliche Zuwanderungsrate 200 000 beträgt. Das wäre dann aber eine Zuwanderung weit unter dem Produktivitätsniveau der vorhandenen Arbeitskräfte, denn die Zuwanderung aus Osteuropa wird wegen des dortigen Geburtenrückgangs und des wirtschaftlichen Aufholprozesses in naher Zukunft ganz zum Erliegen kommen. Die Zuwanderung aus Indien und Fernost wird nicht in großem Umfang stattfinden, nachdem die Industrialisierung dort mit Macht Boden gewinnt und der Wohlstand schnell steigt. So bleibt nur die problematische - und hier noch näher zu betrachtende - Zuwanderung aus Afrika sowie Nah- und Mittelost. Angesichts dieser Entwicklung muss man wohl von einer niedrigeren Zuwanderung ausgehen. Meiner eigenen Projektion liegen die Vorgaben der II. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung zugrunde, die auf den Ist-Zahlen des Jahres 2005 basiert (siehe Anhang Tabelle A), sowie folgende Annahmen:
    • Die Zunahme der Produktivität pro Arbeitsstunde verläuft nach dem von der Berliner Senatsverwaltung dargestellten langfristigen Trend und pendelt sich in den nächsten Jahren asymptotisch bei einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 1,25 Prozent ein (Anhang Tabelle B).
    • Die Geburtenziffer verharrt bei 1,4, das heißt, jede Generation ist um 30 Prozent kleiner als die vorhergehende.
    • Die jährliche Zuwanderung liegt bei 50 000.
    • Die Erwerbsbeteiligung der Männer bleibt für die 20- bis unter 50-Jährigen mit gegenwärtig 80 Prozent konstant und steigt bei den 50- bis unter 65-Jährigen stufenweise von heute 64 auf 70 Prozent an. Die Erwerbsbeteiligung der Frauen steigt bei den 20- bis unter 50-Jährigen stufenweise von heute 75 Prozent auf 78 Prozent an und erhöht sich bei den 50- bis unter 65-Jährigen stufenweise von heute 60 auf 65 Prozent (Anhang Tabelle C).
    Dieses Set von Annahmen ist aus meiner Sicht gemäßigt optimistisch, aber relativ frei von Wunschdenken. Das größte Risiko liegt in der Produktivitäts- und Wachstumsannahme. Es wird nämlich unterstellt, dass größere wirtschaftliche Einbrüche, die grundsätzlich unvermeidlich sind, immer wieder aufgeholt

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