Deutschlandflug
kann. Er ist großartig.«
»Fein!« Der Direktor hatte weiter keine Anliegen, wollte offensichtlich nur wie ein General in vorderster Stellung die Moral der Truppe überprüfen, sein eigenes Mitleiden bekunden.
»Hier halten wir engen Kontakt zur Polizei. Es läuft alles!«
»Auch fein«, sagte Ulla kurz angebunden und legte auf.
Gundolf hatte inzwischen die neuen deutschen Platzwetter aus dem Fernschreiber gerissen, die alle halbe Stunde durchliefen:
»Was Neues?«
»Der Herr Direktor persönlich war dran. Es läuft!«
»Ich habe hier noch eine Notiz«, schob sich Allermann dazwischen. »AVI 111 anrufen, wegen Abstellposition bei Landung. Er ist jetzt im Approach.«
»Ah, ja …« Gundolf zog sich ein Papiertaschentuch aus der Kleenexschachtel, die auf Ullas Arbeitstisch stand.
»Bei mir läuft's übrigens auch … Heute morgen zu lange mit offenem Autofenster gefahren, bei dem Nebel … Aber ich mag einfach diesen Geruch nach feuchter Erde – also, die werden auf dem Vorfeld abgestellt, nicht am Gate, weil: Da ist irgendwo ein mittelafrikanischer Stammesfürst drauf, der wird mit Mercedes abgeholt, die Tagesschau filmt, da wollten sie das ungestört auf dem Vorfeld erledigen. Position 122.«
Zwei gelbe Lampen blinkten auf dem Pult der Sprechanlage. Gleichzeitig klingelte das Telefon wieder. Ulla ging ans Telefon. Allermann drückte die Lampen und schaltete sich in die interne Sprechanlage ein.
Ulla: »Hier FDZ-OLI!«
»FDZ – was?«
»OLI … Sorry, Otto Lilienthal, was gibt's?«
»Ah, hier Tower, Beerholt!« Pause, interne Gesprächsfetzen: »Jungs, wißt ihr, wie die von der FDZ den Hafen nennen? OLI! … Entschuldigung, hier also Ground Control. Bei uns beschwert sich dauernd ein Captain Rohlfs von eurer Catania-Maschine, weil er von uns keine Anlaßerlaubnis bekommt. Euer Flugplan ist aber noch immer nicht hier angekommen; er behauptet das aber – in einem recht eigenen energischen Sprechstil …«
»Dafür sind wir nicht zuständig, das macht AVI-Dispatch, auf Apparat, Moment, 229!« Sie hielt die Hand über die Sprechmuschel. »Hör mal, Allermännchen, jetzt hör mal auf, dazwischenzuquatschen! Jedesmal, wenn du da rummachst, hör' ich hier nur noch Rauschen.«
Allermann: »Unmöglich! Das sind doch zwei völlig getrennte Systeme!«
»Du blockst mich aber trotzdem aus!« beharrte Ulla und drückte ihre Zigarette aus.
»Hallo FDZ?« Der Tower! »Wir kriegen keine Verbindung mit eurem Dispatch, vielleicht ist eure Leitung besser? Und könnt ihr diesen aufgebrachten Superpiloten nicht mal beruhigen? Der macht uns die Hölle heiß, und wir können wirklich nicht dafür. Der hat wohl noch einen Pik auf uns vom letzten Dienst nach Vorschrift her, was?«
»Okay, ich versuch' mal rauszukriegen, wo der Flugplan hängengeblieben ist!« schaltete Gundolf sich ein; endlich konnte Ulla drei wichtige Telexe lesen, die Allermann ihr auf den Tisch schob. »Bleiben Sie mal dran, ich schalte Sie auf Dispatch!« Es gelang; und gemeinsam stellten alle Gesprächsteilnehmer fest, der Flugplan war von Dispatch rechtzeitig heraufgeschickt, gefiled worden und mußte irgendwo in den vertrackten Leitungen dieses Scheißhaus hängengeblieben sein. Nachdem sich Dispatch bereit erklärt hatte, rasch einen neuen Plan zu filen, der Tower sich mit den ergebensten Grüßen an die Frau FDZ-OLI verabschiedet hatte, teilte Ulla mit:
»Hier ist ein Herr Dr. Manderl aus Offenbach – für Sie, Herr Gundolf! Den kenn' ich aber überhaupt nicht! Wollen Sie, oder sind Sie gerade nicht da?«
»Ich mach' mal!« Gundolf fuhr trotzdem fort, sich auf den Zetteln mit den deutschen Platzwettern rot die Stellen anzustreichen, die auf eine unerwartete Sichtverschlechterung hinwiesen. »Hier Gundolf, FDZ!«
»Hier Wetteramt Offenbach, Dr. Manderl. Herr Gundolf?«
»Ja?«
Neben ihm sagte Ulla zu Allermann:
»Siehst du, Allermännchen: Immer, wenn du auf deinem verdammten Informationsklavier herumspielst, rauscht es bei uns!«
»Wir vom Wetteramt hätten gern mal gewußt, wie jetzt unsere Wetter durchkommen. Beim Probelauf gestern …«
Während Gundolf zuhörte und kommentierte, war er in Gedanken bei der AVI 808, die irgendwo zwischen Kap Ancona und Venedig hing und dort zwischenlanden wollte, weil der Treibstoff nicht bis München reichte! … Die D-AQUAT mit dem Namen ›Marabu‹, deren Treibstoffverbrauch stets 2 Tonnen pro Stunde über dem Normalwert lag – und keiner der technischen Großkopfeten hatte den
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