DGB 13 - Nemesis
Viel mehr.« Yosef hatte das Gefühl, sich unter
dem Blick des Freihändlers nicht mehr von der Stelle rühren zu können.
»Wir sind hier draußen allein,
meine Herren. Wir allein gegen das Unwetter.«
»Der Imperator beschützt«,
sagte Daig leise.
Eurotas sah ihn auf
undefinierbare Weise an.
»Ja, davon habe ich gehört«,
erwiderte er nach einer Weile.
Dann wandte er sich zum Gehen. Die
Audienz war vorüber, und Yosef kreisten mehr Fragen als Antworten durch den
Kopf.
Als sich die Flügeltürluke des
Fliegers öffnete, wurde Fon Tariel gleich als Erstes von einer Woge aus
Gerüchen bestürmt.
Berauschende, schwere
Blumendüfte strömten ins Innere des Passagierabteils und wurden von der warmen
Luft weitergetragen.
Er blinzelte in das grelle
Tageslicht und folgte Kell zögerlich nach draußen ... wo auch immer das sein
mochte.
Anders als der Eversor, der
sich nichts daraus gemacht hatte, der Gruppe den Standort einer ihrer
terranischen Einrichtungen zu nennen, hatte der Tempel Venenum
unmissverständlich erklärt, dass es den Mitgliedern des Exekutionskommandos
nicht freistand, sie von sich aus aufzusuchen. Die Siress hatte mit großem
Nachdruck betont, dass es lediglich zwei Angehörigen der Gruppe gestattet war,
den Komplex betreten zu dürfen, und das auch nur unter der Voraussetzung, dass
beide weder Waffen noch irgendwelche anderen Ausrüstungsgegenstände mit sich
führen durften.
Tariel gewöhnte sich nach und
nach an Kells Verhaltensweisen, und er konnte dem Vindicare ansehen, wie sehr
es ihm missfiel, auf jede Waffe verzichten zu müssen. Der Infocyte hatte
Mitgefühl mit dem Scharfschützen, schließlich war er selbst auch gezwungen
gewesen, seine Arbeitsmittel an Bord der Ultio zurückzulassen.
Ohne seinen
Kogitatorenhandschuh fühlte er sich eigenartig nackt, und seine Hand wanderte
immer wieder unbewusst zu dem Unterarm, wo er ihm sonst immer zur Verfügung
stand.
Die Reise an Bord des
unauffälligen Venenum-Fliegers hatte ihnen keine Erkenntnisse darüber
geliefert, wo sich der Komplex mit Namen Obstgarten befinden mochte.
Das Passagierabteil hatte sich
als fensterlos entpuppt, sodass es ihnen nicht möglich gewesen war, sich
während des Flugs zu orientieren. Tariel hatte mit Schrecken zur Kenntnis
nehmen müssen, dass das implantierte Chronometer und der Mag-Kompass unterwegs
in ihrer Funktionsweise behindert worden waren. Als beide nun wieder zu vollem
Leben erwachten, war ihm einen Moment lang schwindlig.
Er schaute sich um und sah,
dass sie auf einer Landeplattform hoch oben auf einem breiten metallenen Turm
standen, nicht weit entfernt von den dichten Kronen hoher Bäume, deren große
Blätter wie Jade leuchteten.
Die Dschungelgerüche waren hier
draußen intensiver, und die olfaktorischen Prozessorknoten in seinem
erweiterten Gehirn arbeiteten auf Hochtouren, um die Eindrücke zu verarbeiten
und zu analysieren. Tariel vermutete, dass sie sich irgendwo inmitten der
merikanischen Regenwälder befanden, aber das war nur Spekulation.
Ohne stichhaltige Belege war es
unmöglich, irgendetwas mit Gewissheit zu sagen.
Ein Mann in blassgrünem Kimono
und mit Dominomaske kam aus einem zurückversetzten Treppenhaus am Rand des
Turms zum Vorschein und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Tariel hatte nichts
dagegen, Kell vorgehen zu lassen, dann begaben sich die drei auf der Treppe
nach unten. Der Sonnenschein wurde etwas schwächer, als sie die Höhe des
Laubdachs unterschritten, und zerfiel in viele Lichtbalken, in deren rauchigem
Gelb Staubpartikel und fliegende Insekten tanzten.
Ein Pfad aus kreisrunden grauen
Steinen erwartete sie, als sie das Niveau des Waldbodens erreicht hatten, und
der Mann im Kimono ging mit zielstrebigen und sicheren Schritten vor ihnen her.
Tariel verhielt sich etwas vorsichtiger, sein Blick wurde von den leuchtenden,
farbenprächtigen Blüten zu beiden Seiten des Wegs mal hierhin, mal dorthin
gelenkt. Als er hier und da kleine Arbeitsroboter mitten im Blumenmeer
bemerkte, wurde ihm mit einem Mal klar, dass der scheinbare Wildwuchs in
Wahrheit ein mit Sorgfalt gepflegter Garten war, dessen zufällige Blütenpracht
offenbar genau geplant war.
Die Roboter pflegten einige
Pflanzen, während sie andere entfernten.
Er blieb stehen und betrachtete
eine seltsam dürre Blüte, die aus der Rinde eines großen Baums wuchs und ihm
völlig fremd war. Er beugte sich vor, um sie besser sehen zu können.
»Das würde ich nicht machen,
Vanus.« Der Mann im Kimono legte
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