DGB 09 - Mechanicum
Eroberungsarmeen des Kriegsmeisters.
Flotten aus riesigen Schiffen
drängten sich am Himmel über dem Hafen, die einen auf dem Weg nach oben, die
anderen im Landen begriffen, alles in allem eine regelrechte Prozession aus
Stahl und Umkehrschub. Jedes Schiff war auf dem Weg zu einer von unzähligen
Welten fernab des Solarsystems und so kostbar für den Großen Kreuzzug wie jeder
einzelne Krieger und jedes Schlacht-schiff.
Ein ganzer Wald aus Hebekränen
drehte sich ächzend hoch über dem Containerhafen hin und her, ihre schweren,
mit Gegen-gewichten versehenen Ausleger vollführten in gemächlichem Tempo ein
komplexes Ballett, während eine Armee aus Servitoren, Ladern und Containerkränen
die Abteile der Förderbänder so vollpackten, wie es nur irgend möglich war.
Dalia hielt sich an der Strebe
fest, als das Schiff abermals in Schräglage ging und Kurs auf eine
Landeplattform in der Stadt nahm. Die Plattform war ein strahlendes Kreuz aus
Licht auf einem metallenen Baum, der aus der Lava herausragte. Die Aussicht
durch den fotoverformbaren Stahl flimmerte in der Hitze, und Dalia spürte, wie
ihr übel wurde, da sie sich desorientiert fühlte.
Rho-mu 31 berührte die Wand mit
seinem Stab, und sofort wurde die Fläche wieder undurchsichtig. Die Schiffshülle
begann zu vibrieren und zu kreischen, als sie kochendheiße Luftströme
durchflogen.
»Kommt es hier auch schon mal
zu Abstürzen?«, fragte Dalia, die wusste, dass es bei einem solchen Unfall keine
Überlebenden geben konnte. »Ich meine, sind schon Schiffe in die Lava
gestürzt?«
»Manchmal ja«, antwortete
Rho-mu 31.
»Am besten ist es, darüber
nicht nachzudenken.«
»Zu spät«, murmelte sie,
während sich die Geräuschkulisse des Antriebs von einem tiefen Grollen zu einem
gellenden Kreischen veränderte und Steuerdüsen gezündet wurden, um die
wirbelnden Luftströmungen auszugleichen. Der Pilot hatte erkennbar Mühe, sich
mit dem Schiff der Landeplattform zu nähern. Dalia kniff die Augen zu und
bemühte sich, keinen Gedanken daran zu verschwenden, was geschehen würde, wenn
sie in die Lava fielen.
Sie wollte sich nicht
vorstellen, wie das flüssige Gestein das Fleisch von ihren Knochen brannte und
wie qualvoll es sein würde, dabei zusehen zu müssen, wie ihr Körper vor ihren
eigenen Augen zerfiel. Zwar würde sie gar nicht lange genug leben, um das
überhaupt erfahren zu können, doch ihrem Verstand machte es offenbar Spaß, sie
mit den schrecklichen Bildern einer solchen Katastrophe zu quälen.
Entschlossen atmete sie tief
durch und vertrieb diese Bilder aus ihrem Kopf. Sie durften sie nicht
beherrschen. Plötzlich ging ein Ruck durch das Schiff, und sie riss die Augen
auf.
»Was war das? Ist etwas
schiefgegangen?«
Rho-mu 31 warf ihr einen
eigenartigen Blick zu, und obwohl sein Gesicht hinter der Bronzemaske verborgen
war, spürte Dalia, dass ihr Entsetzen ihn amüsierte.
»Nein«, antwortete er. »Wir
sind nur gelandet.«
Erleichtert atmete sie auf und
fühlte sich fast schon bemitl-eidenswert dankbar, dass sie wieder festen Boden unter
den Füßen hatte. Obwohl ... konnte man tatsächlich von festem Boden reden, wenn
gleich darunter ein Ozean aus flüssigem Gestein lauerte, der ihren Körper in
Sekundenbruchteilen zu einem Häuflein Asche verwandeln konnte?
Ein leises Zischen
entweichender Gase ließ sie aufhorchen, und als sie sich umdrehte, sah sie, wie
am Heck des Schiffs knarrend und quietschend eine Rampe herabgelassen wurde.
Ein Schwall heißer Luft drang in das Abteil, und Dalia verschlug es angesichts
der plötzlichen Hitze den Atem. Augenblicklich trat ihr der Schweiß auf die
Stirn, während Mund und Hals wie ausgedörrt waren.
»Thron, ist das heiß!«, rief
sie.
»Danken Sie den
Wärmeaustauschern und den Gasseparatoren«, meinte Rho-mu 31. »Ohne die würden Sie
auf der Stelle der Temperatur und den Dämpfen erliegen.«
Dalia nickte und folgte ihm, da
er Anstalten machte, das Schiff zu verlassen. Hinter ihr setzten sich die
anderen Mitglieder seines Trupps in Bewegung, während sie die Rampe hinabging
und die Augen vor der Helligkeit der Lava-Laguna und dem gleißenden Licht des
rostfarbenen Himmels abschirmte. Nach gut einem Tag im Bauch eines Sternenschiffs
wurde ihr jetzt sehr deutlich, wie sehr sie sich eigentlich nach dem Anblick
des Himmels gesehnt hatte. Selbst als Schreiberin, die ihrer Arbeit in den
Eingeweiden der Librarium Technologica nachging, hatte sie durch die hohen
liturgischen Fenster stets ein
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