Deutschlandflug
Sorgen vergessen!« kommentierte sie plötzlich ernsten Gesichts, als der Kellner, ein kleiner, flinker Italiener, die Flaschen brachte. Ronald sah sie erstaunt an. Gleichzeitig preßte er ihre zarten Füße fest zwischen seine Oberschenkel. Er ließ sich provozieren:
»Fröhliche Menschen? Tumbe Spießer, die einfach nicht wahrhaben wollen, was um sie herum vorgeht. Gesegnete Landschaft? Daß ich nicht lache! Alles verpestet und verdreckt. Bis 1985 werden am schönen deutschen Rhein 39 Kernkraftwerke arbeiten!«
»Magst du eigentlich meine Beine leiden?« Rut streckte unvermittelt eines ihrer Beine waagerecht unter dem Tisch hervor. Zwei eingehakte Männer im Rollkragenpullover, die laut grölend vorüberschwankten, stolperten beinahe darüber.
»Du hast großartige Beine!«
Er griff zärtlich an ihre Ferse; die kühle Glätte des Strumpfes erregte ihn schon wieder. Sanft wollte er ihren Fuß unter den Tisch drücken.
»Hast du auf einem Rheindampfer schon mal ein bis zum bbbbit …« sie stotterte nun doch leicht nach dem vielen Alkoholgenuß, obwohl sie noch nie mehr als nur beschwipst gewesen war.
Voraus tauchten die Türme Kaubs auf. Der Lautsprecher sagte:
»Die einst unbezwingliche Festung Gutenfels schaut von der Höhe des Berges auf die kleine Stadt Kaub und die Pfalz mit ihren spitzen Türmchen herab. Bei Kaub führte Feldmarschall Blücher 1814 seine schlesische Armee über den Rhein gegen Napoleon.«
Hinter ihnen im stahlblauen Himmel verwehten die Kondensstreifen von Flugzeugen.
Der Bombenalarm durfte Gundolf nicht vergessen lassen, daß zwei Dutzend weitere AVI-Flugzeuge zu betreuen waren …
»AVI-Lilienthal, hier AVI 725! Wir stehen auf Position B 72 und sollten anlassen. Wir erwarten aber drei VIPs. Checken Sie doch mal, wo die stecken. Wir kriegen sonst Delay …«
Bei derartigen Anrufen hingen Ulla und Allermann sozusagen griffbereit an Gundolfs Lippen. Ulla hatte schon das Boarding-Gate antelefoniert:
»Hallo, Gate 72? Was ist mit Ihren verdammten VIPs? Der Captain will anlassen!«
»Was für VIPs? Wir haben keine!« Pause. »Moment . Bitte? Kinder haltet doch mal die Schnauze, ich red' hier mit der FDZ, die wollen was über 3 gammelige VIPs wissen … Also, hallo, Fräulein?«
Ulla: »Der Captain sagt, Sie hätten ihm drei versprochen!«
Gundolf (auf der Gesellschafts-Frequenz): »Moment noch, Captain Schmiedes; wir stellen gerade Nachforschungen an. Aber wie ich den Laden sehe, wird das wohl nichts mehr mit den VIPs … Moment noch.«
Gate 72: »Also, die waren für Gate 70 nach Kairo, die sind da auch schon an Bord. Da hat irgend jemand dem Captain Mist versprochen.«
»Also, Sie können anlassen«, informierte Gundolf den Kapitän. »Wieder mal Scheiße gebaut worden.«
»Nur wir dürfen nie!« monierte Schmiedes, verabschiedete sich und ließ an.
»… ein bis zum bitteren Ende entblößtes Frauenbein gesehen? Nein, Süßer? Was lernt man denn heutzutage eigentlich in der Philobiologie.« Sie zog ihren Rock bis zum Oberschenkel hoch. »So ist es am Rhein am schönsten!«
Ulla hatte sich gerade eine Zigarette angesteckt und OLIs Hausgeist einen Stupser gegeben, der den melancholisch Zusammengesunkenen wieder aufrichtete, da kam der Anruf der AVI 210 durch, die bereits seit 10 Minuten aus Rom erwartet wurde:
»Hallo AVI? Wir hängen hier im Holding über Nierstein, wir werden wohl noch weitere 20 Minuten warten müssen. Die kommen wohl mit ihrem neuen Hafen nicht klar, was? Schöne Eröffnung, gleich Delays! Hört zu, unsere Bitte … Hallo?«
»Go ahead«, sagte Gundolf. Gleichzeitig bastelte er an einer Taste des Automatic Recorders herum; sie klemmte.
»Wir haben einen Umgefallenen an Bord, der kriegt schon seit den Alpen Sauerstoff, noch dazu gratis. Wir brauchen also einen Krankenwagen; und wenn wir nicht ganz schnell reinkommen, werden wir seinetwegen ein Emergency declaren müssen.«
»Krankenwagen? Moment. Mal sehen, ob wir so was überhaupt auf diesem Superhafen haben. So einen exklusiven Wunsch hatten wir heute noch nicht.«
Aber Ulla war schon auf der Notarztleitung. Sie hob den Daumen.
»Wagen kommt ans Gate!« informierte Allermann statt Gundolf, denn der hing inzwischen mit einem Ohr schon an einem der Telefonhörer:
»Ja? Hier FDZ-Lilienthal!« Übergab dann an Ulla, die nahm Brändels Anfrage entgegen, wie es denn so gehe, mit diesem Riesenschlamassel am Hals, sie gab zur Antwort: »Hier ist die Hölle los, also alles normal. Er tut, was er
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