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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Richter
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so weit, dass sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Er sah sie an und das Licht der Straßenlaternen glänzte in seinen Augen, während es ansonsten dunkle Schatten über die gesamte Wohnung legte.
    »Was meinst du«, fragte er. »Lieber Sonnenauf- oder -untergang ?«
    Damit war das ernste Gespräch vorüber und sie fanden den Weg zurück zu Wähl-oder-Stirb. Sie lachten und alberten herum und obwohl Noel sie nicht eine Sekunde losließ, fühlte sie keinen Druck, irgendwelche weiteren Erwartungen erfüllen zu müssen. Im Gegenteil, sie konnte seine Nähe einfach genießen und sie hätte nie erwartet, wie sehr sie sie genießen könnte. Seine Arme waren kräftig – viel muskulöser, als sie sie in Erinnerung gehabt hatte – und umfingen sie wie ein Schutzwall. Auch erst an diesem Abend fiel ihr auf, wie tief seine Stimme eigentlich war und wie befreiend sein Lachen klang. Generell schien es so, als ob sie bisher einen Schleier über den Augen getragen hätte, der nun behutsam Stück für Stück gelüftet wurde. Noch nie hatte Noel so stark und   … männlich auf sie gewirkt. Noch nie hatte sie sich so beschützt und geborgen gefühlt – jemals.
    Es fühlte sich gut an; wie aufatmen.
    Gegen elf Uhr kam die kleine Party jedoch zu ihrem Ende, da Lea schlichtweg erneut einzuschlafen drohte. Nur widerwillig löste sie sich von ihm und blieb nur zu gerne im Türrahmen stehen, als er sie von seinem Bett aus zurückrief.
    »Wenn du drei Wünsche frei hättest   … was würdest du dir wünschen?«
    »Oh.« Sie legte die Stirn in Falten. Mit einer solchen Frage hatte sie nicht gerechnet. »So spontan weiß ich das gar nicht. Du?«
    Er lachte; wieder dieses schöne, tiefe Lachen, das ihr eine Gänsehaut auf den Armen verschaffte. »Das ist leicht. Ich brauche sogar nur einen Wunsch.«
    »Nämlich?«
    »Ich möchte ein Mensch sein.«
    »Oh.« Lea wandte sich ihm vollständig zu. Noel drehte sich auf die Seite und stützte den Kopf auf, damit er sie besser ansehen konnte – oder das, was man durch den dunklen Raum erkennen konnte.
    »Ich möchte essen, was du kochst, mit dir schwimmen gehen, im Sommer schwitzen und einfach alles machen, was du machen kannst. Ich will niemand mehr sein, den du deinen Freunden nicht erklären kannst. Aber am wichtigsten ist, dass ich bei dir bleiben will.«
    Für ein paar Sekunden starrte sie einfach nur auf seine dunklen Umrisse. Schließlich konnte sie ihre Stimme dazu überreden, ein »Das wäre sehr schön« zu sagen. Sie blieb im Türrahmen stehen und sie sahen sich schweigend an. Der Kloß in ihrem Hals wurde immer größer und ihr Herz schlug so schnell, dass er es hundertprozentig hörte.
    »Ja, dann gute Nacht«, sagte sie nach ein paar tiefen Atemzügen. »Schlaf gut.«
    »Ja. Du auch.«
    Damit drehte sie sich um und verließ den Raum. Bevor sie in ihr Schlafzimmer trat, sah sie noch mal zurück, aber aus dem Wohnzimmer drang kein Laut mehr. Hatte sie wirklich eben noch mit dem Gedanken gespielt, sich zu Noel ins Bett zu legen? Sie musste wirklich anfangen, verrückt zu werden.
    Als sie in ihr Bett schlüpfte, starrte sie an die Decke. Die Müdigkeit schien ihren Körper von jetzt auf gleich verlassen zu haben. Die Wäsche war kalt und ganz und gar nicht so gemütlich, wie es gerade eben noch mit Noel auf dem Sofa gewesen war. Lea schüttelte heftig den Kopf, drehte sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht unter dem Kissen. Das musste aufhören!
    Sie konzentrierte ihre Gedanken auf seine letzte Frage: Wenn sie drei Wünsche hätte   … Wahrscheinlich würde sie sich wünschen, endlich dem Schreiben richtig nachzugehen und ihren Traum zu erfüllen. Und natürlich Gesundheit für ihre Eltern und Sally. Und der dritte Wunsch? Lea drehte sich um und betrachtete die Zimmertür, die in den Flur und damit zum Wohnzimmer führte. Ja, ihr dritter Wunsch hatte sich ja eigentlich schon erledigt.
    Lea lag noch mindestens eine Stunde wach, bevor sie endlich schlafen konnte. Trotzdem hörte sie nicht, wie Noel sich unter seiner Decke erneut mit schmerzverzerrtem Gesicht den Arm hielt.
    Als Lea am nächsten Morgen aufwachte und Noel in seinem Bett liegen sah, wollte sie es kaum glauben, aber sie wurde nervös. Was, wenn die Atmosphäre zwischen Noel und ihr nach dem letzten Abend angespannt wäre? Was, wenn sie ab jetzt allein bei seinem Anblick rot wie eine Tomate werden würde und immer neue, noch maskulinere Seiten an ihm entdeckte? Plötzlich verstand sie nicht mehr, wie sie bisher so sorglos

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