Deutschlandflug
der FDZ aus der Ruhe zu bringen.
»Halten Sie meine Frau an der Leine!« sagte Thomas zu Bloch. »Gleich ist Königstein wieder da!«
»Ja, gut«, erwiderte Bloch. »Aber inzwischen hat Ihre Gattin aus Versehen auf die ›Public-Adress‹ -Schaltung gedrückt. Jetzt haben die staunenden Passagiere erfahren, daß ihnen Ihre Gattin eine rote Laterne schenken will, sobald sie am Boden ist!«
»A schee Bescherung is des mit dene ihre Fliegertelefon!« sagte Frau Krieschker zu der schluchzenden Beatrix. Sie stammte aus Großkrotzenburg und fühlte sich bei den Gundolfs mehr beheimatet als auf dem kargen Bauernhof ihrer bejahrten Eltern.
»Beatrix, bist du noch da?« sagte Margot; Thomas spielte auf seinem Instrumentarium mit allen zehn Fingern.
»Hier ist deine Beatrix!« schluchzte Beatrix. »Mußt nicht immer wieder weggehen, Mama. Bleibst du jetzt da, kommst du jetzt?«
»Ich komme bald, Schatz!«
»Wie bald?«
»Ganz bald!«
»Wie ganz bald, Mama?«
»Ihr laßt euch jetzt schön zu Bett bringen; und wenn ihr wieder aufwacht, der Michael und du, dann bin ich wieder da!«
»Kannst du nicht ein ganz, ganz klein bißchen eher kommen?« fragte Michael dazwischen.
»Ich werde mich anstrengen!« sagte Margot Gundolf. »Ich werde mich ganz doll anstrengen. Und ihr, ihr müßt ganz fest den Daumen drücken. Wenn wir das alle zusammen tun, dann geht bald bei euch die Tür auf; und ich stehe an eurem Bett!«
Ihre Stimme wurde leiser und leiser, als blende sie jemand aus.
»Hört zu, ihr Gundolfs!« sprach Thomas jetzt zu seinen Kindern. »Ihr geht, husch-husch, ins Bett, wie immer. Ich bin auch bald da!«
»A schee gutn Abend noch!« wünschte Frau Krieschker. Plötzlich schwiegen sämtliche Leitungen. Die Stille fiel über Thomas her, als wolle sie ihn erwürgen.
Sie starrten sich gegenseitig an: Ulla, Allermann, Thomas. Niemand sprach.
28
»Ja«, bestätigte der Schichtleiter im Kontrollturm der Kühkopf-Anflugkontrolle. »Von 19 Uhr 25 bis 19 Uhr 50 wird kein Flugzeug landen oder starten. Wir halten den abrollenden Verkehr an den Gates, den anfliegenden im Warteraum Nierstein.«
Also keine Gefährdung des Luftverkehrs, falls es zu einem Kampf kommen sollte! Befriedigt stieg Querholz in den zweiten Schützenpanzerwagen, der zusammen mit einem dritten in Deckung und Reserve gehalten wurde, während der erste langsam vorwärtskroch. Die Deckung war ausgezeichnet: Sie bestand aus dem hohen Lärmschutzwall, hinter dem die Triebwerke abgebremst wurden. Zwischen diesem Wall und dem Funkhaus an der Landebahn lagen rund vierhundert Meter Grasfläche, Rollbahnen und Zufahrtsstraßen für den Verkehr auf dem Platz.
Neben Querholz stand der hessische Innenminister. Er trug eine zünftige Lederjoppe in Kampfjackenschnittart. Um seinen Hals hing das gleiche 8 x 60-Glas, das auch Querholz benutzte. Wegen der zu großen Entfernung von den Flughafenbauten hatte man auf das Postieren von Scharfschützen auf Dächern und Aussichtsgärten verzichten müssen. Aber dadurch, überdachte Querholz bruchstückhaft die Lage, waren die Terroristen nicht durch übermäßige Aktivität der Polizei mißtrauisch geworden.
Alles kam jetzt auf einen geschickten Sprechverkehr an, während der erste Wagen sich zögernd vorwärts schob. Querholz hatte es sich nicht nehmen lassen, ihn selber aus dem Hinterhalt zu führen.
»Hallo, Gruppe ›Fall Lilienthals‹! Hier spricht der Polizeipräsident! Hören Sie mich?«
»Wir hören!«
»Wir sind gekommen, Ihre Bedingungen zu erfüllen!«
»Wo sind Sie?«
»Kampinsky und das Geld sind in dem Wagen, der sich jetzt Ihnen nähert.«
»Nicht doch, Alter! Wo stecken Sie selber?«
»Ich? Auf dem Flughafen …«
»Geben Sie sich zu erkennen! Wir haben starke Gläser!«
»Verdammt!« fluchte Querholz, während sein Assistent einen Stopp für den vorgleitenden, schon hundert Meterentfernten Wagen befahl. »Das sind Berufsgangster, wie sie im Buche stehen!« Ins Walkie-talkie rief er: »Ich stehe mit meinem Stab am Südostende, rund fünfzig Meter vor der äußersten Werft der ›Lufthansa‹!« Schon war er aus dem Wagen gesprungen und zeigte sich neben dem Schutzwall, das Walkie-talkie in der linken Hand.
Dieser mutige Entschluß sollte ihm später Anerkennung und Bewunderung einbringen; schließlich hätten die Terroristen auf ihn schießen können.
»Wir hätten Sie gern im Wagen, der soeben vierhundert Meter vor uns gestoppt hat. Und ohne Sie keinen Schritt näher! Wir haben Panzermunition
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