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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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guter Lage einrichten zu können. Doch wie Mary schon gesagt hatte, konnten sie auch bescheidener anfangen und das so gesparte Geld für Marys Gesundheit ausgeben. Konnte Mary sich erst einmal auf den Beinen halten, stand einer Heirat mit Konrad nichts mehr im Weg. Nicht zuletzt aus dieser Überlegung heraus belastete der Trennungsschmerz Lore nicht allzu sehr.
    Auch Mary begriff, dass ihre Freundin nicht ganz aus ihrem Leben verschwinden würde, und nickte eifrig. »Ja, schreib mir! Ich werde sofort antworten, sobald ich deine Adresse weiß.«
    »Die kann ich dir aufschreiben, Mary, denn Lore wird mit Nati zusammen im Palais Retzmann in Bremen leben. Zwar würde ich die beiden lieber in meinen Haushalt aufnehmen, doch ich kann Natis Großtante Ermingarde nicht völlig übergehen. Die Dame wird überaus enttäuscht sein, weil Graf Retzmann mich zum Vormund und Sachwalter seiner Enkelin gemacht hat, und nicht ihren Sohn!« Noch während er es sagte, trat Thomas Simmern an den Tisch, nahm einen Stift und schrieb die Adresse auf die Rückseite einer Visitenkarte.
    »Hier, Mary! Und schreib recht oft! Lore wird sich darüber freuen, und Nati kann mit Hilfe deiner Briefe ihr Englisch verbessern.«
    »Ich kann sehr gut Englisch«, verteidigte sich die Kleine.
    »Sprechen ja! Und das beinahe zu gut. Aber mit dem Lesen und Schreiben hapert es noch ein wenig.« Onkel Thomas strich ihr mit einer zärtlichen Geste über den Kopf und begleitete dann Mary und Prudence nach draußen. In der Tür drehte er sich noch einmal um.
    »Was ist los mit dir, Konrad? Willst du den beiden Damen nicht die Koffer tragen?«
    Es wirkte beinahe lächerlich, wie der Diener losstürmte, um dem Befehl seines Herrn Folge zu leisten. Lore aber hatte die Verzweiflung in Konrads Augen bemerkt und war sicher, dass sich ihre Hoffnungen bezüglich Mary und ihm doch noch erfüllen würden.

VI.
     
    Nach allem, was sie beobachtet hatte, wunderte Lore sich nicht darüber, dass Konrad noch am gleichen Abend von ihr wissen wollte, was Mary zu ihr gesagt habe. »Ich meine, über mich?«, setzte er unglücklich hinzu.
    »Kein Wort«, antwortete Lore und sah, wie seine Schultern herabsanken. »Aber ihre Blicke haben mir genug verraten. Sie hat sehr viel für dich übrig und weiß auch, dass du sie magst …«
    »Aber warum ist sie dann fortgegangen?«, unterbrach Konrad sie.
    »Gerade deshalb! Sie glaubt nicht, dass du sie genug liebst, um auf Dauer über ihre Krücken hinwegsehen zu können.«
    Konrad starrte Lore verdattert an. »Aber mir macht das nichts aus! Ich mag sie so, wie sie ist.«
    »Wenn du willst, werde ich ihr das schreiben. Aber du darfst sie niemals enttäuschen, verstehst du? Ich will nicht, dass sie deinetwegen traurig ist.«
    »Ich kenne Konrad gut genug, um zu wissen, dass er zu seinem Wort stehen wird«, sagte Thomas Simmern, der gerade ins Zimmer trat. »Bis jetzt hat er sich nur wenig aus Frauen gemacht. Mary ist meines Wissens die Erste, die ihm wirklich gefallen hat. Es würde mich freuen, wenn die beiden zusammenfinden. Schreib Mary und frage sie, ob sie nicht doch kommen will. Ich werde ihr dann umgehend das Reisegeld schicken.«
    »Das ist nicht nötig, Käpt’n«, wandte Konrad ein.
    Simmern klopfte ihm auf die Schulter. »Lass mich nur machen. Außerdem ist ja gar nicht sicher, ob Mary so ein Rauhbein wie dich überhaupt haben will.«
    Simmern wirkte auf Lore etwas munterer als noch am Vormittag. Allerdings brachte er eine Nachricht mit, die nicht gerade nach ihrem Sinn war.
    »Ich werde leider noch ein, zwei Wochen hier in Southampton bleiben müssen. Die englischen Behörden machen uns Schwierigkeiten mit der neuen Anlegestelle. Auch aus diesem Grund ist es schade, dass Mary und ihre Schwester uns verlassen haben. Ich fürchte, jetzt wirst du dich allein um Nati kümmern müssen, Lore.«
    »Ich helfe ihr dabei. Schließlich kann ich nicht einfach hier herumsitzen, während Sie auf wichtigen Sitzungen sind«, versprach Konrad sofort.
    »Danke!« Lore lächelte dem Diener zu, während Onkel Thomas sich ein Glas Cognac einschenkte und es dann langsam und mit Genuss trank.
    »Habt ihr denn schon etwas von Herrn von Trettin gehört?«, fragte er dann.
    Sowohl Lore wie auch Konrad schüttelten den Kopf. »Nicht das Geringste«, antwortete Lore. »Ich hoffe, er ist bei dem Unwetter nicht krank geworden.«
    »Das hoffe ich auch, vor allem, weil wir kaum die Möglichkeiten haben, ihn ausfindig zu machen. Aber jetzt zu euch: Ich bitte euch

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