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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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unangenehme Situation vollkommen ignorierend, stellte sich Alana direkt daneben. Deborah musterte sie, wobei sie den Hals recken musste, um überhaupt ihr Gesicht sehen zu können. Alana starrte ausdruckslos zurück und wandte den Blick erst ab, als ein heller Ton erklang und die Fahrstuhltüren aufglitten. Alana trat hinein, und Deborah marschierte mit zusammengebissenen Zähnen hinterher, was mir keine andere Wahl ließ, als ebenfalls hineinzuspringen, voller Hoffnung, eine Messerstecherei verhindern zu können.
    Aber nichts dergleichen geschah. Die Türen schlossen sich, der Fahrstuhl glitt abwärts, und ehe Deborah die Arme erneut verschränken konnte, blickte Alana auf sie hinab und verkündete: »Ich weiß, wo Bobby ist.«

[home]
    35
    W as folgte, war Schweigen, einer dieser Momente, in denen Worte in der Luft zu hängen scheinen, deren einzelne Bedeutung jeder kennt, aber in keinen mentalen Zusammenhang bringen kann, um ihren wahren Sinn zu begreifen. Der Fahrstuhl sauste abwärts. Ich musterte Alana. Meine Augen befanden sich auf Höhe ihres Kinns, was mir eine ausgezeichnete Sicht auf ihre Halskette ermöglichte. Bei dem Anhänger handelte es sich tatsächlich um ein Anch, wie ich vermutet hatte. Das Kreuz war leicht in die Länge gezogen und lief in eine Spitze aus, an der man sich verletzen konnte. Ich fragte mich, ob sie sich auch schon gestochen hatte. Und obgleich ich nicht viel über Diamanten wusste, sah er selbst aus dieser Nähe echt aus, und er war sehr groß.
    Deborah, die mein Auge für Edelsteine nicht teilte, erholte sich natürlich als Erste. »Was zur Hölle soll das heißen?«
    Alana blickte an ihrer Nase hinab zu Deborah hinunter. Wegen ihrer Größe blieb ihr gar nichts anderes übrig, aber dahinter steckte noch mehr. Sie betrachtete Deborah mit der leutseligen Belustigung, die nur die Briten wirklich beherrschen. »Was wäre Ihnen denn am liebsten, Sergeant?« Bei ihr klang »Sergeant« nach einer Art putzigem Insekt, was meiner Schwester nicht entging. Sie errötete.
    »Soll das ein Scherz sein, bei dem Sie zusehen, wie die kleinen Leute sich winden, eine Art Spiel?«, erwiderte Deborah. »Warum zum Teufel sagen Sie, Sie wüssten, wo er ist, wenn wir beide genau wissen, dass Sie es mir nicht verraten werden.«
    Alana wirkte noch belustigter. »Wer sagt, dass ich es nicht verrate?«
    Deborah trat zur Wand und schlug auf den großen roten Knopf an der Schalttafel. Der Fahrstuhl kam mit einem Ruck zum Stillstand, und irgendwo begann eine Glocke zu läuten.
    »Hören Sie!« Deborah starrte Alana direkt in die Augen – nun ja, auf den Hals. »Ich habe keine Zeit für diesen Scheiß. Irgendwo dort draußen befindet sich ein Mädchen in Lebensgefahr, und ich muss sie finden, ehe sie umgebracht wird. Falls Sie wissen, wo Bobby steckt, spucken Sie’s aus. Jetzt. Oder Sie begleiten mich zur Haftanstalt, wo ich Sie in Gewahrsam nehmen lasse, und zwar wegen Zurückhalten von Beweisen in einem Mordfall.«
    Alana schien wenig beeindruckt. Sie lächelte, schüttelte den Kopf, beugte sich an Debs vorbei und drückte auf den Knopf.
    Der Aufzug setzte sich in Bewegung. »Wirklich, Sergeant, Sie müssen mir nicht mit Ketten und Peitsche drohen. Ich verrate es nur zu gern.«
    »Dann hören Sie auf, mich zu verarschen, und rücken damit heraus«, forderte Deborah.
    »Joe besitzt ein Grundstück, das Bobby sehr gern mag. Es ist ziemlich groß, ungefähr vierzig Hektar, und vollkommen verlassen.«
    »Wo?«, quetschte Deborah durch die Zähne.
    »Haben Sie schon mal von Buccaneer Land gehört?«, fragte Alana.
    Deborah nickte. »Das kenne ich.«
    Ich ebenfalls. Buccaneer Land war einst der größte Vergnügungspark in South Florida, und wir hatten ihn als Kinder häufig besucht und geliebt. Natürlich waren wir damals kleine Tölpel, die es nicht besser wussten, und als eine hyperaggressive Maus ein Stück weiter nördlich einen anderen Park eröffnete, wurde uns bewusst, wie fade Buccaneer Land war. Dem Rest von South Florida erging es ebenso, weshalb Buccaneer Land kurz darauf seine Pforten schloss. Aber ich erinnerte mich noch daran.
    »Das wurde doch schon vor Jahren dichtgemacht«, sagte ich, und Alana blickte mich an.
    »Stimmt«, antwortete sie. »Der Park ging in Konkurs und war Ewigkeiten auf dem Markt, bis Joe ihn für ein Butterbrot erworben hat. Es ist ein ausgezeichnetes Gewerbegrundstück. Aber er hat sich bis jetzt nicht weiter darum gekümmert. Bobby fährt gern hin. Manchmal stellt er für

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