Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen
heutigen Sozialhilfe bereitstellen, so würde sich diese Summe auf rund 35 Prozent der privaten Konsumausgaben oder 20 Prozent des Bruttonationaleinkommens belaufen.
Kosten der Armutsbekämpfung in Deutschland
Letztlich dient die gesamte staatliche Apparatur zur Umverteilung der Gelder aus Steuern und Sozialabgaben sowie der Summe aller Sozialleistungen auch der Bekämpfung von Armut. Das gilt für die Rente nach Mindesteinkommen, für das Ehegattensplitting, für den Familienlastenausgleich, für Wohngeld, Bafög, Hilfe zur Pflege und so weiter. Wenn alle Sicherungen nicht ausreichen, bilden das letzte Auffangnetz und damit den unmittelbaren Schutz vor Armut
• die Sozialhilfe einschließlich Grundsicherung im Alter, deren Gesamtkosten sich 2008 auf 23,7 Milliarden Euro beliefen
• die Grundsicherung für Arbeitslose (Arbeitslosengeld II) mit einem Volumen von 39,6 Milliarden Euro im Jahr 2008. 36
Insgesamt leben in Deutschland rund 10 Prozent der Bevölkerung ganz oder vorwiegend von Leistungen der Grundsicherung. Im Jahr 2008 lagen die Kosten für diese Grundsicherung bei 62,9 Milliarden Euro, das sind 8,2 Prozent des deutschen Sozialbudgets von 767 Milliarden Euro und 21, 6 Prozent der steuerfinanzierten Sozialleistungen
37 beziehungsweise 2,5 Prozent des deutschen Sozialprodukts. 38
Zum Vergleich: Für Bildung vom Kindergarten bis zur Universität gibt der Staat 4,1 Prozent des BIP aus. Dieses Ausgabenniveau wird vielfach als zu niedrig 39 empfunden und hat schon mehrfach entsprechende Kritik der OECD ausgelöst.
Garantiertes Einkommen für alle - ein Ausweg aus der Armutsfalle?
Es gibt Gedanken, die ziehen emotional an und wärmen das Herz, unabhängig davon, ob sie wirklichkeitsnah und umsetzbar sind oder nicht. Dazu gehört die Idee eines leistungslosen Grundeinkommens für alle. Es gibt veschiedene Vorschläge, 40 die alle von einem Grundgedanken ausgehen: Die Fülle unterschiedlichster Sozialleistungen soll ersetzt werden durch ein staatliches Grundeinkommen, das jedem Bürger ohne staatliche Auflagen und ohne den Zwang, sich um Arbeit zu bemühen, zusteht. Dieses Grundeinkommen soll eine würdige Existenz ermöglichen und die meisten Sozial- und Transferleistungen überflüssig machen. Je nach Modell wird darauf eigenes Einkommen oder Vermögen gar nicht oder nur eingeschränkt angerechnet. Unter den politischen Parteien stehen CDU und FDP sowie teilweise auch die Linkspartei mit jeweils unterschiedlichen Ausgestaltungen der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens nahe.
Solch ein bedingungsfreies Grundeinkommen hätte nach Meinung seiner Befürworter folgende Vorteile:
• Die Quellen von Armut und Existenzangst würden für alle radikal und diskriminierungsfrei beseitigt.
• Die meisten Sozialleistungen würden überflüssig und damit viel bürokratischer Aufwand eingespart. In der Summe käme die Umstellung nicht teurer, sondern billiger als das heutige System.
Die Zeit, in der man sich über bezahlte Erwerbsarbeit definiere, so die Befürworter, gehe sowieso dem Ende zu, weil infolge des technischen Fortschritts nicht mehr genügend bezahlte Arbeit für alle da
sei. Wer wolle, könne dennoch einer bezahlten Arbeit nachgehen, die anderen aber könnten sich frei von Existenznot um ihre Familien oder um Ehrenämter kümmern oder sich kulturell und schöpferisch betätigen.
Diese Idee entspringt mythischen Quellen, und das macht sie so unwiderstehlich. Der Fluch, der dem Menschen mit der Vertreibung aus dem Paradies auferlegt wurde, scheint gebannt: Zwar bleiben wir sterblich und können krank werden, aber wir werden beschützt (in der Bibel ist es Gott, beim Bürgergeld der fürsorgliche Staat) und müssen uns keine Sorgen mehr machen. Auch der Linke kommt auf seine Kosten: Die gewaltige Entwicklung der Produktivkräfte (der eine unbestreitbare Vorteil des Kapitalismus) befördert endlich den Übergang aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit im Sinne der werktätigen Massen. Kein Arbeitszwang mehr, fürs Auskommen ist gesorgt, morgens wird gefischt, abends gejagt. Die weitere Entwicklung wird dann schon für noch mehr Umverteilung durch schrittweise Anhebung des Bürgergeldes sorgen.
Die Idee, durch eine einfache Sozialleistung, eben das bedingungslose Grundeinkommen, unser ganzes kompliziertes Transfersystem weitgehend zu ersetzen, alle Bürger von Not und Existenzangst zu befreien und nebenbei auch noch Geld einzusparen, ist zweifellos faszinierend, fast
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