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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Hafenstädten fahren. Aber die Ozeandampfer legen in der Regel in Le Havre an. Das ist der größte französische Überseehafen gegenüber der englischen Küste. Das Schiff, auf dem ich unsere Passagen gebucht habe, geht auch nach Le Havre. Aber bist du dir sicher, dass Ruppert nach Dover wollte?«
    »Ja! Absolut! Ich habe mich in dem Augenblick daran erinnert, als du Dover erwähnt hast. Als du bei Rupperts Leuten warst, um Nati herauszuholen, haben diese gerade die Kutsche beladen, um dorthin zu fahren. Von dort aus wollte Ruppert seine dunklen Geschäfte weiterführen, weil es, wie er sagte, in London zu viele Schnüffer gebe. Aus diesem Grund sollten Nati und ich noch vor der nächsten Nacht sterben. Bitte, Onkel Thomas! Ich möchte nicht nach Dover. Ich habe Angst!«
    Thomas setzte sich in einen Sessel und ließ sich von Konrad einen Cognac reichen. Er bot auch Lore einen an, aber sie lehnte vehement ab. Für ein paar Augenblicke herrschte Schweigen. Konrad packte Nati, die von den lauten Stimmen aus ihrem Mittagsschlaf gerissen worden war und nun im Nachthemd und mit bloßen Füßen hereinspaziert kam, drückte sie Weates in die Arme und schloss die Tür hinter ihnen.
    Schließlich schüttelte Onkel Thomas den Kopf. »Es geht nicht anders. Wir müssen am Siebzehnten fahren, denn ich werde Ende des Monats in Bremen erwartet. Dort stehen wichtige Entscheidungen an. Du hast der Korrespondenz doch entnehmen können, dass der NDL im Dezember noch ein Schiff verloren hat, nämlich die
Mosel
. Sie wurde durch eine Bombe mit Zeitzünder im Hafenzerstört. Offensichtlich sollte das Schiff erst auf hoher See explodieren, und es steht jetzt einwandfrei fest, dass ein Amerikaner namens William Thomas auf diese Weise Versicherungsbetrug begehen wollte. Nachdem die Bombe bereits im Hafen hochgegangen war, hat er sich erschossen.
    Für uns ist die Situation fatal. Die
Mosel
war einer unserer ganz neuen Dampfer, und nach ihrem Verlust und dem der
Deutschland
benötigen wir dringend Ersatz, um den Liniendienst nach Amerika störungsfrei aufrechterhalten zu können.
    Wenn du partout nicht über Dover fahren willst, gibt es einen anderen Weg, den wir nehmen können. Der NDL-Dampfer
Feldmarschall Moltke
legt vier Tage später von New York kommend hier in Southampton an und fährt direkt nach Bremerhaven weiter. Aber das wird Ruppert von uns erwarten. Um ihn zu täuschen, habe ich bereits eine Passage erster Kajüte, oberer Salon, auf diesem Schiff reservieren lassen. Deshalb ist es meines Erachtens besser, wir nehmen die
Strathclyde
von Dover nach Le Havre. Ich habe die Überfahrt auf Konrads Namen gebucht, und darauf wird Ruppert wohl kaum kommen.«
    Lore senkte den Kopf und blickte auf ihre ineinander verkrampften Finger. »Das wird er wahrscheinlich nicht. Aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gefühl dabei.«
    »Das brauchst du nicht. Ich glaube, Dover wird ein sehr sicherer Ort für unsere EinSchiffung sein. Sobald ich deine Information über Rupperts Pläne weitergereicht habe, wird das Hafengebiet von Dover von Polizisten wimmeln, und Ruppert dürfte sich dort weder bei Tag noch bei Nacht sehen lassen können. Sicherheitshalber werden wir erst morgen früh von hier abreisen. Wenn wir nicht in Dover übernachten, sondern dort direkt zur Wartehalle der englischen Reederei fahren, können Rupperts Informanten ihm nichts weitertragen. Die
Strathclyde
ist ein alter und leider recht unbequemer Frachter, der nur zehn oder zwölf einfacheKabinen für Passagiere besitzt. Der Schiffsmakler hat mir aber versichert, dass eine Stewardess mitfährt und sich um die Damen kümmern wird. Außerdem ist es nur eine Tagesfahrt für uns. Ich sehe da keine Probleme. Du doch sicher auch nicht mehr, Lore. Oder?«
    Gegen ihre Überzeugung schüttelte Lore den Kopf und schenkte Onkel Thomas ein scheues Lächeln.
    »Dann ist es ja gut«, antwortete dieser sichtlich zufrieden mit seinen Planungen. »Ich werde Konrad gleich zu Fridolin schicken, damit er sich auf den Weg machen kann. Kümmere du dich bitte um Nati, bevor sie wieder nach dir schreit. Du darfst sie von mir aus mit ins Büro nehmen, aber pass auf, dass sie nicht wieder die Truhe mit meinen Unterlagen ausräumt, nur weil sie meint, sie hätte eine Maus darin gehört!«
    »Keine Sorge!«, antwortete Lore, wobei sie versuchte, ihrer zittrigen Stimme einen festen Klang zu geben. »Ich passe schon auf, dass Nati nichts anstellt. Sie will ja nur helfen und hat eben ihre eigenen Vorstellungen

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