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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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noch der Weg ins Bordell.
    »Nein, Frau Klampt! Bitte, tun Sie das nicht«, rief sie verzweifelt.
    »Ich will doch gar kein Geld, oder höchstens ein bisschen als Belohnung, wenn Sie mit mir zufrieden sind.«
    Ermingarde begriff, dass sie Elsie ein wenig füttern musste, um sie zum Reden zu bringen, und wenn es vorerst nur mit Versprechungen war. »Also gut, ich werde darüber nachdenken«, sagte sie daher und winkte ihrem Sohn, einen Stuhl heranzubringen.
    »Setz dich hierher und erzähle mir alles, was du über Simmerns Spionin weißt!«, forderte sie Elsie auf.
    Diese nahm Platz, sah dann aber zu ihrer Herrin auf und spielte ihren ersten Trumpf aus. »Lore ist tatsächlich die Enkelin des Freiherrn Wolfhard Nikolaus von Trettin.«
    »Dieses elenden Kerls, der mir ein paar Wochen den Hof gemacht und mich dann doch nicht um meine Hand gebeten hat?« Ermingarde Klampt klang so erbost, als habe sie diese Zurückweisung selbst nach vier Jahrzehnten noch nicht vergessen oder gar verziehen. Bevor sie jedoch mehr sagen konnte, wurde die Tür aufgerissen, und ihre Tochter platzte herein.
    »Mama, das musst du sofort erfahren! Dieser elende Simmern hat uns eine einfache Schneiderin als Aufpasserin ins Haus gesetzt. Ich habe gehört, wie Inge Busz zur Köchin gesagt hat, Lore werde später, wenn die Kröte Nathalia alt genug wäre, einen Modesalon aufmachen.«
    »Das ist sicher der Lohn, den Simmern ihr zahlen will, damit sie uns überwacht und aushorcht!«, rief Ermingarde Klampt empört aus.
    »Das Geld für dieses Geschäft soll sie bereits haben«, berichtete ihre Tochter.
    »Dann hat er sie im Voraus bezahlt!« Ermingarde Klampt grollte, sah dann aber, wie Elsie den Kopf schüttelte.
    »Du scheinst ja einiges zu wissen, also mach endlich den Mund auf!«
    Die Zofe äugte nach der Weinflasche und den Gläsern, die auf dem Tisch standen, denn ihr Mund fühlte sich trocken an. Gerhard bemerkte ihre Geste und schenkte ihr unter dem missbilligenden Schnauben von Mutter und Schwester ein. »Hier! Trink, und dann raus mit der Sprache!«
    Elsie nahm das Glas in die Hand und ließ den Inhalt genießerisch die Kehle hinabrinnen. Es war ein guter Tropfen aus dem Weinkeller des Palais, denn Ermingarde sah es als ihr gutes Recht an, sich an seinem Inhalt zu bedienen, wie sie auch vieles andere in diesem Haus wie ihr persönliches Eigentum behandelte.
    »Also, es ist so …«, begann die Zofe, während ihre Zuhörer immer näher kamen, um ja kein Wort zu verpassen. »Lore ist tatsächlich die Enkelin des alten Trettin. Da das Gut jedoch Majorat ist und er nur eine Tochter hatte, war der nächste Erbe sein Neffe Ottokar von Trettin. Wolfhard von Trettin wollte diesen jedoch betrügen und hat dem Gut sehr viel Geld entzogen, um es seiner Tochter zuzuschanzen. Herrn Ottokar ist zuletzt nichts anderes übriggeblieben, als seinem Onkel das Gut per Gerichtsbeschlussaus den Händen zu nehmen, sonst hätte dieser es zugunsten seiner eigenen Nachkommenschaft vollkommen ruiniert.«
    Elsie wusste genau, was ihre Herrin und deren Kinder von ihr hören wollten, und wurde durch Ermingardes zufriedenes Schnauben belohnt. Dieser schien der Verlust des Gutes die gerechte Strafe für den Mann zu sein, der sie einst verschmäht hatte. Ihre Zufriedenheit steigerte sich noch, als Elsie ihr von dem schweren Schlaganfall erzählte, der den alten Trettin auf das Krankenbett geworfen hatte. Als sie zu dem Punkt kam, wie Lores Großvater deren Flucht nach Amerika geplant hatte, um das dem Majoratserben entzogene Geld in Sicherheit zu bringen, horchte sie auf.
    »Hat Ottokar von Trettin sich das so einfach gefallen lassen?«, fragte sie.
    Heftig schüttelte Elsie den Kopf. »Natürlich nicht! Aber gegen die Heimtücke des Alten ist er nicht angekommen. Dieser hat Lore nämlich noch zu seinen Lebzeiten in aller Heimlichkeit losgeschickt. Wie Ottokar von Trettin darauf reagiert hat, weiß ich nicht, da ich Ostpreußen etwa zu der gleichen Zeit verlassen habe.«
    »Es würde mich interessieren, warum du das getan hast. Ich habe dich doch vorhin mit Lore zusammenstehen und mit ihr reden hören«, erklärte Ermingardes Tochter, die anscheinend nicht nur die Gespräche unter Dienstboten belauschte.
    Elsie wurde im ersten Moment bleich, fing sich dann aber wieder und musterte die Frau, die nur wenig über dreißig Jahre zählte und bereits verblüht aussah. Bisher hatte mangels einer Mitgift noch kein Mann um sie geworben, und ihrer Hoffnung, sich mit Hilfe eines

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