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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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alle, bleibt, so gut es geht, hier im Hotel. Zwar glaube ich nicht, dass Ruppert sich noch im Land aufhält, aber ich will nichts riskieren.« Thomas Simmern seufzte, denn ihm lag die Sache mit Natis Vetter immer noch schwer auf der Seele. Auch deswegen hätte er die Heimreise lieber sofort angetreten. Doch er weilte nun einmal als Beauftragter des NDL in England und durfte seine Pflichten nicht versäumen.
    Lore und Konrad versprachen, sich an seine Anordnungen zu halten. Das regnerische Winterwetter lud ohnehin nicht dazu ein, sich im Freien aufzuhalten, und Naschereien konnte ihnen ein Hotelpage besorgen.

VII.
     
    Obwohl Lore sich Mühe gab, Nati zu unterhalten, wurden die Tage nach Marys und Prudence’ Abreise noch farbloser. Weates versuchte zwar, deren Dienste zu ersetzen, soweit er es mit seiner männlichen Würde vereinbaren konnte, und das Zimmermädchen half ebenfalls aus. Doch Nati kränkelte und wollte nur von Lore bedient und umsorgt werden, und das möglichst vierundzwanzig Stunden am Tag. Dazu machte Lore sich Sorgen um Onkel Thomas. Er wirkte nicht so, als verliefen seine Verhandlungen sehr erfolgreich, und deswegen erwies auch er sich nicht als unterhaltsamer Gesprächspartner. Konrad tat seine Arbeit schweigsam und in sich gekehrt, weil er sich heftige Vorwürfe machte, dass er Mary wie ein hilfloses Wesen behandelt hatte, statt ihr zu helfen, ihre Unabhängigkeit zu beweisen, was sie wohl in die Flucht getrieben hatte. Der einzige Lichtblick für Lore war die Tatsache, dass Fridolin endlich in Southampton aufgetaucht war und Onkel Thomas mit ihm gesprochen hatte.
    Als sie schon glaubte, die Trübsinnigkeit dieses Aufenthalts nicht mehr ertragen zu können, kehrte Thomas Simmern früher als gewöhnlich ins Hotel zurück. Er ließ sich von Konrad aus seinem nassen Mantel helfen und trank einen Schluck Limonade aus dem Glas, das der Hotelpage gerade für Lore gebracht hatte.
    »Bitte entschuldige, aber ich habe Durst«, sagte er mit einem um Verständnis bittenden Lächeln.
    Lores Herz klopfte bis zum Hals. »Ich freue mich doch, wenn ich dir irgendwie helfen kann!«
    Konrad bemerkte jetzt das erste Mal den Blick, den das Mädchen seinem Herrn zuwarf, und zog ein Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen. Offensichtlich hatte Lore sich in Thomas Simmern verliebt. Probleme dieser Art hatten ihnen gerade noch gefehlt. Ichwerde ihr den Kopf zurechtsetzen müssen, so wie sie es mit mir getan hat, dachte er, schob den Gedanken aber beiseite, als sein Herr weitersprach.
    »Die Verhandlungen sind so weit gediehen, dass ich den Rest unserem Residenten in London überlassen kann. Daher werden wir übermorgen die Heimreise antreten. Allerdings fahren wir nicht von hier aus und auch nicht mit einem NDL-Dampfer.«
    Etwas in seiner Stimme hinderte Lore daran, in Jubel auszubrechen, denn Onkel Thomas sah sehr ernst, ja beinahe enttäuscht aus, als er weitersprach. »Wir haben herausgefunden, dass einer der Angestellten des NDL in London Spielschulden hatte und deswegen erpresst wurde. So etwas kommt leider ab und an vor. Nur hat man die Schuldscheine des Mannes zufällig in der Hand eines illegalen Geldverleihers gefunden, dem die Polizei unter anderem Verbindungen zu einer Schmuggler- und Waffenschieberbande nachweisen konnte, die von einem Horris Blandon geführt wurde.«
    »Horris Blandon? Aber das war einer der Männer, von denen Ruppert gesprochen hat«, platzte Lore heraus.
    »Und einer derer, die er umgebracht hat. Also hat es mit Blandon keinen Falschen getroffen. Da Ruppert unzweifelhaft mit einigen von Blandons früheren Kumpanen in Kontakt steht, möchte ich nicht wie geplant auf den Kontinent zurückkehren. Aus diesem Grund werden wir England auf einem englischen Frachtschiff verlassen, und zwar von Dover aus. Ich habe die Passage sicherheitshalber bei einem kleinen, unbekannten englischen Schiffsagenten gekauft!«
    »Dover? O nein! Heilige Muttergottes, hilf!« Lore stolperte vor Aufregung und fiel Konrad, der hinzusprang, direkt in die Arme.
    Onkel Thomas lachte, aber es klang unecht. »Gut, dass Mary nicht sieht, wie innig du unsere Lore an dich drückst!«
    Konrad lächelte etwas gezwungen und stellte Lore auf die Füße.Sie aber ging wie eine Furie auf Thomas Simmern los. »Das ist nicht zum Lachen! Ruppert wollte in Dover sein neues Hauptquartier aufschlagen! Von da aus geht es doch nach Le Havre, oder nicht?«
    Onkel Thomas wurde schlagartig ernst. »Von dort kann man zu mehreren französischen

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