Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen
Deutschland ihn zu verzeichnen hat, ist unter den Indus-trieländern einmalig; seine Auswirkungen waren so erheblich, dass sie auch durch die in den sechziger Jahren einsetzende Einwanderungswelle nicht kompensiert werden konnten. Seit Anfang der sechziger Jahre ist die Geburtenzahl in Deutschland um rund 50 Prozent zurückgegangen. Mittlerweile haben 40 Prozent der in Deutschland geborenen Kinder einen Migrationshintergrund. Die Zahl der Geburten der autochthonen Bevölkerung beträgt jährlich noch rund 400 000. Sie hat sich also in 45 Jahren - in nur anderthalb Generationen - um rund 70 Prozent verringert. Rein physisch gesehen ist die Bevölkerung, die Anfang der sechziger Jahre in Deutschland lebte, am Aussterben; sie hat den Weg zu ihrem Ende - gemessen an den Geburtenzahlen - bereits zu zwei Dritteln zurückgelegt. Das ist keine Klage, sondern an dieser Stelle eine wertfreie und sachlich ganz unbestreitbare Feststellung.
Tabelle 8.4 Entwicklung der durchschnittlichen Geburtenzahlen im Vergleich (in 1000)
Quelle: Population Division of the Department of Economic and Social Affairs of the United Nations Secretariat: World Population Prospects: The 2008 Revision. Data on line.
Die Prognosevarianten des Statistischen Bundesamtes liegen auf einer Linie mit den Prognoseergebnissen der UNO, wenn man vergleichbare Annahmen zum Wanderungssaldo und zur Geburtenhäufigkeit trifft. Das mittlere Alter steigt in jedem Fall auf deutlich über 50 Jahre, der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, liegt deutlich über 30 Prozent, teilweise bei 35 Prozent und mehr. Das Statistische Bundesamt hat auch Varianten mit einer höheren Zuwanderung von jährlich 200 000 Menschen berechnet. Die sind hier nicht mit aufgeführt, weil noch mehr Zuwanderung als die unterstellten 100 000 ganz sicher nicht zuträglich wäre. Daneben hat das Statistische Bundesamt auch »Modellrechnungen« für eine Zuwanderung von null und einen Wiederanstieg der Geburtenhäufigkeit auf 2,1 Kinder je Frau durchgeführt ( Tabelle 8.6 ). Diesen Modellrechnungen wurde nicht das Prädikat Prognose verliehen, weil sie wohl zu unrealistisch schienen. Sie liefern allerdings interessante Erkenntnisse, wie der Vergleich ihrer Eckwerte mit der Basisprognose zeigt.
Tabelle 8 . 5 Bevölkerungsprognosen für Deutschland im Vergleich
Die Verschlechterung der Bevölkerungsstruktur und die wachsende Sozialbelastung kommen am besten im Anstieg des Altenquotienten (Menschen über 65 Jahre im Verhältnis zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter) zum Ausdruck. Dieser verdoppelt sich von bereits jetzt sehr hohen 33,7 auf 67,4 Prozent, während die Entlastung beim Jugendquotienten durch den Geburtenrückgang bereits konsumiert ist (siehe Schaubild 8.1, Seite 340).
Interessant ist, dass sich an diesen Relationen wenig ändert, wenn man den Wanderungssaldo auf null setzt. Zwar leben dann 2060 noch einmal 6,5 Millionen Menschen weniger in Deutschland, aber die Belastungskoeffizienten ändern sich kaum. Gegenüber der Variante mit Einwanderung fällt der Jugendquotient leicht von 30,9 auf 30,6 Prozent. Aber der Altenquotient erhöht sich eben auch nur von 67,4 auf 72,9 Prozent. Man könnte sagen, darauf kommt es im Jahr 2060 auch schon nicht mehr an. Migration verbessert die künftige Bevölkerungsstruktur also nicht wesentlich beziehungsweise kann die durch den Geburtenrückgang verursachten - und auf Deutschland unweigerlich zukommenden - gewaltigen Strukturverschlechterungen nicht auffangen. Das zeigt die Modellrechnung ganz deutlich. Aber die kulturellen, finanziellen und moralischen Belastungen einer weiteren Migration aus Afrika, Nah- und Mittelost (Inder und Chinesen werden nicht kommen) fallen umso mehr ins Gewicht.
Tabelle 8.6 Eckwerte von Basisprognose und Modellrechnungen im Vergleich
Der eigentliche und einzige Hebel für die Verbesserung der Bevölkerungsstruktur bleibt eine Erhöhung der Geburtenrate möglichst auf das Niveau der Bestandserhaltung. Das zeigt die zweite Modellrechnung. Sicherlich ist es unrealistisch zu hoffen, dass die Deutschen in wenigen Jahren ihre Mentalität ändern und der Anteil der Kinder- und Familienlosen wieder auf das Niveau der sechziger Jahre sinkt. Aber was unterscheidet uns denn so sehr von den Amerikanern und Franzosen, dass dies gänzlich unmöglich sein sollte?
Gesetzt, es gelänge, dann würde uns die hohe Altenlast zwar noch einige Zeit begleiten, aber die Strukturen würden sich schon nach wenigen
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