Dexter
Alana an. Ich war überzeugt, dass sie ihr erklären würde, dieser Vorschlag stünde nicht zur Debatte, sei vollkommen lächerlich, eine inakzeptable Abweichung von polizeilichen Verfahrensweisen und viel zu gefährlich. Doch Alana krümmte die Lippen, hob eine Augenbraue, und nun war es keine Bitte mehr, sondern eine Herausforderung. Und nur um sicherzustellen, dass dies einem Dummerchen wie Debs nicht entging, fügte Alana hinzu: »Sie haben doch sicherlich keine Angst vor dem jungen Mann? Sie haben ja Ihre reizende Pistole, und er ist ganz allein und unbewaffnet.«
»Darum geht es nicht«, sagte Deborah.
Die Belustigung verschwand aus Alanas Miene. »Nein, das stimmt. Es geht darum, dass Sie allein gehen, weil es sonst einen Riesenaufstand gibt und Joe erfährt, dass ich mit Ihnen geredet habe, was ich in Wahrheit auf keinen Fall riskieren möchte. Sollten Sie darauf bestehen, mit einer kompletten Mannschaft anzurücken und Wirbel zu veranstalten, werde ich Bobby warnen, dass Sie im Anmarsch sind. Dann ist er in Costa Rica, ehe Sie etwas dagegen unternehmen können.« Die dunklen Schwingen flackerten kurz in ihren Augen auf, dann zwang sie sich zu einem Lächeln, aber es war nicht besonders angenehm. »Wie sagt man noch gleich? Friss, Vogel, oder stirb! In Ordnung?«
Ich hätte einige andere Möglichkeiten anzubieten gehabt, zumal mir die Vorstellung absolut nicht behagte, mich nur auf Alanas Aussage hin, Bobby sei allein und unbewaffnet, in eine verlassene, feindliche Umgebung zu wagen, um dort ohne Rückendeckung den jungen Acosta zu jagen. Deborah jedoch war anscheinend aus härterem Holz geschnitzt, denn sie sah Alana fest an und nickte. »In Ordnung. Ich akzeptiere Ihre Bedingungen. Und falls wir Bobby finden, werde ich Joe nicht sagen müssen, wie uns das gelungen ist.«
»Brillant«, sagte Alana. Sie schloss den Ferrari auf, glitt auf den Sitz und ließ den Motor an. Um der Wirkung willen ließ sie ihn zweimal aufheulen, und die massiven Betonwände der Parkgarage bebten. Sie schenkte uns ein letztes furchtbares, eiskaltes Lächeln – und wieder, nur für eine Sekunde, erkannte ich den flatternden Schatten in ihrem Blick. Dann schlug sie die Tür zu, legte den Gang ein und verschwand in einer Abgaswolke.
Deborah schaute ihr nach, was mir ein wenig Zeit ließ, mich von der Begegnung mit der inneren Alana zu erholen. Ich war verblüfft, wie sehr es mich schockierte, ein Raubtier in dieser kühlen und schönen Verpackung zu entdecken. Letzten Endes war es jedoch vollkommen einleuchtend. Nach allem, was ich über sie wusste, erzählte Alanas Biographie eine unbarmherzige Geschichte, und wie mir wohl bekannt war, konnte nur eine sehr spezielle Art von Person so oft und auch so gezielt mit dem Messer zustoßen.
Außerdem erklärte es ihren Verrat an Bobby Acosta. Es war exakt der richtige Schachzug für ein Drachenweibchen, das seine mühsam errungenen goldenen Eier schützen wollte; mit einem gerissenen Zug schützte sie ihren Schatz und schaltete gleichzeitig einen Rivalen aus. Ihre Taktik war hervorragend, und meine dunkle Seite bewunderte ihre Denkweise.
Debs wandte sich brüsk vom Lärm des davonrasenden Ferrari ab und lief in Richtung Empfangshalle. »Bringen wir es hinter uns«, warf sie mir über die Schulter zu.
Wir eilten schweigend durch das Gebäude auf die Brickell Avenue. Debs hatte das Auto in bester Bullenmanier am Randstein im Halteverbot geparkt, und wir stiegen ein. Doch trotz der Hast, mit der wir zum Wagen gelaufen waren, ließ sie den Motor nicht sofort an. Stattdessen legte sie die Unterarme aufs Steuer und beugte sich stirnrunzelnd vor.
»Was ist?«, fragte ich schließlich.
Sie schüttelte den Kopf. »Irgendwas stimmt nicht.«
»Glaubst du nicht, dass Bobby dort ist?«
Sie schnitt eine Grimasse, sah mich aber nicht an. »Ich traue der Schlampe einfach nicht.«
Das hielt ich für sehr vernünftig. Da ich einen kurzen Blick auf die wahre Alana geworfen hatte, wusste ich, dass man sich nur darauf verlassen durfte, dass Alana stets das Beste für Alana tat, gleichgültig, welche Konsequenzen das für andere hatte. Doch uns heimlich dabei behilflich zu sein, Bobby ins Gefängnis zu verfrachten, schien ausgezeichnet in ihre Pläne zu passen. »Du brauchst ihr auch nicht zu trauen. Aber im Moment handelt sie in eigenem Interesse.«
»Halt einfach die Klappe, okay?«, erwiderte sie, also verstummte ich. Ich sah zu, wie Deborah mit den Fingern aufs Lenkrad trommelte, die Lippen
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