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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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blickte sich um - die beiden anderen Erscheinungen schwankten vor die Tür - und rief: »Wo ist das Seil?« Er hielt sich am anderen Türpfosten und lehnte sich in den zugigen Schacht. Tragbalken und Ziegelsteine verschwammen. »Ich kann nicht viel sehen!« Oben im Wind echote eine Stimme:
    Oh, nein. Da unten! Er muß furchtbar verletzt sein!
    Und eine andere:
    Nein, Mom, komm zurück. Kidd ist unten. Mom, bitte!
    Bobby, Bobby, bist du in Ordnung? Bitte, Bobby! Oh, du lieber Gott!
    Kidd versuchte, mehr zu sehen: Eine ganz vage Vorstellung von Licht oben - war das eine offene Tür? »Mrs. Richards!« Sein Ruf hallte durch den Schacht. »Gehen Sie von der Tür weg!«
    Oh, Bobby! Kidd, ist er okay? Oh, bitte, mach, daß er okay ist.
    Mom, komm zurück, bitte!
    Lichter um ihn herum bewegten sich nach vorn und warfen kalten Schein auf die Ziegel, den angestrichenen Stahl. Auf der Schachtwand zuckten Schatten von Köpfen, einige wuchsen, andere verschwanden, neue Schatten wuchsen.
    »Siehst du etwas?« fragte Drachenlady und umfaßte seine Schulter. »Hier.« Ein Arm fuhr hoch und hakte ihn unter. »Lehn dich weiter nach vorn, wenn du willst.«
    Er blickte sie an.
    Sie sagte, den Kopf auf die Seite gelegt: »Ich laß' dich nicht fallen, Motherfucker.«
    Daraufhin hakte er sich bei ihr ein. »Hast du mich?«
    »Yeah.«
    Ihre Ellenbogen bildeten ein heißes, warmes Schloß.
    Er beugte sich nach vorn und schwankte in die Dunkelheit. Sie ließ ihn langsam hinab.
    Andere Lichter standen in der Tür und fluteten den Schacht mit Doppelschatten.
    »Siehst du irgendwas?« Das war nicht Drachenlady, sondern Dennys Stimme.
    Dieser Müll da unten: Auf Dunkelheit wie Samt Zigarettenpackungen, Kaugummipapier, Zigaretten und Kippen, Streichholzschachteln, Briefumschläge und da, auf einer Seite . . . wie ein Haufen . . . Das Glitzern war wohl das Handgelenk. »Yeah, ich sehe ihn . . . glaube ich.«
    Können Sie sehen, wo er ist? Bobby? Bobby, Kidd, können Sie ihn sehen? Oh, mein Gott, so tief ist er gefallen! Oh, er muß verletzt sein! Ich kann ihn nicht hören. Ist er bewußtlos? Oh, können Sie nicht sehen, wo er ist?
    Mommy, bitte, bitte, komm hier weg!
    Hinter ihm sagte Drachenlady mit sanfter Brutalität: »Jesus, wenn diese Ziege doch aufhören wollte!«
    »Komm, Mann«, sagte Dreizehn hinter ihnen. »Das ist ihr Junge da unten!«
    »Nenn mich nicht Mann, Dreizehn«, gab Drachenlady zurück; Kidd fühlte ihren Griff - er lockerte sich nicht, sondern verlagerte sich ungefähr einen Zoll. Seine Schulter schmerzte. »Ich fände es gut, wenn sie still wäre.«
    »Ich habe ein Stemmeisen mitgebracht«, sagte jemand. »Und einen Schraubenzieher. Braucht ihr ein Stemmeisen oder einen Schraubenzieher?«
    »Nach so einem Sturz«, sagte Drachenlady, »kann nicht mehr viel von ihm übrig sein. Er ist wahrscheinlich tot.«
    »Shit, Drachenlady«, sagte Dreizehn, »seine Mommy ist da oben.«
    »Ich sagte: Er ist wahrscheinlich tot! Hast du mich verstanden?« Mom, komm!  
    Kannst du ihn sehen? Ich kann nichts sehen! Ich kann auch nichts hören. Oh, Bobby, Bobby! Kannst du deine Mommy hören? Bitte, Bobby
    Plötzlich gab der Griff nach. Kidd dachte kurz, er stürze ab - Drachenlady hielt ihn fest und lehnte sich ebenfalls über. Ihre Stimme brüllte über ihm nach oben: »IHR SOHN IST TOT, LADY!« Und Kidd wurde weggezogen. »Komm, komm da raus.«
    Dreizehn sah unglücklich aus und schüttelte den Kopf.
    Denny stand jetzt vorn und griff nach einem Seil aus gedrehten Tauen. »Wollt ihr ihn hochholen? Nimm du das Seil. Wir halten dich von hier oben.«
    Kidd nahm das Schlaufenende, schob den Kopf hindurch und streckte die Arme darüber. (Greif und Grille standen zu beiden Seiten der Tür.) Dreizehn, Denny und Drachenlady hielten das andere Ende. »Ihr braucht nur festzuhalten«, sagte Kidd. »Ich steige hinunter.« Er kniete sich an den Rand, hielt sich an der Kante (eine Hand verlor sich im Schatten), ließ ein Bein hinab, dann das andere. Der Schacht fühlte sich an seinem Rücken kühl an. Er vermochte nicht zu sagen, ob der Wind von oben oder unten kam. Er ließ sich über den Rand gleiten und mußte sich zuerst mit dem Knie von der Wand weghalten, dann mit dem Fuß.
    »Alles okay?« fragte Denny, breitbeinig mit geballten Fäusten.
    Kidd grunzte, zog an dem Seil, das seinen Rücken umspannte (zerrte auch etwas Gläsernes an seinen Rücken), sowie seine Arme: »Yeah.« Die schräge Türschwelle für den Öffnungsmechanismus glitt an seinem

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