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DGB 04 - Kreuzer Eisenstein

DGB 04 - Kreuzer Eisenstein

Titel: DGB 04 - Kreuzer Eisenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Swallow , Ralph Sander
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würde. Kalebs Seele würde sich mit der
Hochachtung seines Meisters begnügen müssen.
    Garro verzog den Mund. »So weit
ist es also schon, dass ich an Geister denke und in leeren Räumen
Selbstgespräche führe.« Er schüttelte den Kopf. »Was geschieht bloß mit mir?«
    Neben dem Kürass lag ein Bolter
auf einem gefalteten grünen Stofftuch, und wie die Rüstung sah auch er aus wie
eben erst für ihn angefertigt. Garro zog seinen Panzerhandschuh aus und strich
mit dem Finger darüber. Der Bolter war mit Gravuren in hochgotischer Schrift, Auszeichnungen
und Gefechtsdaten überzogen. Hier und dort waren mit smaragdgrüner Tinte Namen
festgehalten, jeder von einem Schlachtenbruder, der die Waffe in den Krieg
mitgenommen hatte und dann gefallen war. Garros Waffe war ihm abhanden
gekommen, als sie auf Isstvan Extremis von der brutalen akustischen Attacke durch
die Kriegssängerin zerstört wurde. Daher war dieser Bolter nun seine neue
Waffe, die er mit bittersüßem Stolz ergriff und hochhielt. Ein neuer Name
blitzte auf dem Rahmen auf: Pyr Rahl. »Danke, Bruder«, flüsterte er. »Ich werde
in deinem Namen ein Dutzend Feinde töten.«
    Wie bei den Astartes üblich,
hatte man Rahls Ausrüstung geborgen, und was davon noch weiter zu verwenden
war, wurde umgehend wieder ausgegeben. Auf diese Weise gedachten die Astartes
ihrer toten Kameraden noch lange, nachdem sie gefallen waren. Garros Blick fiel
auf einen Tragebeutel, der aus grob gewebtem Stoff bestand und vergessen in
einer Ecke des Alkoven lag. Er hockte sich hin und hob ihn auf.
    Kalebs Habseligkeiten. Er
seufzte. Wenn ein Astartes starb, stand immer ein Bruder bereit, der dessen
weniges persönliches Hab und Gut an sich nahm und sich dartun kümmerte, aber
für einen simplen Leibwächter gab es kein derartiges Ritual. Garro verspürte
ungewohnte Trauer.
    Es war nicht jene Wut, wie er
sie bei Rahls Tod oder bei Hunderten anderen empfunden hatte. Jetzt, da Kaleb nicht
mehr war, wurde ihm erst klar, wie sehr er den kleinen Mann vermisste als
Gesprächspartner, als Diener, als Kamerad. Einen Moment lang erwog er, den
Beutel in den nächsten Auswurfschacht zu stecken, um seinen Überlegungen ein
Ende zu setzen, doch das wäre ein unwürdiger Akt gewesen. Stattdessen sah er
Kalebs Habseligkeiten durch, und das so behutsam, wie man es seinen großen,
schweren Händen kaum zugetraut hätte. Da waren Klingen und andere
Arbeitswerkzeuge, ein wenig Kleidung zum Wechseln, ein Anhänger aus einer
Bolter-Hülse ...
    Er drehte das Objekt zwischen
den Fingern hin und her und hielt es ins Licht der Deckenleuchten. Eine Matrix-Gravur
des Imperators starrte ihm entgegen, gütig und allwissend. Er steckte das
Heiligenbild in eine Gürteltasche. Dazu gehörte ein Stapel Papiere mit
Eselsohren, der mit einer abgewetzten Schnur zusammengehalten wurde. Stellenweise
waren die Blätter eingerissen und geklebt worden. Einige Blätter waren von
einer anderen Papiersorte, manche waren von Hand beschrieben, andere durch einen
einfachen Mimeographen gelaufen, Wörter waren verschmiert und unscharf, weil
sie hundertmal oder öfter kopiert worden waren. Garro entdeckte skizzenhafte
Illustrationen, die kaum einen Sinn ergaben, auch wenn er einzelne Elemente
erkannte. Vor allem Darstellungen des Imperators von Terra tauchten immer
wieder auf.
    » Lectitio Divinitatus «,
las er laut vor.
    »Ist es das, was Sie vor mir verheimlicht
haben, Kaleb?«
    Garro wusste von der Sekte. Es
handelte sich um ganz normale Leute, die trotz des permanenten Lichts der säkularen
Imperialen Wahrheit zu der Ansicht gelangt waren, der Imperator der Menschheit
müsse ein göttliches Wesen sein. Wer sonst, wenn nicht ein göttliches Wesen —
so argumentierten sie —, habe das Recht, den Glauben an jeglichen Gott zu
verbieten? War nicht der Imperator ein einzigartiges, gottgleiches Wesen?
    Auch wenn er sich gegen einen
solchen Glauben aussprach, weckte der Imperator Hingabe und Verehrung. Er war
unsterblich und allsehend, besaß das größte intellektuelle und psychische
Potenzial von allen lebenden Menschen, also musste er aus Sicht der Lectitio
Divinitatus einfach eine Gottheit sein.
    Ja, jetzt wurde es Garro
bewusst. Er erkannte, dass Kalebs Mitgliedschaft im Kult des Gott-Imperators
unterschwellig immer schon existiert hatte. Hunderte beiläufige Bemerkungen und
Gesten bekamen mit einem Mal eine völlig neue Bedeutung. Er hatte Grulgor auf
dem Waffendeck angefahren, weil der gotteslästerlich über den

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