Dhalgren

Scheiß, Copperhead.« Alptraum schlug mit den Knöcheln auf die Latte.
    »Ich wollte nur sichergehen, ob sie auch wach sind«, gab der Rotkopf zurück. »Mehr wollte ich nicht. Das war alles.« Er zog an dem Stock.
    Lanya ließ los.
    Alptraum kauerte sich langsam vor ihr nieder, stützte die Gelenke auf die zerfetzten Knie, ließ die schweren Hände dazwischen baumeln, während die hervortretenden Armmuskeln ihn ausbalancierten.
    »Mann«, sagte Lanya, »Wenn ihr versucht, uns teuflischen Schrecken einzujagen, dann ist euch das aber gelungen.« Kidd hatte keine Angst.
    Lanya setzte sich auf die Fersen, hielt den linken Arm mit der rechten Hand und fuhr mit dem Daumen über den Ellenbogen.
    Kidd stieß die Decke von den Füßen und setzte sich mit gekreuzten Beinen hin.
    In diesem kettenbehängten Zirkel nackt zu sein, dachte er, war immer noch besser als halb bedeckt.
    »Ich habe Besseres zu tun, als dir Angst einzujagen, Lady. Ich will reden.«
    Sie holte tief Luft, wartete.
    »Wie geht's mit ihm?« Alptraum machte eine ruckartige Kopfbewegung auf Kidd zu. »Was?«
    »Kommst du gut mit ihm klar?«
    »Sag, was du sagen willst«, antwortete sie und berührte Kidds Knie. Sie hatte Angst. Ihre Finger waren eisig.
    Alptraums Stirn - große Poren und tiefe Falten - wurde noch faltiger. »Der andere. Bist du den anderen los, huh? Das ist gut.« Er nickte.
    »Phil . . .?«
    »Ich konnte mit ihm nicht viel anfangen . . . Phil? So hieß er, huh?«
    Alptraums Lächeln ließ seine Lippen erst nach beiden Seiten bewegen, bevor sie sich krümmten. »Konntest du wohl auch nicht. Deshalb brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen. Was ist damit? Ich habe dich schon mal gefragt.« Plötzlich zog er den Kopf ein und hob von seinem dicken Hals - das verfilzte Haar fiel nach vorn - eine Kette hoch.
    Es war nicht die optische.
    Alptraum beugte sich nach vorn und legte sie Lanya um den Hals. Seine Fäuste hingen wie Uhrengewichte daran. Die halb-zollgroßen Elemente schabten über ihre Brustwarzen. Eine Faust fuhr nach oben, eine nach unten.
    »Hey, Mann . . .« sagte Kidd.
    Copperhead schlug mit dem Stock auf seine Hand und ließ Kidd nicht aus den Augen.
    Kidd blickte hoch. Der leopardenfleckige, bärtige, rotköpfige Spade war größer und schmaler als Alptraum und sah trotz Alptraums Muskelpaketen stärker aus.
    Alptraums Fäuste verharrten, eine an Lanyas Bauch, eine an ihrer Brust: Er beobachtete sie.
    Sie blickte zurück. Ihre Kiefer spannten sich. Sie zog ihre Hand von Kidds Knie, legte beide Fäuste um die Kette um ihren Hals und fuhr an ihr entlang, so daß ihre linke Hand auf Alptraums rechte traf. »Nimm sie weg«, sagte sie. »Ich habe es schon mal gesagt. Ich will sie nicht.«
    Eine dünne, dunkle Frau in dem Kreis, deren nackte Brust die Vorderteile der Weste und die Kette beiseite schob, wechselte das Standbein. Jemand hustete.
    »Was ist mit ihm?« fragte Alptraum und sah Kidd nicht an. »Was machst du, wenn wir ihn nehmen? Der hier kommt mit uns, Lady.«
    »Was wollt ihr Typen . . .?« Kidd stoppte. Wut, Faszination und ein drittes Gefühl, das er nicht benennen konnte, flossen zusammen von seinem Stammhirn in den Bauch und weiter nach unten.
    »Nimm sie weg«, sagte Lanya. »Ich will sie nicht.« »Warum nicht?«
    »Ich bleibe bei meinen Waffen. Ich brauche sie nicht oft.« Dann stieß sie ein komisches Lachen aus. »Außerdem ist euer Kostümschneider unmöglich.«
    Alptraum knurrte. Ein paar Leute aus dem Kreis lachten auch. »Was ist mit deinem?« fragte jemand. Doch Alptraum hob die Kette hoch. Haarbüschel fielen aus den Elementen.
    Dann fuhr der Skorpion herum. Stiefelspitzen fetzten das Gras. »Hier.« Die Kette flog über Kidds Kopf. Alptraums Augen trugen Korallenränder. Seine Weste war offensichtlich an einer Stelle über der narbigen Schulter zerrissen und mit Rohleder genäht.
    Alptraum begann an der Kette zu ziehen.
    Kalte Glieder glitten über Kidds rechte Brustwarze. Alptraums Faust kam warm und rauh bis zu seiner linken Brust. »Okay?« blinzelte Alptraum. Etwas war mit seinen Augen nicht in Ordnung, bemerkte Kidd abwesend.
    »Was soll ich damit tun?« fragte Kidd. »Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Überhaupt nichts.« Alptraum ließ los. »Du kannst sie nehmen und in den Holland-See werfen, wenn du willst.« Dann wälzte er sich zurück und stand auf. »Wenn ich du wäre, würde ich sie behalten.«
    Der Kreis löste sich auf.
    Die Skorpione gingen in langer Reihe fort, Alptraum an der Spitze,