Dezembergeheimnis
ursprünglich stammten. Dazwischen gab es aber immer wieder einzelne Unterbrechungen dieser Ordnung, wie etwa ein Schmetterlingshaus oder ein Aquarium, welches sie am Ende des Rundgangs erwartete. Eigentlich war der Zoo nicht sonderlich groß und vielseitig, aber mit einem Kind – oder einem Kuchenmann – war man locker ein paar Stunden beschäftigt.
Gleich zu Beginn begrüßte sie das asiatische Terrain. Nach und nach bestaunten Noel und Lea Schneeleoparden, Tiger und Elefanten, wobei Noel bei jedem Tier etwas schwieriger weiter zu bewegen war. Ungläubig besah er sich ihre Färbungen und Eigenheiten und las sich jede einzelne Informationstafel durch.
»Hast du das alles schon mal gesehen?«, fragte er ehrfürchtig, als sie die Pfleger dabei beobachteten, wie sie die riesigen Elefanten fütterten. Das Affenhaus folgte und damit für Lea eine volle Stunde, in der sie Noel dabei beobachtete, wie er anbetungswürdig versuchte, mit einem Kapuzineräffchen zu kommunizieren. Er ahmte die Bewegungen des Tieres nach und schnitt ihm Grimassen – auf das Imitieren der Laute verzichtete er zu ihrem Glück.
Viel furchteinflößender waren jedoch die Gorillas, denen sie nur mit wenigen Metern Abstand gegenüber standen. Mit angehaltenem Atem beobachtete Lea das große, dunkle Männchen, wie es bedächtig seine Umgebung im Auge behielt, bis sich Noel zu ihr herunter beugte.
»Gorillas sind für ihr Gruppenverhalten bekannt, manchmal reisen bis zu vierzig Tiere zusammen. Sie leben fast nur auf dem Boden und bauen dort Nester aus Blättern, in denen sie schlafen. Sie ziehen jedoch immer wieder weiter, auf der Suche nach Futter. Es gibt meist nur ein Männchen und alle folgen ihm. Sie verfügen über eine bemerkenswerte Kommunikation und–«
»Hast du das Schild gelesen?«, unterbrach sie ihn lachend.
Er grinste. »Vormittagsprogramm.«
Dann legte er ihr den Arm um die Taille, um sie weiterzuschieben. »Lass uns gehen. Der Affe schaut dich für meinen Geschmack zu direkt an.«
Verwirrt warf Lea dem Tier einen letzten Blick zu und stellte fest, dass man das mit ein bisschen Fantasie vielleicht wirklich denken konnte. Dass Noel jedoch
darauf
reagierte, war irgendwie … witzig. Schön. Herzschlagantreibend.
Die Route führte sie nach
Afrika
und damit vorbei an Giraffen, Nashörnern, Zebras und Antilopen. Ab und zu gab Noel seine Fernsehinformationen zum Besten, was Lea schmunzelnd zur Kenntnis nahm. Allein dafür, ihn dabei zu beobachten, wie er freudestrahlend in dieser weit entfernt scheinenden Welt versank, lohnte sich der ganze Ausflug. Es war schlichtweg fesselnd, sein immer wieder wechselndes Mienenspiel zu beobachten.
Wie sie feststellte, gab es dabei jedoch eine sich immer wiederholende Ausnahme: Wenn sein Blick auf sie fiel. Jedes Mal lächelte er sie dann derart liebevoll an, dass ihr ganz warm wurde. Lea genoss diese Augenblicke mehr, als sie wollte und vorher jemals zugelassen hätte.
Nach
Afrika
folgte direkt die
Antarktis
. Vor dem Gehege der Pinguine standen sie mindestens zwanzig Minuten. Schweigend.
Noel betrachtete die pummeligen Tiere eingängig: Wie sie über das Eis watschelten, in ihr Planschbecken sprangen und dort die verrücktesten Haken schlugen. Lea hatte sie noch nie so quirlig und aufgedreht erlebt. Sie für ihren Teil sprach ebenfalls kein Wort, aber eher weil sie die Atmosphäre – oder was immer da in der Luft lag – nicht zerstören wollte.
Schließlich drehte er sich lächelnd zu ihr um und bedeutete ihr, mit ihm weiter zu gehen. »Ich glaube, ich habe mein Lieblingstier gefunden.«
»Lass mich raten … «
»Ja, die Pinguine waren toll! So aufgedreht und neugierig … wenn sie nicht so viel Zeit im Wasser verbringen würden, würde ich mich glatt bei ihnen einreihen … «
»Wirklich, bei den Pinguinen?« Lea verzog den Mund. »Für mich bist du irgendwie mehr wie ein … Panther. Oder eine andere große Raubkatze.«
»Ich bin eine Raubkatze?« Er hob schmunzelnd eine Augenbraue.
»Na ja, du weißt schon … bezogen auf die Eleganz, die Perfektion.« Die Worte klangen beschämend dumm und naiv aus ihrem Mund. Doch Noel musterte sie nur kurz mit einem Ausdruck in den Augen, der nicht vermuten ließ, dass er ebenso dachte.
Ohne einen weiteren Satz darüber zu verlieren, betraten sie das Schmetterlingshaus. Lea persönlich liebte Schmetterlinge. Sie waren leicht, filigran, farbenfroh und wunderschön. Außerdem trugen ihre Flügel sie überall hin, wohin es sie
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