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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Richter
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Freunde?«
    Ihre Mundwinkel sackten nach unten. Hätte sich der Moment, in dem sie ihm ihre sozialen Defizite offenbaren musste, nicht noch etwas verschieben lassen können?
    »Ich schätze   … ich bin einfach nicht sonderlich gut darin, Kontakte zu knüpfen.«
    »Aber warum denn? Und du hast doch auch jetzt Freunde?«
    »Ja, zwei. Das ist unter normalen Umständen nicht unbedingt eine Höchstleistung.«
    »Was sind denn normale Umstände?«
    »Keine Ahnung.« Sie zog die Knie an. »Wenn du laute Musik magst oder nachts bis in die Puppen tanzen gehst, rauchst und trinkst und dein Leben genießt. Offensichtlich kann man das nicht, wenn man einfach nur ein Buch liest oder gern drinnen ist. Immer wenn ich versucht habe, mit den Leuten von meiner Schule oder meiner Uni zu reden, wusste ich einfach nicht, was ich sagen sollte. Es gab auch schlicht nichts zu sagen. Sie haben sich nicht für mich interessiert.«
    »Und du dich auch nicht für sie?«
    Lea schluckte. »Es war einfach schwer, in Kontakt zu kommen. Es war oft alles so aufgesetzt und gezwungen und dann immer so viel Körperkontakt   … «
    »Zu viel Körperkontakt?«
    »Ja, ich weiß dann immer nicht, was ich tun soll   … « Mit jedem Wort versuchte sie mehr, ihren Mund in der Bewegung stoppen zu lassen, wahlweise sich auf die Zunge zu beißen, bis sie den Satz einfach in der Luft hängen ließ.
    »Aber bei mir ist es okay?«
    »Ja, schon   … « Am liebsten hätte sie sich unter der Decke verkrochen. Warum musste er denn plötzlich so schwierige Fragen stellen? In Ermangelung einer akzeptablen Antwort tastete sie nach seiner Hand. Er reagierte sofort und nahm ihre in seine – nur um sie zu sich zu ziehen, bis sie nicht mehr in der Ecke saß, sondern der Länge nach neben ihm lag.
    »Was   …?«, japste sie, doch er schlang seine Arme um sie und drückte sie an sich. Doch so schnell gab ihr Körper nicht auf, sondern gab stattdessen seine überzeugendste Leitplankenimitation zum Besten. Noel legte ihr die Hand auf die Wange, sodass er mit dem Daumen darüber streichen konnte.
    »Ich will nur, dass du weißt, dass du nicht mehr alleine bist.«
    Wusch, da ging der Wind aus ihren Segeln und mit ihm die Anspannung, bis ihr Körper gegen ihn sackte und ihr Kopf auf seiner Brust lag. Noel war warm, roch gut und bot den perfekten Halt. Natürlich hätte sie auch tausend Fragen stellen können, aber irgendwie waren sie plötzlich auch gar nicht mehr so wichtig. Stattdessen lauschte sie ihrer beiden Atem und nahm das Gefühl in sich auf, wie sich seine Brust in regelmäßigen Abständen gegen ihre drückte. Er begann, kleine Kreise über ihre rechte Schulter und den Rücken zu ziehen und für ein paar Sekunden genoss sie einfach dieses Gefühl in ihrem Bauch, ehe sie sich sogar noch ein wenig enger an ihn schmiegte. Es war absurd, wie bequem sie aneinander passten; sie lag nicht mal unangenehm auf der Seite und auch der Arm schlief ihr nicht ein.
    »Weißt du«, flüsterte sie irgendwann ganz leise. Sie spürte seinen Atem im Haar und wusste, dass es keinen besseren Moment gab, um die ganze Wahrheit zu erzählen. »Ich habe nicht immer in der Bibliothek gearbeitet. Früher bin ich bei einem großen Verlag gewesen.« Noel gab ein kleines »Hm« von sich, um ihr zu bedeuten, dass er ihr zuhörte. »Ich habe Manuskripte geprüft und mit den Autoren geschrieben   … manchmal sogar einwenig Druckorganisation gemacht.«
    Lea verstummte.
    »Was ist passiert?«
    »Ich   … ich habe meiner Chefin meine Geschichten gezeigt.«
    »Und?«
    Sie schluckte und ihre Stimme wurde immer leiser, sodass sie schon annahm, dass er sie wahrscheinlich kaum verstehen konnte. »Sie hat mich ausgelacht. Sie meinte, ich solle lieber bei meiner Arbeit bleiben und das Schreiben den
wirklichen Autoren
überlassen. Da habe ich gekündigt.«
    Noel antwortete nichts, aber Lea wusste trotzdem, dass er sie verstand.
    »Es ist nicht nur ein Hobby«, flüsterte sie. »Es ist mein Traum.«
    Er zog den Arm fester um sie. »Ich glaube an deinen Traum. Er ist schön.«
    Und wieder reichte ein Satz. Ein Satz, der ihr die Kehle zuschnürte, sie die Augen zukneifen und sich an ihn drücken ließ. Obwohl sie diese Erinnerung üblicherweise in ein Loch aus Mutlosigkeit schubste, weinte sie heute nicht. Noel war da und er hielt sie fest. Also klammerte Lea sich an ihn, bis das unangenehme Pochen in ihrer Brust immer mehr nachließ.
    Schließlich drückte sie sich wieder ein wenig von ihm ab, aber nur

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