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Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen

Titel: Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Sarrazin
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gutes Temperament usw. vererbt. Beim Menschen beobachten wir Ähnliches in fast jeder Familie... Andererseits ist es ebenso gewiss, dass Wahnsinn und Geisteskrankheiten gleicherweise durch ganze Familien laufen.« 15 Darwin kannte bei Abfassung seines Werkes »Die Abstammung des Menschen« nicht die Forschungsergebnisse von Gregor Mendel über die Gesetze der Vererbung, 16 die sich sehr gut in die Evolutionstheorie einfügen. Auch geistige Fähigkeiten unterliegen den Mendelschen Gesetzen. Wie in Kapitel 3 und Kapitel 6 bereits dargestellt, kann nach dem aktuellen Forschungsstand als belegt gelten, dass die menschliche Intelligenz zu 50 bis 80 Prozent erblich ist.
    Während die Erblichkeit von Haar- und Augenfarbe für niemanden ein Problem darstellt und auch eine Erbkomponente bei Temperament und Charakter für die meisten akzeptabel ist, tun sich
viele mit der Erblichkeit geistiger Fähigkeiten schwer. Richtig ist, dass über der Erblichkeit geistiger Potentiale die kolossale Bildsamkeit des menschlichen Geistes nicht vernachlässigt werden darf. Richtig ist auch, dass sich die menschliche Entwicklung aus der kulturellen Evolution ergibt, die durch die geistigen Anlagen des Menschen ermöglicht wird. Erst das überlieferte und vom Individuum jeweils neu zu erwerbende Wissen macht menschliche Zivilisation und Gesellschaft möglich. 17 Wäre Intelligenz nicht erblich, hätten die geistigen Fähigkeiten der Lebewesen nicht durch natürliche Selektion zunehmen können. In Darwins Worten: »Die auf keinen direkten Beweis gestützte Behauptung, dass kein Tier im Lauf der Zeiten seine Intelligenz oder anderen geistigen Fähigkeiten weiter entwickelt hätte, heißt die Frage nach der Entwickelung der Arten überhaupt verneinen. Wir haben gesehen, dass nach Lartet [Edouard Armand Lartet, 1801-1871, Paläontologe, d. Verf.] jetzt lebende Säugetiere der verschiedensten Ordnungen größere Gehirne haben als ihre Vorfahren in der Tertiärzeit.« 18
    Die Darwinsche Evolutionstheorie, die Mendelschen Gesetze 19 und die empirischen Befunde zur Vererbbarkeit geistiger Eigenschaften, darunter auch der menschlichen Intelligenz, ergeben zusammen ein empirisch-logisches Gedankengebäude, gegen das man mit Anspruch auf wissenschaftliche Seriosität kaum etwas vorbringen kann.
    Die kontinuierliche Höherentwicklung der menschlichen Geistesgaben erfolgte durch natürliche Selektion, bei der sich auch die sozialen Instinkte verfeinerten und die Sprache entwickelte. 20 Die dadurch beförderte höhere Kooperationsfähigkeit des Menschen bestimmte seine wachsende Überlegenheit, wobei in der natürlichen Selektion Unterschiede in der Fruchtbarkeit und der Überlebensfähigkeit eine Rolle spielten. Der Mensch trat in zunehmende Konkurrenz nicht nur zu den Tieren, sondern auch zu seinesgleichen. Stämme und Völker mit niedrigerer Fruchtbarkeit beziehungsweise geringeren Uberlebensraten wurden verdrängt oder gingen in anderen auf. Dabei engten zivilisierte Völker den Raum der Naturvölker, bei Darwin »Wilde« genannt, allmählich ein.
    Ausführlich setzt sich Darwin mit dem Einfluss der Zivilisation
auf die natürliche Zuchtwahl auseinander und stellt fest: »Wir müssen uns daher mit den ohne Zweifel nachteiligen Folgen der Erhaltung und Vermehrung der Schwachen abfinden.« 21 Er erwähnt die Besorgnis eines Greg und Francis Galtons, »nämlich die Tatsache, dass die Besitzlosen und Leichtsinnigen, die häufig genug noch durch Laster aller Art hinabgezogen werden, fast ausnahmslos früh heiraten, während die Sorgsamen und Mäßigen, welche meist auch in anderen Beziehungen gewissenhaft leben, in vorgeschrittenerem Alter heiraten, um mit ihren Kindern ohne Sorgen leben zu können. Die frühzeitig Verheirateten rufen innerhalb einer gewissen Periode nicht nur eine größere Zahl von Generationen hervor, sie zeugen auch, wie Duncan gezeigt hat, viel mehr Kinder... So neigen also die leichtsinnigen, heruntergekommenen und lasterhaften Glieder der Menschheit dazu, sich schneller zu vermehren als die gewissenhaften, pflichtbewussten Menschen.« 22 Wenn sich solche Gruppen »schneller als die besseren Klassen... vermehren, so wird das Volk zurückgehen, wie die Weltgeschichte oft genug gezeigt hat. Wir müssen bedenken, dass der Fortschritt kein unabänderliches Gesetz ist.« Der Fortschritt einer Nation hängt für Darwin zusammen »mit der Vermehrung intellektuell und moralisch hochbegabter Menschen und mit der Erhöhung des allgemeinen

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