Dhalgren
Jungen ein, den Max bewunderte, weil er im Debattierklub Zweitbester war und niemals etwas Falsches tat. Ich habe viele Schulen abgegrast nach den wunderbarsten und charmantesten Leuten - die ihn unterhalten würden, ergänzen, den richtigen Gegensatz boten. Keine zwei Leute aus der gleichen Clique, weißt du, die dann zusammenhocken und einen unverdaulichen Kloß im Ragout bilden würden. Das Wochenende war schauderhaft. Jeder hat sich großartig amüsiert, und sie haben mich noch zwei Jahre später gefragt, wann ich wieder so etwas mache. Außer Max. Das Fliegen, die Pferde, die Boote, die Mädchen, die Chauffeure, das war alles zuviel für ihn. In den ganzen vier Tagen hat er nur >Danke schön< und >oh< gesagt. Beides ungefähr vierzig Mal. Wir waren wahrscheinlich noch sehr jung. Ein paar Jahre später wäre er wahrscheinlich Sozialist oder so was gewesen und hätte alles angegriffen. Das wäre gut gewesen! Es waren Leute da, die mit ihm diskutiert hätten. Zumindest wäre es Kommunikation gewesen. Ich weiß nicht - vielleicht bin ich immer noch jung.« Plötzlich drehte sie sich um. »Heute könnte ich die ältere Frau in einem französischen Roman des achtzehnten Jahrhunderts sein.« Sie drehte sich wieder zurück. »Dreiundzwanzig! Ist das nicht furchtbar? Und man sagt, das zwanzigste Jahrhundert hat einen Jugendkomplex.« Sie kicherte gegen seine Brust.
»Soll ich dir jetzt eine Geschichte erzählen?«
»Hm-hm.« Er fühlte ihr Nicken.
»Als ich dreiundzwanzig war. In deinem Alter.«
»Klar. Das war drei Jahre, nachdem du in der Heilanstalt warst?«
»Nein, es ist über schöne Häuser.« Er runzelte die Stirn. »In einem Sommer habe ich entlang der Golfküste gearbeitet. Als Köpfer auf den Krabbenbooten . . .«
»Was ist ein Köpfer?«
»Wäscht Geschirr ab und macht den Krabben die Köpfe ab. Jedenfalls war ich gerade in Freeport rausgeworfen worden und wartete auf ein anderes Boot . . .«
»Warum hat man dich rausgeworfen?«
»Ich war seekrank geworden. Jetzt sei mal still. Jedenfalls, ich sitze da vor einem Cafe, was so ungefähr das einzige war, was man machen konnte, als diese beiden Typen da in schwarzen Triumphs herangebraust kamen. Einer brüllte, ob ich wüßte, wo er in dieser gottverdammten Stadt einen Travellers Cheque einlösen könnte. Ich war schon drei Tage da und sagte ihm, wo die Bank war. Er sagte: Steig ein, und ich habe ihm und seinem Freund den Weg gezeigt. Wir kamen ins Reden: Er war auf einer Juraschule oben in Connecticut. Ich habe ihm von Columbia erzählt. Er hat seinen Scheck eingelöst und fragte, ob ich mit ihnen mitkäme - was besser war als zwei Dollar pro Nacht, die ich auch nicht hatte. Also sagte ich: Yeah. Eine ganze Gruppe Typen wohnte da auf dieser Insel dicht vor der Küste.«
»Wie die Kommune?«
»Einer der Väter dieser Typen war dort Vorstand einer Landerschließungsfirma. Die Gesellschaft hatte die Fischer, die auf der Insel gelebt hatte, irgendwohin umgesiedelt, eine Brücke zum Festland gebaut, einen Kanal gegraben und eine ganze Kolonie Hunderfünfzig- bis Zweihunderttausend-Dollar-Häuser errichtet: Vorne ein Stück Wiese, Swimming-pool auf der einen, Garage auf der anderen Seite, hinten ein Bootshaus mit Steg zum Kanal, so daß man vom Haus aus aufs Meer konnte. Sie waren alle für die leitenden Angestellten der Dow Chemical, denen der Komplex so ungefähr gehörte. Potentielle Käufer konnten sich die Häuser ansehen und ausprobieren. Die Häuser waren möbliert, die Eisschränke voller Steaks, die Schränke voller Schnaps, Handtücher im Bad und alle Betten fertig. Die Bonzen konnten mit ihrer Familie ein Wochenende dort verbringen und das Haus ausprobieren, bevor sie es kauften. Montags kam ein Lastwagen mit Dienstmädchen, Klempnern, Zimmerleuten und Nachschub, um alles zu ersetzen, was verbraucht wurde, den Dreck wegzuräumen und die Schäden zu reparieren. Auf der Insel war sonst niemand, und alle Türen standen offen. Der Vater des Typen hatte seinem Sohn gesagt, wenn er in der Gegend sei, warum er nicht dort wohnte. Und der Typ und zwanzig seiner Freunde - so zwischen siebzehn und fünfundzwanzig - waren da eingezogen. Sie fingen in einem Haus an, tranken den ganzen Schnaps weg, aßen alles auf, zerstörten die Möbel, warfen die Scheiben ein, rissen alles auseinander, was sie nur konnten, und zogen dann in das nächste Haus. Montags reparierten die Mädchen, Zimmerleute und Klempner alles wieder. Ich blieb zwei Wochen bei ihnen.
Ich hab'
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