DGB 13 - Nemesis
NEIN NEIN NEIN NEIN
»Nein«, brachte Speer hustend
hervor, wobei ihm Tränen in die Augen stiegen. Mit Mühe brachte er sich wieder
unter Kontrolle.
»Nein, Lord«, fuhr er fort.
»Ich ... Ein Moment der
Erschöpfung, weiter nichts.« Es kostete ihn körperliche Kraft, die Schreie zum
Verstummen zu bringen.
»Ah.« Der Baron kam zu ihm und
klopfte ihm leicht auf die Schulter. »Sie haben der Psionikerin näher gestanden.
Sie müssen sich nicht dafür schämen, dass dieser Verlust Sie berührt.«
»Vielen Dank«, gab er zurück
und ging erneut auf die Stimmung des anderen Mannes ein. »Es war schwierig für
mich. Wenn Sie gestatten, würde ich mich gern eine Weile zurückziehen.« Eurotas
nickte ihm zu wie ein Vater seinem Sohn. »Tun Sie das. Ich möchte, dass Sie
ausgeruht sind, wenn wir den Treffpunkt erreicht haben.«
»Jawohl, Lord.« Wieder
verbeugte sich Speer, dann ging er weg.
Niemand konnte ihn dabei
beobachten, wie er die Fingernägel in die Handfläche bohrte und das wächserne
Fleisch durchstach, ohne dass Blut aus den Wunden austrat.
Auf der Zwischenebene entdeckte
Rufin eine weitere Interkom-Einheit und benutzte sie, um einen Alarm an alle
Posten zu senden.
Doch als sich nur die Männer
aus der Waffenkammer meldeten, steigerte sich seine Angst.
Er befahl ihnen, ihre Stellung
zu verteidigen, dann machte er sich zu ihnen auf den Weg. Wenn er vor diesen
Terroristen dort eintraf, konnte er die Sicherheitsschlösser öffnen und all die
großen, todbringenden Waffen herausholen, auf deren Einsatz er bislang hatte
verzichten müssen. Dort unten gab es Autokanonen, Granatwerfer, Flammenwerfer
... o ja, er würde diesen verdammten Loyalisten, die sich mit ihm angelegt
hatten, schon die Hölle heiß machen. Darauf konnten sie sich verlassen.
Vom Treppenhaus aus konnte er
die westlichen Bahnsteige sehen.
Einschienenzüge standen dort,
die Gefangenen drängten in die Waggons, die Türen schlossen sich hinter ihnen,
und dann fuhren die Bahnen wie von Geisterhand gelenkt aus dem Bahnhof, um die
Häftlinge in die Freiheit zu bringen. Nachdem die ersten von ihnen die
errichteten Barrikaden aus dem Weg gerammt hatten, gab es nun nichts mehr,
wodurch sich die Massenflucht hätte aufhalten lassen. Rufin war das egal.
Sollten sie doch entkommen, solange ihm noch seine Waffen blieben.
In der untersten Ebene
angekommen, stellte sich heraus, dass die Männer am ersten Wachposten
verschwunden waren. An ihrer Stelle fand sich nur achtlos hingeworfene Kleidung
mitsamt einem Häufchen Asche.
Die Luft hier unten war kalt
und erdrückend, und Rufin rannte wieder los, angetrieben von einem eisigen
Druck, der wie ein Schatten auf seine Seele herabsank.
Er bog um die Ecke und
erreichte die Posten an der Waffenkammer. Sechs Mann waren dort versammelt, und
alle waren schneeweiß im Gesicht und zitterten vor Angst. Als sie ihn sahen,
winkten sie ihm so aufgeregt zu, dass er das Gefühl bekam, von etwas verfolgt
zu werden, das nur sie wahrnehmen konnten.
»Was ist da hinten passiert?«,
herrschte er sie an und richtete seine Wut auf den Mann, der sich in seiner
unmittelbaren Nähe aufhielt. »Reden Sie schon!«
»Schreie«, kam die Antwort.
»Oh, es waren Schreie, wie Sie sie noch nie gehört haben. Als würden sie direkt
aus dem Hades zu uns schallen.« Rufins Angst verwandelte sich in Wut, und er
verpasste dem Mann eine Ohrfeige. »Reden Sie keinen Unsinn, Mann! Das sind die
Terroristen!« In dem Augenblick explodierte der Fußboden, und die metallenen
Gitterplatten wurden in die Höhe gewirbelt, dann kam zwischen den Rohren und
Versorgungsleitungen eine riesige Gestalt zum Vorschein. Rufin sah zuerst den
grinsenden, mit Fangzähnen bewehrten Schädel aus mattem Silber, dann die
monströse Handfeuerwaffe. Ein einzelner Schuss daraus traf einen der Wachleute
mit solch ungeheurer Wucht, dass der nach hinten geschleudert wurde und einen
zweiten Mann mitriss, der von ihm beim Aufprall gegen die gewölbte Wand zu
einer blutigen Masse zerquetscht wurde.
Rufin stolperte davon, als der
schwarze Schemen verwischte und ein nichtmenschliches Knurren von sich gab. Die
Wachen eröffneten aus all ihren Waffen das Feuer, doch das schien gar nichts zu
bewirken. Er hörte nasse Geräusche, ein Reißen, dröhnende Bolter-Schüsse,
Fleisch, das zerquetscht wurde und zerplatzte. Etwas surrte durch die Luft und
traf Rufin in die Brust.
Er fiel auf die Knie und sackte
gegen die Korridorwand. Einem blutbeschmierten Dolch gleich ragte
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