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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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jedoch, maulend und noch fauler als früher. Weil sie sich davon die eine oder andere Münze versprach, machte sie Fridolin schöne Augen und zeigte ihm unmissverständlich, dass sie nichts dagegen einzuwenden hätte, ihn auf einem Spaziergang in einen stillen Winkel des Waldes zu begleiten.
    Fridolin war jedoch durch die dankbare Bordellbesitzerin in Berlin und deren Mädchen ausreichend belohnt worden und zeigte daher nicht nur wegen seiner leeren Börse kein Interesse an dem Landtrampel.
    Am frühen Morgen seines Abreisetages nahm er ein frugales Frühstück aus Rübenkaffee, Schwarzbrot und Quittengelee zu sich und trat dann in das Zimmer des alten Herrn, um sich von ihm zu verabschieden.
    Wolfhard von Trettin musterte seinen Neffen mit einem gewissen Stolz und bedauerte es, dass seine Lebensumstände es ihm nicht ermöglichten, mehr für den jungen Mann zu tun. Um Ottokar von Gut Trettin zu verjagen, hatte er sogar Lores Heirat mit Fridolin ins Auge gefasst. Das Mädchen würde im April des nächsten Jahres sechzehn und damit heiratsmündig werden. Doch obwohl die Erbregeln derer zu Trettin teilweise recht eigenartige Klauseln enthielten, so erlaubten sie es einem Majoratsherrn nicht, dennächsten Erben durch die Heirat einer Enkelin mit einem nachrangigen Verwandten zu übergehen.
    Ungern ließ er seinen Neffen ziehen. Entsprechend schlechtgelaunt blaffte er ihn an. »Und? Wirst du auch Ottokar aufsuchen?«
    Fridolin schüttelte lachend den Kopf. »Sicher nicht, Oheim. Malwine würde mich nicht einmal über die Schwelle lassen, denn sie hält mich für einen Sohn des Satans und hat Angst, ich könnte ihre Kinder und womöglich auch noch meinen langweiligen Vetter mit meiner Verderbtheit anstecken.«
    Die Antwort war so richtig nach Wolfhard von Trettins Sinn. Seine griesgrämige Miene hellte sich auf, und er klopfte Fridolin auf die Schulter. »Du hast recht, Trettin zu meiden. Es ist kein Ort mehr für einen lebensfrohen Burschen wie dich. Aber nun will ich dich nicht länger aufhalten. Der Weg ins Dorf ist weit, und du darfst die Bauern nicht versäumen, die ihr Gemüse nach Heiligenbeil bringen. Sonst musst du zu Fuß zum Bahnhof gehen.«
    »Das werde ich zu verhindern wissen«, antwortete Fridolin fröhlich. Er reichte dem alten Herrn die Hand, der sie unerwartet fest drückte.
    »Wer weiß, ob wir uns noch einmal wiedersehen, Fridolin. Vergiss nicht den Auftrag, den ich dir gegeben habe. Denn sollte ich wirklich eine Beute des hiesigen Pastors werden, werde ich dich noch aus der Hölle verfluchen.«
    »Es ist Euch also ernst mit dem Glaubenswechsel?«
    Der Alte nickte grimmig. »So ernst wie selten zuvor in meinem Leben! Es ist vielleicht der letzte Streich, den ich Ottokar spielen kann. Doch nun Gott befohlen!«
    »Auf Wiedersehen, Onkel.« Fridolin verließ das Zimmer, in dem er an diesem Tag die Nähe des Todes gespürt zu haben glaubte, verabschiedete sich dann herzlich von Lore und wanderte Richtung Dorf.
    Lore blickte ihrem Verwandten noch lange nach und haderte mitGott, weil dieser Ottokar zum Erben ihres Großvaters gemacht hatte und nicht den fröhlichen, liebenswerten Fridolin. Sie hatte jedoch nicht lange Zeit, darüber nachzudenken, denn in dem Augenblick scholl die Stimme ihres Großvaters laut und ärgerlich zum offenen Fenster heraus.
    »Lore, wo bleibst du? Das Kissen drückt.«
    Sie eilte ins Schlafzimmer und schüttelte das Kissen zurecht. Plötzlich fasste der alte Mann ihr Handgelenk. »Wollte heute nicht Doktor Mütze kommen? Es ist doch Donnerstag.«
    Lore wiegte den Kopf. »Gewiss ist heute Donnerstag, Herr Großvater. Doch heute kann Doktor Mütze nicht kommen. Er sagte doch letztens, er würde seine Praxis diese Woche schließen und seinen Sohn in Berlin besuchen.«
    »Jetzt erinnere ich mich. Nach Berlin ist er also. Das ist eine Stadt, sage ich dir, so voller Elan und Leben. Wie gerne wäre ich jetzt dort.« Wolfhard von Trettin brach ab und dachte an den Auftrag, den er seinem Freund erteilt hatte. Auch wenn er nicht, wie sein Neffe Ottokar und dessen Frau annahmen, den größten Teil seines Vermögens beiseitegeschafft hatte, so besaß er doch ein hübsches Sümmchen, das einmal seiner Tochter hätte zugutekommen sollen und das nun für Lore bestimmt war. Doch tief in seinem Innern spürte der Alte, dass der Himmel ihm nicht genug Zeit lassen würde, dem Mädchen eine lebenswerte Zukunft zu verschaffen.
    Ein anderer Ruf, der draußen vor dem Haus erscholl, jagte Lore wieder

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