Deutschlehrerin
geht, ob Du Familie hast, es würde mich ehrlich interessieren.
Dein sich vor Neugier verzehrender Xaver
Gesendet: 19. Jänner 2012
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Hattest du damals nie Angst, dass ich dich verklage? Fühltest du dich so sicher in deinem neuen Leben?
Sechs Minuten später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Warum hätte ich Angst haben sollen, dass Du mich verklagst??? Weil ich eine Beziehung beendet habe??? Das ist doch absurd!!!
Wir hatten eine schöne gemeinsame Zeit und irgendwann war sie dann zu Ende, im letzten halben Jahr sprachen wir ja kaum mehr miteinander, wir wurden uns fremd, es war so offensichtlich, dass wir beide einen neuen Start brauchten, auch Du.
Xaver
Gesendet: 20.Jänner 2012
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Xaver,
wir hatten keine gewöhnliche Beziehung zwischen Mann und Frau – natürlich das auch –, aber bei uns waren die Dinge schon etwas komplizierter! Wir hatten obendrein auch eine Art »Geschäftsbeziehung« oder eine »Abmachung«. Und du wusstest das, sonst wärst du nicht einfach heimlich verschwunden, sondern hättest dich tatsächlich getrennt. Da gibt es nämlich einen großen Unterschied, vor einer Trennung spricht man darüber mit seinem Partner.
Zwei Minuten später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Ich weiß absolut nicht, was Du mit »Geschäftsbeziehung« oder »Abmachung« meinst.
Gesendet 21. Jänner 2012
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Antworte mir doch bitte! Was meinst Du mit »Geschäftsbeziehung« bzw. »Abmachung«???
Fünf Stunden später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Geht es Dir um Geld???
Gesendet: 23. Jänner 2012
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Im Gegensatz zu dir ging es mir nie um Geld oder Erfolg. Nie! Du weißt, was ich mir so sehnlichst wünschte. Und das versprachst du mir an jenem Abend, als wir die Zusage des Verlags feierten. Wir schrieben die Engelstrilogie gemeinsam, und dennoch sollte ich als Koautorin nicht aufscheinen, wie wir unter uns abgemacht hatten, der Verlag wünschte es einfach nicht. Dafür aber wollte ich etwas anderes. Wir besiegelten es sogar mit einem Händedruck und einem Kuss, es war ein Vertrag zwischen uns! Für mich war es keine gewöhnliche Trennung, sondern ein feiges, heimliches Verschwinden deinerseits und obendrein ein »Vertragsbruch«.
Gesendet: 24. Jänner 2012
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Ganz vage kann ich mich jetzt an diesen Abend erinnern, tranken wir da nicht sehr viel? In meinen Augen hat dieses Gespräch, das wir damals führten, rein gar nichts mit einer »geschäftlichen Abmachung« zu tun. Außerdem passierte nach diesem Abend ja noch sehr, sehr viel in unserer Beziehung, sodass für mich nur eine Trennung infrage kam.
Gesendet: 25. Jänner 2012
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Was passierte danach noch so viel in unserer Beziehung? Die Begegnung mit deiner Frau? Wann lerntest du sie kennen? Vor oder nach diesem Abend?
20 Minuten später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Sie ist bereits seit Langem meine Exfrau, wann ich sie zum ersten Mal traf, weiß ich nicht mehr, es ist ja alles schon ewig her, und ist jetzt nicht mehr wichtig. Lass uns doch aufhören, in der Vergangenheit zu bohren!
Xaver
P. S.: Bist Du verheiratet? Hast Du Familie?
Gesendet: 27. Jänner 2012
Von: M. K.
An: Xaver Sand
Mir ist es aber wichtig. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es mich quälte. Ein paar Wochen nach deinem Weggehen erfuhr ich, dass du sofort bei ihr eingezogen bist. Ich würde gerne wissen, wann und wo du sie kennengelernt hast und wann ihr ein Paar wurdet. Es war ja dein Vorschlag, über Vergangenes zu erzählen und zu reflektieren und ich finde, das zu erzählen, bist du mir schuldig.
Mathilda
Vier Minuten später
Von: Xaver Sand
An: M. K.
Gut, ich werde es Dir genau erzählen, doch jetzt muss ich leider dringend weg. Ich wünsche Dir eine gute Nacht!
Xaver
P. S.: Ich freue mich wahnsinnig auf Dich und auf unser Wiedersehen! Zuerst dachte ich, wir sollten uns gegenseitig aktuelle Fotos schicken, aber ich habe es mir anders überlegt, ich werde Dir kein Foto von mir senden und ich möchte auch keines von Dir, lass unsere Neugier, Spannung und Aufregung wachsen, wir sehen uns in Innsbruck im März!
MATHILDA UND XAVER
Mathilda lernte Xaver im Mai 1980 bei einer Vorlesung über die Literatur der Jahrhundertwende kennen. Es war sehr heiß und drückend im Hörsaal 5, der unsichere rothaarige Professor entschuldigte sich zu Beginn seines Vortrags wegen der ausgefallenen Klimaanlage, deretwegen er dennoch die Vorlesung nicht hatte absagen
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