Deutschlandflug
Austauschaktion verdammt lange! In Bonn wird man doch noch lumpige zweieinhalb Millionen auftreiben können! Fragen Sie mal bei der Zentrale an, Mahlberg. Ich wünsche klare Auskunft vom Krisenstab über den Stand der Dinge!«
Als die Nachricht nach langer Wartezeit durchkam, erstarrten alle drei. Vorher waren auch Gundolf, Allermann und Ulla erstarrt. Sie alle hatten auf das Ende der Austauschaktion gewartet und gehört, daß eine Gewaltaktion bevorstand.
Als Thomas sie aus dem Mund des Präsidenten erfuhr, stotterte er blaß:
»Das gebe ich nicht nach oben durch. Das bleibt unter uns!«
»Sie können das beruhigt durchgeben. Die Aktion gelingt. Ich bürge dafür! In spätestens einer Stunde haben wir den Plan, oder wir haben die Bande zum Sprechen gebracht. Dafür, wiederum, bürgen meine Beamten!«
Ulla hatte dann am eindringlichsten auf eine ehrliche Benachrichtigung gedrängt. Thomas mußte ihr beipflichten. Schon nach dem ersten Schock arbeitete sein Gehirn wieder auf Hochtouren. Wenn Komplikationen ihre Schatten vorauswarfen: Was konnte man tun, um noch mehr Treibstoffreserven herauszuschinden? Vielleicht ging es zum Schluß um Minuten!
»Ja«, gab er sofort Ulla recht. »Wir müssen die Crew informieren. Sie könnte auf 43.000 Fuß steigen. Das ist dann gleichzeitig die maximale Gipfelhöhe, aber das spart noch einmal Treibstoff.«
»Bei Turbulenz fallen sie aus 43.000 Fuß runter!« gab Allermann zu verstehen.
»Richtig! Aber im Augenblick scheint alles ruhig zu sein. Und im Notfall kann er sofort auf 41.000 oder 39.000 Fuß zurück. Da oben ist ja über Deutschland kein Verkehr.« Nach einer kurzen Pause, während er bereits mit der ›Selcal‹ -Anlage spielte, um Bloch zu rufen: »Natürlich. Sie könnten auch die Kabinencontainer öffnen und das Gepäck abwerfen. Und die Küchenausrüstung … Stopp, geht nicht!« Ulla sah ihn fragend an. »Die Kabine steht ja unter Druck. Man kann keine Tür öffnen. Man müßte erst unter … unter diese verflixten 13.000 Fuß sinken, um das Flugzeug ohne Schaden dekompressen zu können … Also gut, ich sage Bloch mal Bescheid.«
27
Querholz entwickelte seinen Aktionsplan.
Außer den Politikern, die er insgeheim als reine Statisten bezeichnete, waren anwesend: der Führer des Spezialkommandos, der Kripochef, der Stellvertreter des Polizeipräsidenten, der Leiter der Hubschraubereinsatzstaffel, der Flughafendirektor.
Betont langsam und nachdrücklich sah er jeden einzelnen Teilnehmer der Runde an, lehnte sich zurück und schenkte sich in Ruhe aus den bereitgestellten Flaschen Apollinaris ein, als sei alles längst entschieden:
»Ich habe mich entschlossen, die Aktion in einer dreiviertel Stunde, exakt um, hören Sie gut zu, meine Herren, um 10 Uhr 30 anlaufen zu lassen. Ich weiß, daß nicht jeder meine Zuversicht teilt. Bisher war Unentschlossenheit … ?« Irritiert sah er seinen Kripochef an, der offensichtlich Einwände parat hatte. »Vielleicht lassen Sie mich erst mal ausreden? Ich weiß, daß ich aufs Ganze gehe; ich weiß das sehr wohl, meine Herren! Aber die Gangster lassen uns keine andere Wahl! Also bitte, Herr Matzke, wenn Sie unbedingt zu müssen meinen!«
Der Kripochef kratzte sich mit einer Bedachtsamkeit, die in krassem Gegensatz zu seiner schroffen, forschen Art stand, den Kehlkopf rauf und runter: »Habe ich recht gehört? Sie geben zu: Die Gangster diktieren uns die Handlungsweise?«
»Die Zeit. Die Treibstoffreserven. Nicht die Gangster, meinetwegen.«
Querholz hatte Dutzende derartiger Einsatzbesprechungen geführt. Er nannte sie ironisch gern: ›Cocktailparties mit Wumm-Effekt‹. Man legte sich durch seine einsamen Entschlüsse Zeitbomben, die nicht immer unbedingt den Gegner trafen. Die Langzeitwirkung bestand entweder aus einer Beförderung oder einer frühzeitigen Pensionierung. Bisher hatte er intern nur Buchungen auf der Plusseite gehabt. Extern hingegen waren seine letzten beiden Aktionen heftig angegriffen worden. Um so intensiver konzentrierte er sich auf das Gelingen der dritten, mit der er die Richtigkeit seines ›Angriffsstils‹ beweisen wollte.
»Wenn die Inbesitznahme der Skizze fehlschlägt …«, monierte der Kripochef wieder in übelstem Bürokratendeutsch.
»Bin ich meinen Posten los – und Ihre Aussichten steigen! Also, was wollen Sie!«
»Himmel, wenn es weiter nichts wäre! Rund zweihundertundfünfzig Menschenleben, von unseren Männern mal zu schweigen!«
»Sie werden deshalb anerkennen, daß
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