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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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eröffnet. Aber was nützt das bisher aufgebaute Netz von rund 250 Terminals, von denen durch Fernschreiber Informationen abgefragt werden können, wenn einer wie ich gar nicht in der Kartei steht? Da kann man auch nicht rauskriegen, daß ich heute morgen der erste Anrufer war. Deswegen melde ich mich jetzt bei Ihnen, trotz aller Elektronik!«
    »Das finde ich fabelhaft!« kommentierte der überraschte, aber jetzt nicht mehr verunsicherte ›Avitour‹ -Direktor, leutselig interessiert an seiner Lieblingszigarre nuckelnd.
    »Ich habe den ganze Nachmittag in Gesellschaft von Herrn Querholz verbracht; er weiß also Bescheid. Bis auf den ersten Anruf.«
    »Vergessen Sie es!« Quandt, in seiner unkonventionellen Art, war geradezu von diesem Anruf begeistert. Er spürte eine Welle von Optimismus, von Zukunftsvertrauen in sich aufsteigen. ›Kein Massaker in der Steppenadler‹! Für Otto Lilienthal war Brändel, für die Polizeiakten die Polizei zuständig! »Wenn Sie das alles so verfolgt haben – wie lautet Ihr Kommentar … Kaller, sagten Sie?«
    »›Alles Scheiße‹!« sagte Kaller, ohne zu wissen, wen er damit zitierte.
    »Das habe ich heute schon mal gehört!« gab Quandt spontan zu, ohne sich exakt zu erinnern. »Sie meinen auch, man hätte verhandeln, verhandeln, verhandeln sollen?«
    »Ja.«
    »Keine Wildwestparodie veranstalten?«
    »Wildwest … das ist schon in meinem morgigen Kommentar drin!«
    »Sie meinen auch: Querholz, der stirbt?«
    »Er müßte. Man weiß das nie, heutzutage.«
    »Er sollte. Ich bin nur an Sicherheit interessiert. Für meine Passagiere. Piloten. Maschinen. Wenn Sie Reporter sind: Wissen Sie, weshalb man diesen .«
    »Kampinsky!«
    »Diesen Kampinsky nicht austauschen wollte?«
    »Er hat Selbstmord begangen. Heute morgen.«
    »Ah, Selbstmord! Er war sicher noch jung? Ab fünfzig zählt man jedes Jahr, wissen Sie? Da denkt keiner mehr dran, Selbstmord zu begehen …«
    »Ich weiß nicht …«, zögerte Kaller jetzt; er dachte an Dr. Jason. »Ja; er war jung. Ich bin dabei, Nachforschungen über Kampinsky anzustellen.«
    »Würde mich interessieren. Herr Kaller – ehrlich.«
    »… Die erste Bombenwarnung … heute morgen.«
    »Vergessen Sie es!«
    Thomas sah die Kavalkade von Dienst-, Polizei- und Rundfunkwagen, die sich langsam, aber unaufhaltsam wie eine gefräßige Raupe heranschob an die ›Steppenadler‹. Er saß in einem gelbgrünen Dienstwagen der ›Avitour‹ und wartete darauf, Margot in die Arme zu schließen.
    Die gewaltige DC-10 fauchte jetzt genau auf ihn zu – ein vorsintflutlicher Saurier, der die rotierenden Navigationslichter wie Zyklopenaugen auf ihn herabblitzen ließ. Die zerbrechlich wirkenden Fahrwerkstreben schienen sich unter dem Gewicht des relativ plumpen Rumpfes durchzubiegen, als könnten sie die Last nicht länger ertragen. Das Mitteltriebwerk wirkte wie der Stachel einer Harpune, die man in die Schwanzflosse eines Wals getrieben hatte. Zwölf Stunden war sie vom Terror gejagt worden; jetzt, wo seine Frau keine hundert Meter von ihm entfernt vorbeirollte, schien sie ihm ferner denn je – wenn er die Autoschlangen betrachtete.
    Er saß neben dem Fahrer und beobachtete, wie die Fluggastbrücke hydraulisch herabgesenkt wurde. Wie eine Zugbrücke im Mittelalter, dachte er. Genauso wie belagerte Burginsassen waren die Fluggäste belagert gewesen. Wer die Festung vorzeitig verließ, starb – ganz gleich, ob im Lazenhagel oder durch Unterdruck.
    Wollte man die zu Tode erschöpfte Crew, die Passagiere noch interviewen? Es sah ganz so aus; und es sah ganz so aus, als bereite sich der Verkehrsminister, assistiert von Flughafendirektor Brändel, noch auf eine Art Begrüßungsansprache vor. Er sah beide in dieser ungesicherten Öffnung der sich senkenden Brücke stehen, eine Batterie von Mikrofonen vor sich.
    Der Polizeipräsident war nicht zu entdecken. Bereitete er sich schon in der internen Behausung seiner Diensträume auf seine Verteidigungsstatements vor? Inmitten des sich heranwälzenden Trubels kam sich Thomas einsamer denn je vor.
    Würde jemand bereit sein, aus dem Debakel des ersten Tages auf Otto Lilienthal die Konsequenzen zu ziehen? Oder war, nach fest eingefahrener gewohnter Spielart, wieder nur jeder darauf aus, in großartigen Verteidigungsreden zu zeigen, wie großartig er gewesen war und wie immer nur die anderen schuld waren? ›Die Juden Die Nazis Die Gastarbeiter Die Linken Die Jusos Die Schwarzen Die Roten Die Jugend Das

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