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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie!«
    Jason blickte den Präsidenten starr an. Seine Pfeife war ausgegangen. Er bemerkte es nicht.
    »Ich verstehe Sie wirklich nicht …«
    Der Präsident ging mit gefälltem Bajonett zum Sturmangriff vor.
    »Dollinger. Kaller. Sie selber! Jeder weiß von Waffentransporten! Jeder war dabei. Da werden Sie mir jetzt verdammt noch mal verraten, wer über den Aufbau einer DC-10 Bescheid weiß! Meine Geduld, meine Zeit sind zu Ende!«
    »Den Aufbau einer DC-10?«
    »Wer hat den Plan ausgearbeitet, eine Bombe in der DC-10 der ›Avitour‹ zu verstecken? Ich weiß, Dr. Jason, Sie waren es nicht. Ihr Freund, Dr. Dollinger, war es nicht! Aber Sie müssen bei den Diskussionen dabeigewesen sein. Und Sie müssen wissen, wer über den Kabinenaufbau orientiert war. Wer die Skizze angefertigt hat. Also los!«
    Jason sah den Polizeipräsidenten sprachlos an.
    »Sie sind auf dem falschen Dampfer!« sagte er dann schlicht. »Ich weiß von keinem Gewaltakt. Soweit sollten Ihre Informationen eigentlich reichen. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich ein radikaler Gegner jeder Gewalt. Nicht nur der, die gegen mich gerichtet ist. Sondern auch der, die sich gegen Andersdenkende richtet.« Mit unverhohlenem Ärger mußte Querholz sich gestehen, daß er wirklich auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Unter dem Streß des Nachmittags hatte er sich auf Ziele, auf Ahnungen und Verdachte versteift, die nichts als fixe Ideen waren. Wenn alles vorbei war, würde er sich an den Kopf schlagen und verblüfft seinen Irrweg nachvollziehen. Seine Festlegung auf Kaller und Jason zeigte ihm, wie sehr er unbewußt eben doch unter starkem seelischem Druck gestanden hatte.
    Dieses mißlungene Gespräch verstärkte in ihm den Entschluß, mit Härte und unter Einsatz der durchschlagendsten Mittel zu handeln.
    Mahlberg haßte Menschen, die ihren Optimismus vor sich hertrugen, als seien sie darauf abonniert. Wie blind, mit wieviel Scheuklappen mußte man behängt sein, um im Zeitalter der Pseudoinformation und des Terrors noch optimistisch sein zu können? Hieß das, daß es keinen Grund zur Freude mehr gab? Keinesfalls. Es gab tausend Dinge, die Anlaß dazu boten. Aber er stellte fest, daß diese Freudenspender den Optimisten gar nicht bekannt waren oder sie nicht interessierten. Woher nahmen sie nur ihren strahlenden Optimismus?
    Unter den heilenden Augen dieser Menschen verwandelte sich eine Kloake in den Garten Eden, ein Obdachlosenasyl in ein Luxushotel an der Côte d'Azur. Er hatte immer das Bedürfnis, mit Straßenkot nach ihnen zu werfen, um zu sehen, ob es sich in pures Gold verwandle.
    Mahlberg sah die Bezugsrichtung umgekehrt: Gewalt und Machtstreben, Profitgier, Politik und Terrorismus hatten das Gold der Welt in Abfall verwandelt. Ein heiterer Himmel über Deutschland, eine festlich gestimmte Menschenmenge bei der Flughafeneröffnung, ein großartiger Flug in das Ferienparadies Bermuda … Wie unbeschwert, wie sorgenlos hätte man sich diesem Tag hingeben können!
    Statt dessen durchkreuzten sein Gehirn Schlagzeilen, wie seine Phantasie sie in den Zeitungen des nächsten Tages sah:
    Katastrophen-Flugzeug zerschellt in den Voralpen … nach zehn Stunden banger Hoffnung …
    Panik: Tod über der Lüneburger Heide …
    Letzte Worte des Todes-Kapitäns: Grüßt mir Deutschland, meine Heimat .
    Zwölf Stunden Heldenmut dann – Absturz über dem Schwarzwald …
    Vergebliche Hoffnung für die Eingeschlossenen der ›Steppenadler‹: Keine Überlebenden …
    Bilder von verstümmelten Körpern mit erstarrten Augen zogen wie Chimären vorbei; aufgetürmte Haufen verwesender Leiber kreisten wie Satelliten. Kopflose Rümpfe. Arkaden von Eingeweiden. Ein Chaos abgetrennter Glieder, die wie Runen durch einen blutenden Himmel glitten. Das ganze alptraumhafte Universum Boschs, Goyas und Géricaults war um ihn.
    Im unwegsamen Watzmann-Gelände versuchten Hilfstruppen sich bis zum Wrack vorzuarbeiten …
    … Die Trümmer der Unglücksmaschine versanken ins Wattenmeer östlich von Scharhörn …
    … Bergungstruppführer erklärt: Unzumutbar für meine Jungs, die gräßlich verstümmelten Leichen zu bergen .
    … Für das, was wir fanden, hätte ein einziger Plastiksack gereicht …
    »Na, wie fühlen wir uns denn so, zwischen Spessart und Odenwald?« fragte Bloch herüber wie ein Arzt, der den Puls fühlt.
    »Ich möchte nach Hause!« antwortete Mahlberg; und niemand wußte: War das ein makabrer Scherz oder kindliche Unmittelbarkeit.
    »Mir dauert diese

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