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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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nicht zu erwürgen, bewahrte Deborah Ruhe.
    »Samantha«, sagte sie äußerst bestimmt, »es ist ganz normal, dass Sie ein wenig verwirrt sind, was Ihre Gefühle betrifft.«
    »Ich bin absolut
nicht
verwirrt«, keifte Samantha. »Ich bin sauer, und ich wünschte, Sie hätten mich nicht gefunden. Ist das vielleicht auch vollkommen normal?«
    »Sicher«, erwiderte Deborah, obgleich ich erkannte, wie sich leise Zweifel in ihre Miene schlichen. »In dieser Situation entwickelt die Geisel häufig ein Gefühl der Verbundenheit mit ihrem Entführer.«
    »Sie klingen, als würden Sie das irgendwo ablesen«, sagte Samantha, und ich musste ihren Tiefblick bewundern, auch wenn mich ihr Ton mit den Zähnen knirschen ließ.
    »Ich werde Ihren Eltern empfehlen, eine Beratung für Sie …«
    »Oh, super, ein Psychoklempner«, ätzte Samantha. »Das hat mir gerade noch gefehlt!«
    »Es wird Ihnen helfen, wenn Sie mit jemandem darüber sprechen können, was Ihnen zugestoßen ist«, sagte Deborah.
    »Klar, ich kann es kaum erwarten, über
alles
zu sprechen, was mir zugestoßen ist«, sagte Samantha, drehte sich um und sah mich direkt an. »Ich will über
alles
reden, weil einiges von dem, was passiert ist, total gegen meinen Willen war und bestimmt
jeder
davon hören möchte.«
    Mich traf ein heftiger und vollkommen unliebsamer Schock – nicht so sehr ihrer Worte wegen, sondern weil sie direkt zu mir sprach. Es bestand nicht der geringste Zweifel, was sie meinte; aber würde sie wirklich jedermann von unserem kurzen, Ecstasy-inspirierten Zwischenspiel erzählen und behaupten, dass es gegen ihren Willen geschehen war? Auf diese Idee war ich überhaupt nicht gekommen – schließlich handelte es sich ja gewissermaßen um eine Privatangelegenheit, und
mein
Wille war es eigentlich auch nicht gewesen. Ich hatte keine Drogen ins Wasser gemischt, und es war gewiss nichts, mit dem ich angeben würde.
    Als mir allmählich das Ausmaß ihrer Drohung zu Bewusstsein kam, stieg leichte Übelkeit in mir auf. Falls sie darauf beharrte, dass es gegen ihren Willen passiert war – nun, der Terminus technicus dafür lautete »Vergewaltigung«, und obwohl das weit jenseits meiner Interessengebiete lag, war ich doch einigermaßen sicher, dass das Gesetz darauf mit einigem Missfallen reagierte, ähnlich wie auf andere Dinge, die ich getan hatte. Falls dieser Begriff ins Spiel kam, würde mir keine meiner wunderbaren, beredten Entschuldigungen von Nutzen sein. Zumal ich niemandem einen Vorwurf daraus machen konnte, ihr zu glauben; älterer Mann, vom Tod bedroht, gemeinsam mit einer jungen Frau eingesperrt, und niemand würde je davon erfahren – das Bild sprach für sich. Vollkommen glaubwürdig – und absolut unverzeihlich, selbst wenn ich geglaubt hatte, sterben zu müssen. Ich hatte noch nie von einer Verteidigung bei Vergewaltigung gehört, die auf mildernde Umstände plädierte, und ich war ziemlich sicher, dass das auch nicht funktionieren würde.
    Was ich auch sagte, selbst wenn Dexters Beredsamkeit die Grenzen menschlicher Sprache sprengte und die Marmorstatue der Justitia zu Tränen rührte – im besten Fall liefe es auf ein »er hat gesagt«/»sie hat gesagt« hinaus, und ich wäre immer noch der Typ, der ein hilfloses, gefangenes Mädchen ausgenutzt hatte, und ich konnte mir nur zu gut vorstellen, was alle von mir denken würden. Schließlich hatte ich stets laut gejubelt, wenn ältere Männer Job und Familie verloren, weil sie Sex mit jüngeren Frauen hatten – und das war exakt das, was ich getan hatte. Selbst wenn ich alle davon überzeugen konnte, dass die Drogen mich dazu getrieben hatten, und es wirklich nicht meine Schuld war, ich wäre erledigt. Drogeninduzierte Sexparty mit Teenager klang eher nach Schlagzeile als nach Entschuldigung.
    Und nicht einmal der bedeutendste Anwalt aller Zeiten würde mich vor Rita retten können. Es gab nach wie vor eine Menge Dinge, die ich bei Menschen nicht begriff, aber ich hatte genügend Seifenopern gesehen, um das einschätzen zu können. Rita mochte nicht glauben, dass ich jemanden vergewaltigt hatte, aber darauf kam es nicht an. Sie würde es auch nicht kümmern, wenn man mich unter Drogen gesetzt, an Händen und Füßen gefesselt und mit vorgehaltener Waffe zum Sex gezwungen hätte. Sie würde sich einfach scheiden lassen, sobald sie davon erfuhr, und Lily Anne ohne mich aufziehen. Und ich säße dann allein in der Kälte, ohne Schweinebraten, ohne Cody und Astor, ohne Lily Anne, um

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