Deutschlandflug
dort; und wenn ich an meinen Freund Horst Bingel denke …« Jetzt zeigte der Präsident erste Anzeichen von Unruhe; Jason wurde ihm allzu gemütlich und leutselig. »Nach dem Krieg hauste er in einer winzigen Bude in Stierstadt am Taunus – die Eremiten-Presse direkt nebenan im Schuppen. Er wurde von einer Gräfin am Leben gehalten; und wenn man sein handtuchschmales Kabüffchen betreten wollte, mußte man vorher die Taschen leeren, sonst klemmte man. Für jedes Würstchen, das man dem hageren Jüngling an einer Bude spendierte, war er dankbar; ein netter Kerl … Jetzt habe ich Ihnen die Komponenten aufgezählt, die mir hier, in Ihrem Wirkensbereich, ein Gefühl der Heimatlichkeit und Heimeligkeit vermitteln. Hat es Sie echt interessiert?«
Der Präsident lehnte sich vor.
»Es war sehr interessant, zu erfahren, daß Sie von Ordnung und Sicherheit nicht allzuviel halten, Dr. Jason! Zumindest nicht in dem Sinne, der hier maßgeblich ist.«
»Da haben Sie recht!«
»Sie geben zu, daß Sie sich gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit stellen?«
Jason wurde erst jetzt stutzig, schwieg und zuckte die Schultern.
Der Polizeipräsident sah ungeduldig auf die Uhr. Er war noch keinen Schritt weitergekommen. Was eigentlich hatte er sich von diesem Verhör versprochen? Er richtete sein schwerstes Geschütz aus und schoß sich ein.
»Dr. Jason – wissen Sie eigentlich, daß Ihr Naturschutzpark … dieser Kühkopf, ein Treffpunkt jener Terroristen war, die jetzt einen Jumbo unserer nationalen Fluggesellschaft ›Avitour‹ bedrohen?«
»Der Kühkopf? Das kann ich nicht glauben!«
»Was sonst glauben Sie? Daß dort nur Schmetterlingsjäger und Naturapostel spazierengehen?« Er schoß mit seinem Oberkörper vor. »Mann, Jason, wissen Sie wirklich nicht, daß auf dem Kühkopf Waffen versteckt worden sind? Genau die Waffen, mit denen die Terroristen jetzt mitten auf dem Flughafen hocken? Der Name ›Fall Lilienthals‹ – sagt der Ihnen nichts?«
»Der sagt mir nichts!«
»Der sagt Ihnen nichts …« Der Polizeipräsident versank in Gedanken. »Aber der Name Dr. Dollinger – der ist Ihnen geläufig?«
»Was hat mein Freund Dollinger damit zu tun?«
»Ich frage hier. Nicht Sie! Sie geben also zu, ihn zu kennen?«
»Selbstverständlich. Ein Schulkamerad!«
»Aber von den versteckten Waffen auf dem Kühkopf wissen Sie nichts?«
»Nichts!«
»Ihr Schulkamerad weiß davon Seltsam!«
»Unmöglich!«
»Und er hat ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß Sie Bescheid wüßten. Gemeinsam haben Sie das Verladen von Waffen auf dem Kühkopf beobachtet!«
Jason schlug sich betroffen an die Stirn.
»Ja, ja . Jetzt erinnere ich mich. Dollinger glaubte, ein paar junge Leute beim Verladen von etwas wie …«
»Sie sind von erstaunlicher Schizophrenie, Dr. Jason! Bald vernichten Sie mich mit Ihrem geschliffenen Intellekt am Boden, bald erinnern Sie sich nicht an Terroristen, die auf Ihrem Kühkopf …« Er ließ das Wort auf der Zunge zergehen, »… die auf Ihrem Kühkopf jene Waffen verladen, die jetzt einen Jumbo unserer nationalen Fluggesellschaft bedrohen. Und weiter, Dr. Jason …« Er hatte sich jetzt vorzüglich eingeschossen und gab Trommelfeuer. »Wir wissen noch mehr! Vor zwei Jahren haben Sie sich auf einem Gelände nordwestlich von Freiburg zu schaffen gemacht, das als Taubergießengebiet bekannt ist. Auch dort sind Waffendepots entdeckt worden! Unsere Beamten haben dort sichergestellt: drei Kisten Handgranaten, zwölf MPs, vier Kisten M-16-Gewehrmunition! Reifenspuren von einem amerikanischen Buick. Und der, Jason, sollte Sie interessieren! Geben Sie zu, einen gewissen Jan Kaller zu kennen?«
»Natürlich kenne ich einen gewissen Jan Kaller!«
»Wenigstens etwas! Er war dabei, als fünf Terroristen heute nachmittag gegen … gegen halb vier über den Zaun des Flughafens kletterten und genau die Waffen mit sich schleppten, von denen Ihr Schulfreund Dollinger zugibt, Sie hätten gemeinsam das Verladen auf Ihrem Kühkopf beobachtet. Übrigens in jenen Buick, dessen Spuren wir auch in Ihrem Taubergießengebiet festgestellt haben …«
»Die Waffen wurden aus einem ehemaligen Depot der US-Army geholt, das nicht auf dem Kühkopf, sondern an der Knoblochsaue liegt …«
»Sehen Sie, Sie wissen genau Bescheid! Aber ohne Druck können Sie sich an nichts erinnern … Was diesen Jan Kaller betrifft: Er war dabei, als Ihre Terroristen in ihrem Buick die Waffen aufs Rollfeld schafften. Jetzt
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