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DGB 02 - Falsche Götter

DGB 02 - Falsche Götter

Titel: DGB 02 - Falsche Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham McNeill , Christian Jentzsch
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die Luft schme cken und war verblüfft über ihre Reinheit. Ihre Frische erfüllte seine Lunge wie süßer Wein, aber wie war er
hierhergekommen ... und wo war hier?
    Er war irgendwo gewesen ... wo eigentlich? Er konnte sich nicht erinnern. Er wusste, dass er Horus hieß, aber darüber hinaus gab es in seinem Kopf nur Bruchstücke und vage Erinnerungen, die sogar schwächer und un stofflicher wurden, je mehr er sie zu greifen versuchte.
    Er entschied zu versuchen, mehr über seine Umgebung in
Erfahrung zu bringen, erhob sich, zuckte zu sammen, als sich seine Schulter spannte, und sah einen Blutfleck durch das weiße Wollgewand sickern, das er trug. War er nicht vor einem Moment noch nackt gewe sen?
    Horus schüttelte den Kopf und lachte. »Vielleicht gibt
es keine Hölle, aber das hier kommt mir wie der Him mel
vor.«
    Seine Kehle war trocken, und er machte sich auf den Weg zum Fluss, wobei er die Weichheit des Grases durch die Sandalen spürte, die er nun an den Füßen trug. Er war weiter entfernt, als er dachte, und so brauchte Horus länger als erwartet für den Weg, aber das machte ihm
nichts aus. Die Schönheit der Landschaft war es wert, genossen zu werden, und wenngleich etwas beharrlich in
seinem Hinterkopf nagte, ignorierte er es und ging weiter.
    Die Berge schienen bis zu den Sternen zu reichen, ihre Gipfel verloren sich in den Wolken und spien giftige Dämpfe in die Luft, während er sie anstarrte. Horus blin zelte. Das Nachbild von dunklen, in Rauch gehüllten Gipfeln aus Eisen und Beton brannte sich in seine Netz haut, als sei ein gespleißter Schleier aus harschen Inter ferenzen über ein Fenster gelegt worden. Er schob es auf die Neuheit seiner Umgebung und ging weiter durch das schwankend hohe Gras, wobei die Knochen und der Abfall ungezählter Jahrhunderte der Industrie unter seinen Füßen
knirschten.
    Horus spürte Asche in seiner Kehle und brauchte jetzt mehr denn je
etwas zu trinken, da der chemische Ge stank mit jedem Schritt zunahm. Er schmeckte Benzole, Chloride, Kohlenwasserstoffsäuren und gewaltige Men gen Kohlenmonoxid — tödliche Gifte, wenn auch nicht für ihn — und fragte sich kurz, woher er diese Dinge kannte. Der Fluss lag vor ihm, und er watete hinein und genoss die schneidende Kälte, während er nach unten griff und eine Handvoll Wasser schöpfte.
    Das Eiswasser verbrannte seine Haut, geschmolzene Schlacke tropfte in ätzenden Fäden durch seine Finger, und er ließ es zurück in den Fluss
platschen und wischte sich die Hände an seinem Gewand ab, das jetzt rußfleckig und zerrissen war. Er blickte auf und
sah, dass aus den glitzernden Quarzbergen riesige Türme aus Messing und Eisen geworden waren, die
den Himmel mit Toren wie gewaltige Mäuler überzogen, die ganze Armeen
verschlucken und ausspeien konnten. Ströme aus Unrat flossen aus den Türmen und vergifteten den Fluss, und die Landschaft ringsumher welkte und starb innerhalb einer Sekunde.
    Verwirrt stolperte Horus vom Fluss weg, versuchte, sich an die blühende Wildnis zu
klammern, die ihn um geben hatte, und die Vision dieser trostlosen
Landschaft aus dunklen Ruinen und Verzweiflung zurückzudrän gen. Er wendete sich von dem dunklen
Berg ab: eine Klippe aus dunkelstem Rot und geschwärztem Eisen, dessen Spitze in den höchsten Wolken verborgen war, das
Fundament eingefasst
von Felsen und Schädeln.
    Er fiel auf die Knie, erwartete weiches Gras, landete aber schwer auf einer rissigen, hartgebackenen Kruste aus Asche und Eisen, von der sich
Staubwirbel in großen Stür men erhoben.
    »Was passiert hier?« Horus wälzte sich auf den Rü cken und schrie die Worte in einen verschmutzten Him mel voller hässlicher Bänder aus ockerfarbenen und vi oletten Streifen. Er raffte sich auf und rannte —
rannte, als hinge sein Leben davon
ab. Er rannte durch eine Landschaft,
die im Zeitraum eines Herzschlags zwi schen schmerzhafter Schönheit und alptraumhafter Häss lichkeit wechselte. Seine Sinne schienen ihn von einer Sekunde auf die andere zu trügen.
    Horus rannte in den Wald. Die schwarzen Stämme der Bäume brachen vor seinem wilden Ansturm, und Bilder von peitschenden Ästen, hohen Türmen aus Stahl und Glas, großen Ruinen mächtiger Kathedralen und ver rotteter Paläste, die unter der Last der Äonen
zerbröckelten, tanzten vor seinen Augen.
    Bestialisches Heulen hallte durch die Landschaft, und Horus unterbrach seinen wahnsinnigen Sturmlauf, als das Geräusch den Nebel in seinem Kopf durchdrang und von dem

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