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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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gewöhnliche Leute . . . Dichter . . . wohl fühlen können. Sehen Sie, was ich meine?«
    Er nickte.
    Und wippte.
    »Dieser Calkins, der die Times leitet, meinen Sie, daß er ein Zuhause hat? Sie schreiben immer diese Artikel über die Leute, die bei ihm wohnen, die ihn besuchen, diese Leute, die er für wichtig erklärt. Glauben Sie, ein solches Haus wollte ich haben? Oh, nein. Das hier ist ein richtiges Heim, wo richtige Sachen passieren mit richtigen Leuten. Sie fühlen das auch, das spüre ich. Sie sind praktisch Mitglied der Familie geworden. Sie sind sensibel. Sie sind Dichter. Sie verstehen das: alles auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, wenn auch nur im neunzehnten Stock: Das bedeutet, verzweifelt eine Chance ergreifen! Und ich tue es. Für Sie bedeutet ein solcher Umzug nur eine Handlung. Aber Sie begreifen nicht, wie wichtig Handlungen sein können. Ich kann kein Heim haben, wo die Nachbarn kreischen. Ich nicht. Weil, wenn die Nachbarn kreischen, ich nicht in dem Zustand bleiben kann, den ich brauche, ein Zuhause zu schaffen. Nicht bei so etwas. Warum, glauben Sie, sind wir in die Labry-Apartments gezogen? Wissen Sie, wie ich mir diesen Umzug vorstellte? Als Raum, eine Lücke, ein Bruch, wo etwas Schreckliches eindringen und uns zerstören kann - uns, unser Zuhause. Man muß es auseinandernehmen, dann wieder zusammenfügen. Ich habe wirklich gedacht, etwas Schmutziges, Übles oder schreckliche Verrottung würde eindringen, während es wieder zusammengefügt wird, und entsetzlichen Verfall nach sich ziehen. Aber hier« - sie machte noch eine Handbewegung - »könnte ich nicht mehr leben.«
    »Aber draußen hat sich alles verändert -«
    »Dann muß ich« - sie ließ den Rock los - »innen stärker sein. Ja?«
    »Yeah.« Er fühlte sich mit der so erzwungenen Antwort unwohl. »Ich denke schon.«
    »So, Sie denken schon?« Sie atmete tief ein und blickte über den Boden, als vermisse sie dort Teile. »Aber ich weiß es. Ich weiß alles über Essen, Schlafen, alles, was es den Menschen nett macht. Ich brauche einen Ort, wo ich das Essen kochen kann, das ich will, einen Ort, der so aussieht, wie ich es mir vorstelle, einen Platz, der ein richtiges Zuhause sein kann.« Dann sagte sie: »Verstehen Sie?« Sie nahm den anderen Porzellanlöwen von den Satztischchen. »Ich weiß, daß Sie das tun.«
    Er merkte, daß ihr das Gegenstück zerbrochen war. »Yeah, Mrs. Richards, aber-«
    »Mom?« fragte June in das Geräusch der sich öffnenden Tür hinein. Zögernd blickte sie von einem zu anderen. »Ich dachte, du kommst gleich zurück. Ist das mein Muschelkasten?« Sie ging zu dem restlichen Haufen. »Ich wußte nicht mal, daß es ihn noch gibt.«
    »Hey«, sagte Bobby vom Eingang her. »Wir haben fast alles oben. Soll ich den Fernseher nehmen?«
    »Ich wüßte nicht warum«, meinte June. »Du bekommst doch keine Bilder mehr, nur buntes Konfetti. Laß Kidd besser den TV nehmen. Hilf du mir, den Teppich zu tragen.«
    »Oh, ist gut.«
    June zerrte die Teppichrolle an einem Ende. Bobby schnappte sich die andere.
    »Seid ihr sicher, daß ihr beiden das allein könnt?« fragte Mrs. Richards.
    »Wir haben ihn schon«, antwortete June.
    Er hing wie eine schlaffe fünfzehn Fuß lange Wurst zwischen ihnen. Sie wurstelten sich durch das Zimmer, Mrs. Richards rückte die Satztischchen fort, Kidd schob den Fernseher beiseite. June ging vorwärts, Bobby rückwärts.
    »Hey, schubs mich nicht in die verdammte Tür«, sagte Bobby.
    »Bobby!« sagte seine Mutter.
    June ächzte und griff fester zu.
    »Tut mir leid.« Bobby hob denTeppich unter den Arm und griff nach hinten zum Türgriff. ». . . 'dammte Tür . . . Okay?«
    »Hast du es richtig?« fragte June. Sie sah sehr angestrengt aus.
    »Uh-uhh.« nickte Bobby und verschwand im Flur.
    June folgte ihm; die Kante des Teppichs schleifte gegen den Türpfosten. »Eine Sekunde.« Sie schob die Tür mit dem Fuß auf und war fort.
    »Gut so, aber schubs mich nicht zu sehr«, wiederholte Bobby in dem hallenden Flur. Die Tür schwang zu.
    »Mrs. Richards, ich nehme den Fernseher . . . wenn Sie wollen?«
    Sie ging hier- und dorthin, als suche sie etwas.
    »Ja, sicher, den Fernseher. Obwohl June recht hat. Man kann nichts mehr darauf sehen. Schrecklich wie man allmählich von diesen äußeren Sachen abhängt. Fünfzig große leere Flecken an einem Abend, wenn sie ein Radio oder ähnliches haben wollen, um die Leere zu füllen. Aber die Störungen sind schrecklich. Warten Sie, ich

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