Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
Vom Netzwerk:
auf ihn zu. Die beiden flüsterten miteinander und verschwanden in der Dunkelheit.
    Kid wartete an der Tür und beobachtete die Gläubigen, die dem Tonband zuhörten. Leute entfernten sich. Einige Stimmen hingen noch in der Luft, bis ihre Eigentümer ihren Schatten in die Nacht folgten. In der sich verlaufenden Menge fühlte er sich einsam. Vielleicht sollte er noch bei Reverend Taylor vorbeischauen, um Bescheid zu sagen, daß er ginge.
    Helle Stümpfe in abgenutztem Leder, Schatten über dem struppigen, blonden Bauch, Mütze über die gelb-buschigen Brauen zurückgestoßen. Tak Loufer kam heraus, blickte Kid mit einem einzelnen Leuchtpunkt im beschatteten Auge an und sagte: »Hey, bist du immer noch hier? Ich habe zwei Leute hierhergeschickt, die dich suchten. Aber ich dachte, jetzt wärest du schon weg.«
     
     
    5
     
    »Was suchst du denn hier?«
    Tak hielt eine Papierrolle hoch. »Muß meine Postersammlung vervollständigen. Du hast dich ein bißchen von uns ferngehalten? Wir haben uns um dich Sorgen gemacht.«
    »Shit!« entfuhr es dem Rest Wut. »Du wolltest doch wohl ein bißchen an meinem Schwanz lecken, oder? Komm schon. Ist aber ganz klebrig. Da stehst du doch drauf, oder?«
    »Niggerfotze?«
    »Huh?«
    »Hast du eine Farbige gebumst? Mit Schlagen und so?«
    »Wovon redest du?«
    »Wenn es kein schwarzes Fleisch war und ein bißchen läufig, bin ich nicht interessiert. Seit wir es das letzte Mal hatten, bin ich zu Perversionen vorgedrungen, von denen du noch nicht mal geträumt hast. Was ist überhaupt mit dir los? Bist du wieder draußen? Warum kommst du nicht mit zu mir und erzählst mir alles, während ich mich besaufe?«
    »Ach, Shit.« Kid wollte nicht, stopfte die Hände in die Taschen und den Kopf in den kalkigen Geruch der Nacht. Zusammen gingen sie bis an den Randstein.
    »Deine Freundin dabei?«
    Kid grunzte.
    »Habt ihr Krach gehabt oder so? Als ich sie die letzten paar Mal gesehen habe, sah sie aus, als wäre sie drauf und dran.« »Vielleicht«, antwortete Kid. »Ich weiß es nicht.«
    »Ah, was also?«
    »Sie hat gesagt, du hättest mich aus einem Bus steigen sehen?«
    »Yeah. Vor einiger Zeit heute abend. Ich war an der Ecke. Ich wollte dich rufen, aber du bist hierher abgebogen.«
    »Oh.«
    In einem Fenster bewegte sich Licht.
    Feuer, dachte Kid. Das Flackern verschaffte ihm ein ungutes Gefühl. Er versuchte, sich den Block, die Kirche und die Gebäude ringsum brennend vorzustellen.
    »Ich glaube, hier wohnt jemand«, sagte Tak. »Es sind nur Kerzen.« Sie traten vom Randstein hinunter.
    »Wo sind wir?« fragte Kid, als sie wieder auf das Trottoir hinaufgingen. »Ich meine . . . Tak, was ist das für eine Stadt? Was ist hier passiert? Wie ist es so geworden?«
    »Eine gute Frage«, antwortete Tak zwischen dem Klacken der Stiefelabsätze. »Eine sehr gute. Eine Zeitlang dachte ich, es seien internationale Spione - ich meine, die ganze Stadt hier ein Experiment, eine Art Test, um das ganze Land zu zerstören. Vielleicht die ganze Welt.«
    »Du glaubst, es ist so was?«  
    »Nein. Aber es tröstet, wenn man sich überlegt, daß das alles etwas Geplantes ist. Es könnte aber auch irgendeine neue ökologische Katastrophe sein. Vielleicht hat jemand unseren Sumpf aus Versehen gefüllt.«
    »Was für einen Sumpf?«
    »Bei fast jeder größeren Stadt ist eine Art Sumpf in der Nähe, normalerweise fast genauso groß. Er hält den Smog fern, liefert einen Großteil des Sauerstoffs und ein halbes Dutzend anderer lebenswichtiger Dinge. New York hat die Jersey Ebene, San Francisco die ausgebaggerte Schlammecke der Oakland Bay. Wenn man den Sumpf auffüllt, kommt der Smog hoch, die Wasserleitungen werden zum Problem, und die Stadt wird unbewohnbar. Kann man nicht vermeiden. Ich glaube, daß es richtig ist, wenn man sagt, daß die meisten Leute das hier als unbewohnbar empfinden.«
    Kid schnüffelte. »Mit Sicherheit haben wir genug Smog hier.« Die Klingen an seinem Gürtel kitzelten das Haar an der Innenseite des Unterarms. Die Kette um ihn herum hatte sich nach unten verschoben, so daß sie bei jedem Schritt hinten an seiner linken Hüfte zerrte. Er griff unter die Weste und zog mit dem Daumen daran. »Glaubst du, daß das in Bellona passiert ist?« Eines Tages werde ich sterben, fuhr es ihm unwichtigerweise durch den Kopf: Tod und Artischocken. Schwere füllte seinen Brustkorb. Er rieb sich die Brust, um sich der Systole und der Diastole zu vergewissern. Nicht, daß ich wirklich glaubte, es würde

Weitere Kostenlose Bücher