Dezembergeheimnis
haben wir dabei sogar auch gefunden, ich muss nur die Hose ein bisschen umnähen.«
»Also geht das in Ordnung? Dass er mitkommt?« Lea wollte eigentlich etwas anderes fragen, aber etwas anderes fiel ihr nach diesem unerwarteten Informationsansturm nicht ein.
»Aber natürlich. Mach dir keine Gedanken um Pauls Kollegen, das kläre ich.« Grinsend schlüpfte sie in ihre Jacke. »Also, wir sehen uns dann morgen!«
Bevor sie noch etwas erwidern konnte, war Sally bereits aus der Tür. Einen Moment starrte Lea noch in die leere Luft, ehe sie die Stirn runzelte, die Augen verengte und sich zurück zu Noel drehte.
»Was ist da gerade passiert?«
»Was meinst du?«, fragte er scheinheilig.
»Sally ist so schnell verschwunden, als hätte ihre Hose Feuer gefangen, und sie ist plötzlich so … begeistert von dir.«
»Ist das etwas Schlechtes?« Besorgt musterte er sie, während sie sich neben ihm auf dem Sofa niederließ.
»Nein, auf keinen Fall. Es kam nur so unerwartet. Hast du etwas Bestimmtes zu ihr gesagt?«
»Na ja, wir haben geredet. Während ich all diese Sachen angezogen habe«, erklärte er zögerlich.
»Worüber geredet?«
»Mich, dich … uns.«
»Aha«, sagte sie nur. Sie wusste nicht, ob sie die Details wirklich wissen wollte. Aber ja, eigentlich wollte sie.
»Also ist deine Freundin von mir überzeugt? Akzeptiert sie mich?«, hakte Noel seinerseits nach.
»Ähm, ja. Scheint ganz so.«
»Das ist gut.« Er lächelte. Lea zog die Knie an, bettete den Kopf auf den Armen und zog die Stirn in noch tiefere Falten.
»Wieso willst du, dass Sally dich akzeptiert?«
»Ich hab da neulich was im Fernsehen gesehen … «, begann er, ehe er sich kurz räusperte und mit der Hand durch die Haare strich. »Da wurde gesagt, dass ein Geliebter bei den Freunden und Eltern angenommen werden müsse, damit die Beziehung funktioniere.«
Geliebter. Beziehung.
Lea sagte erst mal gar nichts. Stattdessen bemühte sie sich, sich nicht an ihrer eigenen Spucke zu verschlucken.
»Ich würde gerne mit zu deiner Mutter zum Essen kommen«, fügte er hinzu und das brachte Lea dann doch dazu, ihn anzusehen. Seine Augendurchbohrten ihre, aber mit einer solchen Intensität, dass sie den Blickkontakt beinahe wieder bereute.
»Okay.«
Um ihre geistige Zurechnungsfähigkeit war es offensichtlich vollkommen geschehen. Einen kurzen Moment sagte keiner von ihnen ein Wort. Sie war sich sicher, dass er darauf wartete, dass sie noch ausschweifender auf seine Bitte reagierte, doch ihr wollte partout nichts einfallen. Sie konnte ihn nur anstarren und entfernt in Gedanken das Bild von ihm am Tisch ihrer Mutter sehen. Nur am Rande nahm sie wahr, wie sie einander immer näher rückten, bis Noel erneut zu sprechen begann.
»Werde ich dein Geliebter werden, Lea?«, flüsterte er sanft.
»Was?« Ihr Kopf schoss zurück, ihr Herz trommelte ihr bis in den Hals und sie starrte ihn mit großen Augen an. Er zuckte ebenfalls sofort in die Senkrechte.
»Ich, ich … «, stotterte sie.
»Tut mir leid! Vergiss, was ich gesagt habe, dafür ist es noch zu früh, ich weiß! Lass uns das Thema wechseln …
Wer wird Millionär
hat schon angefangen!«, ratterte Noel in rasanter Geschwindigkeit herunter.
»Okay«, sagte Lea erneut. Sie betrachtete ihn, wie er den Fernseher einschaltete, und konnte von seiner Mimik eindeutig ablesen, wie peinlich ihm die Situation war. Sie für ihren Teil war einfach komplett überfordert. Was hätte sie auf diese Frage antworten sollen?
Etwa eine Stunde verfolgten sie die Quizshow, danach saßen sie schweigend vor einer ausführlichen Tierdoku, doch Lea hätte schwören können, dass nicht eine Frage oder auch nur ein Fakt wirklich ihre Aufmerksamkeit erreichte. Als sie schließlich aufstand, um ins Bett zu gehen, wurde die Luft dick vor Anspannung, bis das Licht endlich gelöscht war.
»Lea?«, fragte Noel wie immer in die Dunkelheit hinein, bevor sie den Raum verließ.
»Ja?«
»Ich glaube,
meine
Lieblingsfarbe ist Grün.«
»Oh«, machte sie in Ermangelung anderer geistiger Ergüsse. Sie hielt einen Augenblick inne, ehe sie zurückfragte. »Noel?«
»Ja?«
»Vielleicht. Ich hoffe es.«
Kapitel 8
Mit offenen Augen lag Lea auf dem Rücken in ihrem Bett und starrte an die Decke. Sie konnte nicht mehr genau sagen, seit wann sie nicht mehr hatte schlafen können, aber sie war bereits eine ganze Weile wach. Ihre Gedanken kreisten um vielerlei kleinere Sachen. Allen voran um Sally, deren Untersuchungen
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