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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Vollkommen einleuchtend, so einleuchtend, dass Dexters innerer Hund anschlug und begierig jaulend zu sabbern begann, am ganzen Körper zitternd vor Verlangen, auf die Jagd nach dem Fuchs zu gehen. Der Passagier flatterte zustimmend und streckte seine Schwingen mit einem sinnlichen Schwirren, das verkündete
Ja, er ist es, heute Nacht, gemeinsam, jetzt …
    Ich spürte den Mondschein, der durch das Fenster strömte und unter meine Haut in meine Tiefen drang, die dunkle Suppe meiner Mitte rührte und diese wunderbaren Bilder an die Oberfläche steigen ließ. Und während der Duft der köchelnden Brühe in die Nachtluft aufstieg, sah ich ihn vor mir, an den Tisch gefesselt, wo er sich in demselben verschwitzten Grauen wand und krümmte, in dem er wer weiß wie viele gegart hatte, und ich sah das muntere Messer in die Höhe fahren …
    Doch dann schob sich das Bild von Lily Anne dazwischen, das Mondlicht funkelte nicht mehr, das Wispern der Klinge verklang. Der Rabe in Dexters neugeborenem Ich krächzte
Nimmermehr,
der Mond verschwand hinter der silbernen Wolke Lily Anne, das Messer glitt in die Scheide, und Dexter kehrte zurück in sein kleines Vorstadtleben, während Kukarov in die Freiheit und andauernde Verruchtheit davonjagte.
    Mein Dunkler Passagier wehrte sich selbstverständlich, und meine Ratio sang Harmonien.
Ernsthaft, Dexter,
säuselte sie ach so vernünftig.
Dürfen wir diese räuberischen Possen wirklich ohne Widerspruch dulden? Ungeheuer durch die Straßen streifen lassen, wenn es in unserer Macht liegt, sie auf endgültige und äußerst unterhaltsame Weise aufzuhalten? Dürfen wir diese Herausforderung wirklich und wahrhaftig ignorieren?
    Wieder dachte ich an das Versprechen, das ich im Krankenhaus gegeben hatte: Ich würde ein besserer Mensch sein. Nicht länger Dämon Dexter – ich war jetzt Dex-Daddy, der hingebungsvoll für das Wohl von Lily Anne und seiner jungen Familie sorgte. Zum ersten Mal schien menschliches Leben ungewöhnlich und kostbar, ungeachtet der Tatsache, dass es so viel davon gab und größtenteils stetig dabei versagte, seinen Wert unter Beweis zu stellen. Aber ich schuldete Lily Anne die Veränderung meines Wesens, und ich würde sie vollbringen.
    Ich starrte auf die Akte in meinem Schoß. Sie sang leise, verführerisch, forderte mich auf, mit ihr gemeinsam zu singen und im Mondschein wunderbare Musik zu machen – doch nein. Die große Oper meines neugeborenen Kindes übertönte sie, die Ouvertüre setzte ein, und mit fester Hand fütterte ich den Aktenvernichter mit den Seiten und ging zu Bett.
     
    Am nächsten Morgen kam ich ein wenig später als gewöhnlich zur Arbeit, da ich zuerst Cody und Astor zur Schule bringen musste. In der Vergangenheit war das Ritas Aufgabe gewesen. Jetzt war natürlich alles anders, wir befanden uns in Jahr eins der Goldenen Epoche von Lily Anne. In der nächsten Zeit würde ich die beiden älteren Kinder zur Schule bringen, zumindest, bis Lily Anne ein bisschen älter war und im Kindersitz mitfahren konnte. Das Opfer schien gering, auch wenn es bedeutete, dass ich nicht mehr mit dem ersten Vogelzwitschern zur Arbeit erschien.
    Das Opfer schien indes unwesentlich größer, als ich endlich im Büro eintraf und feststellen musste, dass ein anderer als der treu dienende Dexter Doughnuts mitgebracht hatte – die unter Zurücklassung eines verbeulten, fleckigen Pappkartons bereits verschwunden waren. Aber wer braucht Doughnuts, wenn das Leben so süß ist? Ich machte mich trotzdem an die Arbeit, ein Lächeln im Herzen und ein Lied auf den Lippen.
    Dieses eine Mal ging kein panischer Anruf ein, der mich zu einem Tatort hetzte, und in den ersten anderthalb Stunden des Tages gelang es mir, einen großen Teil des Papierkrams zu erledigen. Außerdem rief ich Rita an, vorrangig, um mich zu vergewissern, dass es Lily Anne gutging und sie nicht von Außerirdischen entführt worden war, und nachdem Rita mir mit verschlafener Stimme versichert hatte, dass alles in Ordnung sei, sagte ich, dass ich sie nachmittags besuchen würde.
    Ich bestellte einiges an Laborbedarf, schrieb ein paar Berichte und räumte praktisch mein komplettes Berufsleben auf. Obgleich mich das nicht wirklich für die Doughnuts entschädigte, war ich dennoch außerordentlich zufrieden mit mir; Dexter missfällt Unordnung.
    Um kurz vor zehn schwebte ich noch auf meiner rosaroten Wolke der Zufriedenheit, als das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelte. Ich ging hinüber, nahm mit einem

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