Dexter
seine Freunde die Fahrgeschäfte an.«
»Warum vermuten Sie, dass er dort ist?«, fragte Deborah.
Alana zuckte die Achseln, eine elegante Geste, die eine weitere Abfuhr bedeutete. »Es ist folgerichtig«, sagte sie und klang dabei, als hoffte sie, dass Deborah den Begriff kannte. »Das Gelände ist leer, vollkommen verlassen. Er ist gern dort. Außerdem hat er die alte Hausmeisterbaracke herrichten lassen, die noch auf dem Gelände steht.« Sie lächelte. »Ich glaube, er nimmt hin und wieder ein Mädchen mit dorthin.«
Der Fahrstuhl hielt mit einem Ruck. Die Türen glitten auf, und Menschen begannen, sich hineinzudrängen.
»Begleiten Sie mich zum Wagen«, sagte Alana über die Meute hinweg. Sie schritt mitten durch das Gedränge, voller Vertrauen darauf, dass man ihr augenblicklich Platz machen würde. Was auch geschah.
Deborah und ich folgten ihr nicht ganz so mühelos. Ich spürte den Ellbogen einer stämmigen älteren Dame und musste dann die Türen von Hand aufziehen, ehe es mir gelang, die Kabine zu verlassen. Debs und Alana befanden sich bereits auf der anderen Seite der Empfangshalle und marschierten rasch auf die Tür der Parkgarage zu, weshalb ich mich beeilte, sie einzuholen.
Ich erreichte sie, als sie gerade die Parkgarage betraten, und hörte noch das Ende von Deborahs missmutiger Frage: »… soll ich Ihnen glauben?«
Alana schritt energisch in die Parkzone. »Weil Bobby alles gefährdet, wofür ich gearbeitet habe, Häschen«, antwortete sie.
»Gearbeitet?«,
wiederholte Deborah verächtlich. »Ist das nicht ein bisschen übertrieben formuliert?«
»Oh, ich versichere Ihnen, es war harte Arbeit«, sagte Alana. »Angefangen mit meiner Gesangskarriere.« Sie betonte das Wort, als wäre es der Titel eines dummen und langweiligen Buchs. »Glauben Sie mir, eine musikalische Karriere ist außerordentlich harte Arbeit, zumal, wenn man kein Talent hat, wie es bei mir der Fall ist.« Sie lächelte Debs zärtlich an. »Zum größten Teil besteht sie selbstverständlich aus dem Ficken mit äußerst unangenehmen Männern. Sie werden mir zustimmen, dass dies nicht leichtfällt.«
»Viel schwerer, als Ihren Sohn zu verraten, nehme ich an«, antwortete Debs.
»Stiefsohn, um genau zu sein«, korrigierte Alana vollkommen unbeeindruckt. Sie zuckte die Achseln und blieb neben einem leuchtend orangen Ferrari Cabriolet stehen, der vor einem Halteverbotsschild parkte. »Bobby und ich sind nie miteinander zurechtgekommen, egal, was Joe sagt. Und wie Sie so klug bemerkt haben, wird Bobby mit Hilfe von Joes Geld und Beziehungen sicherlich freikommen. Doch falls man die Situation eskalieren lässt, können wir das alles vergessen. Dann wird Bobby zu einer langen Haftstrafe verurteilt, Joe wird seine Geschäfte vernachlässigen und Konkurs machen, während er versucht, ihn herauszuboxen, und ich werde mir ein neues Leben aufbauen müssen, was mir mittlerweile etwas schwerer fallen dürfte, da ich meinen Zenit, wie ich fürchte, um ein paar Jahre überschritten habe.«
Deborah sah mich stirnrunzelnd an, und ich runzelte zurück. Was Alana sagte, klang einleuchtend, insbesondere für jemanden, der von menschlichen Gefühlen nicht beeinträchtigt wurde, wie ich früher. Die Argumentation war vernünftig, wenn auch eiskalt, teuflisch, aber folgerichtig, und sie passte zu dem, was wir über Alana wussten. Und doch – irgendetwas stimmte nicht. Ich wusste nicht, ob es daran lag, wie sie es sagte, oder an etwas anderem, aber aus irgendeinem Grund überzeugte sie mich nicht.
»Was wollen Sie tun, wenn Joe herausfindet, dass Sie mit uns geredet haben?«, fragte ich.
Sie sah mich an, und nun wusste ich, was nicht stimmte, denn in ihrem Blick erkannte ich für einen Moment etwas Dunkles mit ledrigen Schwingen, ehe die Maske eisiger Belustigung wieder an Ort und Stelle glitt. »Ich werde ihn überreden, mir zu vergeben.« Ihre Lippen krümmten sich in einem wunderbaren künstlichen Lächeln. »Aber er wird es ja nicht herausfinden, nicht wahr?« Sie wandte sich an Deborah. »Das bleibt unser kleines Geheimnis, ja?«
»Das kann ich Ihnen nicht versprechen«, wehrte Deborah ab. »Falls ich mit der Sondereinheit Buccaneer Land durchsuche, wird sich das herumsprechen.«
»Dann müssen Sie allein gehen«, sagte Alana. »Auf einen ›anonymen Hinweis‹ hin – sagt man nicht so? Sie gehen allein, ohne jemandem etwas zu verraten. Und wenn Sie mit Bobby zurückkehren, wer will dann noch wissen, wo er war?«
Deborah starrte
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