DGB 09 - Mechanicum
nach Mondus Gamma.«
»Nicht gerade originelle Namen
für diese Siedlungen, nicht wahr?«, stellte Dalia.
»Stimmt, aber ich nehme an, sie
benennen sie so, wie sie sie sehen«, meinte Zouche. »Wenn man am Rand der Zivilisation
lebt, dann ist Schlichtheit eine Tugend.«
»Ich glaube, in allem, was du
sagst, findet sich eine Tugend«, meinte sie.
Im Habitat war es warm, aber
das war es stets. Heiße Luft aus der Magma-Lagune wälzte sich in trockenen, alles
ausdörrenden Wellen an den Flanken des Vulkans nach oben und entzog der Luft
alle Feuchtigkeit.
Mellicin lag auf ihrem Bett,
eine Hand auf die Stirn gelegt.
Schweiß sammelte sich auf ihren
Schultern, und ihr war unbe-haglich heiß. Den Zerstäuber hatte sie
eingeschaltet, aber er hätte ebenso gut ausgeschaltet sein können, weil es
keinen Unterschied machte. Sie wälzte sich von einer Seite auf die andere, da
sie nicht einschlafen konnte, sondern immerzu daran denken musste, wie es wohl
Dalia und den anderen ging.
Zwar sagte sie sich, dass sie
nicht von einem schlechten Gewissen geplagt wurde, aber so ganz konnte sie das
selbst nicht glauben.
Zeth hatte sie Dalia mit der
Absicht zugeteilt, damit sie ihre eigenen Eindrücke und Erkenntnisse an den Verstand
der jungen Umschreiberin weitergeben konnte. Es hatte keinen Verrat ge-geben,
keinen Vertrauensbruch und ganz sicher auch kein illoyales Verhalten.
Einen Verrat hätte es nur
gegeben, wenn sie ihrer Pflicht gegenüber ihrer Herrin nicht nachgekommen wäre.
Warum fühlte sie sich dann aber
so schlecht, dass sie Adeptin Zeth in Dalias Pläne eingeweiht hatte?
Mellicin kannte die Antwort auf
diese Frage nur zu gut.
In den Wochen, die sie an der
Seite von Dalia Cythera verbracht hatte, war Mellicin die Freude daran zurückgegeben
worden, an den Grenzen der Technologie zu arbeiten. Gemeinsam hatten sie neue,
wundervolle Dinge herausgefunden, Geräte und theoretische Überlegungen, für die
sie den praktischen Beweis erbracht hatten.
Wie lange war es her, dass sie
oder ein anderer aus dem Mechanicum so etwas geleistet hatte? Zugegeben,
Adeptin Zeth trieb immer die Forschung über bekannte und akzeptierte Grenzen
hinaus, aber sie war nur ein winziges Zahnrad in einer großen Maschine, und
ihre Risikobereitschaft war nicht grenzenlos.
Das Mechanicum war alt und
unerbittlich gegenüber jenen, die sich seinen Strukturen widersetzten.
Sie waren noch keinen Tag weg,
und schon jetzt fehlten ihr die anderen. Sie wünschte, sie wüsste, wo sie sich
aufhielten, damit sie über die marsianischen Netzwerke nachvollziehen konnte,
wie sie vorankamen. Aber sie hatte Dalias Ziel aus ihren Gedächtnisspulen gelöscht.
In diesem Augenblick konnten
sie irgendwo unterwegs sein, sogar auf der anderen Seite des Planeten.
Mellicin hatte sich an ihre Schwächen
und Stärken gewöhnt, sie hatte sie zu einem Team zusammengeschweißt, damit sie
effizienter arbeiten konnten. Außerdem gingen sie mit mehr Enthusiasmus ans
Werk, als es jeder von ihnen hätte allein aufbringen können.
Jetzt waren sie unterwegs, um das
Gelernte in die Tat umzusetzen, und sie war allein zurückgeblieben.
Sie richtete sich auf und
setzte sich auf die Bettkante, mit einer Hand fuhr sie sich durch das
verschwitzte Haar. Und wenn sie sich noch so lange unter die sonische Dusche
stellte, sie fühlte sich nie richtig sauber. Sie verließ den Alkoven, in dem
ihr Bett stand, und ging zur Kochnische, um sich eine Tasse Kaffee zu machen.
Wenn sie schon nicht schlafen konnte, war es das Beste, die Zeit produktiv zu
verbringen.
Während das Wasser erhitzt
wurde, gähnte sie. Der Kaffee brodelte und zischte. Dann schenkte sie sich eine
Tasse ein und setzte sich an die Essecke in dem Erker aus polarisiertem Glas,
durch das sie den Roten Planeten betrachten konnte.
In dieser Höhe befand sie sich
über den Abgasen, die die Scheiben in den unteren Stockwerken mit einer Schicht
aus Ruß und pyroklastischen Ablagerungen überzogen. Tief unter ihr erstrahlte
die Magma-Stadt vor Licht, ein Ozean aus leuchtender Industrie inmitten einer Wüste
aus industriellem Ödland. Die silbernen Linien der Magnetschwebebahn verliefen
in alle Richtungen fort von der Stadt in andere Regionen des Mars, doch hinter
ihnen versank der Planet in dichten Staubbänken und verschmutzten Nebeln.
Mellicin stellte die Tasse weg
und ließ die Stirn gegen das heiße Glas sinken. Lichter bewegten sich durch die
Stadt, funkelnde Fähren brachten Frachtstücke zu den Hafenanlagen.
»Wo
Weitere Kostenlose Bücher