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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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erneut zusammengeschlagen und mit einer sehr großen Waffe bedroht worden, all das ohne ein einziges Wort der Klage – aber Debs dachte nur an Samantha, die gut genährt in klimatisierter Behaglichkeit im Trailer saß – freiwillig, ja begeistert dort saß und wegen kleinerer Unbequemlichkeiten nörgelte, während ich vergeblich versucht hatte, allen Schlingen und Pfeilen zu entgehen, und, wie ich nicht umhinkonnte zu bemerken, von einer wachsenden Anzahl Moskitos belästigt wurde, die ich nicht erschlagen konnte, weil meine Hände noch immer auf den Rücken gefesselt waren.
    Aber natürlich gehörte Deborah zur Familie, und ich konnte meine Hände ohnehin nicht benutzen, deshalb stand sie zu ohrfeigen nicht zur Debatte. »Es geht mir gut, Schwesterherz«, sagte ich. »Danke der Nachfrage.«
    Wie immer war mein Sarkasmus an Deborah verschwendet. Sie packte meine Arme und schüttelte mich. »Wo ist sie?«, drängte sie. »Wo ist Samantha?«
    Ich seufzte und gab auf. »Im Trailer. Es geht ihr gut.« Deborah warf mir einen letzten Blick zu und wirbelte dann zum Trailer. Weems folgte ihr. Ich vernahm ein lautes Krachen, als er die Tür aus den Angeln riss. Einen Moment später lief er an mir vorbei, die Tür nur am Knauf mit sich schleifend. Ihm auf dem Fuß folgte Debs, einen Arm um Samantha gelegt, die sie zum Auto führte. Debs murmelte: »Alles wird gut, Sie sind in Sicherheit«, doch die eindeutig verärgerte Samantha reagierte nur mit: »Lass mich in Ruhe!«
    Ich sah mich auf der kleinen Lichtung um. Eine Handvoll Polizisten in SEK -Kleidung legte Kukarovs Jungs Handschellen an, und das nicht gerade sanft. Die Lage beruhigte sich ganz offensichtlich – abgesehen von den ungefähr neun Millionen Moskitos, die meinen ungeschützten Kopf entdeckt hatten. Ich versuchte, sie wegzuwedeln – selbstverständlich vergeblich, da meine Hände ja noch immer auf den Rücken gefesselt waren. Ich schüttelte den Kopf, um sie zu verscheuchen, aber es funktionierte nicht und tat so weh, dass es die Mühe nicht wert schien, selbst wenn es funktioniert hätte. Ich versuchte, mit den Ellbogen zu wedeln – ebenfalls unmöglich, und ich glaubte, hören zu können, wie die Moskitos mich auslachten und sich die Lippen leckten, während sie all ihre Freunde zu der Party einluden.
    »Könnte bitte jemand meine Hände befreien?«, erkundigte ich mich.

[home]
    31
    A m Ende erbarmte man sich meiner. Schließlich war ich von Polizisten umgeben, und für etliche der vereidigten Gesetzeshüter war es schrecklich, mich in Fesseln zu wissen, als wäre ich eine Art – tja, ehrlich gesagt, war ich eine Art, aber ich gab mir nun wahrlich große Mühe, mich zu ändern. Und da sie nicht wussten, was ich gewesen war, schien es nur folgerichtig, dass einer von ihnen früher oder später Mitleid mit mir empfand und mich befreite: Weems, der Riese von der Stammespolizei. Er kam zu mir herüber und musterte mich kopfschüttelnd, während ein sehr breites Lächeln sich in seinem sehr breiten Gesicht breitmachte. »Hat Sie keiner richtig lieb?«
    »Vermutlich genieße ich keine hohe Priorität«, antwortete ich. »Außer bei den Moskitos.«
    Er lachte, ein höchst amüsiertes Quietschen, das mehrere Sekunden anhielt – meiner noch immer gefesselten Meinung nach viel zu lang, und als ich gerade erwog, eine wirklich schneidende Bemerkung zu machen, zog er ein riesiges Taschenmesser heraus und ließ die Klinge aufspringen. »Dann wollen wir mal dafür sorgen, dass Sie wieder Mücken erschlagen können«, meinte er und bedeutete mir mit dem Messer, mich umzudrehen.
    Ich gehorchte nur zu gern, und rasch setzte er die Klinge an. Das Messer war offensichtlich äußerst scharf; ich spürte fast nichts, und das Paketband fiel auseinander. Ich nahm die Hände nach vorn und begann es abzupellen. Gleichzeitig pellte ich auch die Haare an meinen Gelenken ab, aber da ich schon mit dem ersten Schlag in meinen Nacken mindestens sechs Moskitos erlegt hatte, schien es mir das wert.
    »Ich danke Ihnen«, sagte ich.
    »Gern geschehen«, versicherte er mit dieser weichen, hohen Stimme. »So fesselnd ist die Situation ja nicht.« Er lachte über seinen eigenen tollen Witz, und ich schenkte ihm mein bestes künstliches Lächeln, da ich fand, dass er sich das redlich verdient hatte.
    »Fesselnd …«, wiederholte ich. »Der ist gut.« Ich trug vermutlich ein wenig dick auf, aber ich war dankbar, und außerdem tat mein Kopf immer noch viel zu weh, um mir etwas Besseres

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