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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug Kostenlos Bücher Online Lesen
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in den Mittelpunkt meines Artikels stellen und den Leuten klarzumachen versuchen, was ihnen bevorsteht, wenn über dem holdseligen Weinort Nierstein ein Jumbo wegen Vogelschlag ans Rheinufer stürzt! Aber, Junge, wenn ich bedenke, daß das morgen das einzige Echo auf ein Jahrzehnt intensivster Bemühungen sein soll … dir geht's dreckig, was?«
    Seit Wochen hatte Jason seufzend über seinen Akten gebrütet. Da gab es den Fall ›illegale Rodungen‹. Monate, bevor die Pläne über den neuen Lilienthal-Flughafen wenigstens andeutungsweise in die Öffentlichkeit gedrungen waren, hatten mehrere Bürgermeister umliegender Ortschaften Waldrodungen veranlaßt, die von keiner Stelle genehmigt worden waren. Zufälligerweise betrafen alle diese Rodungen Gebiete, die später von der Gründungsgemeinschaft des neuen Flughafens gekauft werden mußten, um ihre Pläne zu verwirklichen.
    Diese staatlich betriebene illegale Waldzerstörung geschah nach dem Motto, daß nicht geschützt werden konnte, was nicht mehr vorhanden war: Jason kam mit seinem Einspruch zu spät, er konnte lediglich Strafantrag wegen kriminellen Verhaltens gegen die betreffenden Kommunalpolitiker stellen – den Wald retten konnte er nicht mehr.
    Die angeklagten Bürgermeister und Landräte hatten schon 1974 glänzende Vorbilder in dem Landrat Georg Daßler vom Landratsamt Erlangen-Höchstadt gefunden. Gegen ihn hatte der Bund Naturschutz Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Begünstigung illegaler Rodungen in Mittelfranken erhoben. Ihr war stattgegeben worden, aber zu einer Zeit, als auch diese Waldungen nicht mehr zu retten gewesen waren. Selbstverständlich hatte Daßler sich unberechtigt angegriffen gefühlt. Es sei, so führte Daßler damals aus, ein Wunschdenken, wenn man mehr als die Hälfte des Landkreises Erlangen-Höchstadt unter Naturschutz stellen wolle.
    Im Fall Otto Lilienthal waren durch die Rodungen lange vor Genehmigung des Flughafenbaus die letzten Horste der Wiedehopfe und Pirole in West-Deutschland zerstört worden. Aber konnte man eine Zivilisation für ein paar mickrige Pirole und Wiedehopfe interessieren, deren Teilnehmer sich durch die abendlichen Acht-Uhr-Nachrichten über Erdbebentote, Kriegsverstümmelte, Terroropfer, Verhungerte und Gefolterte nicht die gute Laune für die nachfolgende Quizsendung verderben ließen?

15
    »Gundolf!« sagte Quandt laut und deutlich über den Lautsprecher der Interphone-Anlage. »Ich komme am besten mal zu euch hinauf! So geht das nicht weiter!«
    »Jetzt funktioniert's!« stellte Gundolf übers Mikrofon der ›Intercom‹- Anlage fest. »Zum ersten Mal in der Geschichte des ›Oli‹!«
    »Bitte?« fragte Quandt konsterniert. »Was funktioniert? Und wo?«
    »Ich meine: Sie sprechen über ›Intercom‹, und es kommt an. Bisher ging es nur übers Telefon!«
    »Aber ich spreche übers Telefon!« teilte der Direktor zur Verblüffung aller Beteiligten mit. »Wie bisher. Ich bin schon froh, daß mein Anruf ankommt!«
    Schweigen. Gundolf, Allermann, Ulla Voorst starrten sprachlos aufs Telefon, auf dem der Hörer ruhte.
    »Sie haben die Apparatnummer 241 gewählt und sprechen übers Telefon!« wiederholte Gundolf minuziös, als wolle er ein Wunder bestätigen. »Und hier kommt es über die ›Intercom‹- Anlage an.«
    »Hauptsache, es kommt überhaupt an, Gundolf. Ich komme rauf, wir müssen mal wegen der Polizeiaktion sprechen. Und überhaupt.«
    »Das war ein Homotron!« sagte Gundolf, noch immer verblüfft.
    »Ein 'was?«
    »Ein Homotron. So nennt man die kleinen grünen Männchen, die in der modernen Elektronik das technische Wissen über den Haufen werfen und für Wunder sorgen.«
    »Ihre Homodingsbumms können mich mal!« sagte der Direktor der ›Avitour‹ rüde und entfernte sich aus der Leitung.
    Ulla hatte die Hand vor den Mund geschlagen, als der Herr Direktor sein Besuchsvorhaben ankündigte, und einen verzweifelten Blick auf die blockierte Elektronik geworfen; Gundolf zuckte die Schultern.
    Fünf Minuten später trat Quandt ein; Ulla hatte schon wieder die Hand vorm Mund.
    Der Direktor hingegen sah zunächst überhaupt nichts. Er trat sofort, in Gedanken versunken, ans Riesenpanoramafenster und genoß, ja, genoß fast den imponierenden Ausblick auf Vorfeld und Landebahnen. Von hier oben hatte man das Gefühl, als beherrsche man die totale gigantomanische Anlage. Als sei man Fürst über ein Reich von Robotern, die man wie Marionetten an seinen elektronischen Schnüren dirigierte …
    Quandt

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