Dhalgren

aufhören, dachte er: nur, ob es noch da ist. Manchmal (dachte er) wünschte ich, ich könnte es nicht fühlen. (Eines Tages wird es aufhören.)
    »Übrigens«, sagte Tak, »glaube ich, das Ganze ist Science Fiction.«
    »Huh? Du meinst eine Zeitverschiebung oder ein anderes Universum?«
    »Nein, einfach . . . Science Fiction. Nur wahr. Alles ist, wie es im Buche steht.«
    »Raumschiffe, Strahlenkanonen, man bewegt sich schneller als Licht? Ich habe so Zeugs auch gelesen, aber so etwas habe ich hier noch nicht gesehen.«
    »Ich wette, du liest nicht die neue Art, gutes Zeug. Laßt uns mal sehen: Die drei Grundbedingungen der Science Fiction -« Tak wischte sich mit dem Lederärmel die Stirn. (Kid dachte sinnloserweise: Er poliert sich das Hirn.) »Erstens: Ein einzelner Mensch kann die ganze Welt ändern. Sieh dir Calkins an, sieh dir George an, und sieh dir dich an. Zweitens: Der einzige Maßstab für Intelligenz oder Genie ist ihre geradlinige und praktische Anwendung. In einer Umgebung wie dieser lassen wir nichts anderes zu. Drittens: Das Universum ist grundsätzlich ein gastfreundlicher Ort, voll von erdähnlichen Planeten, wo man sein Raumschiff bruchlanden und sich lange genug aufhalten kann, um ein Abenteuer zu erleben. Hier in Bellona -«
    »Wahrscheinlich lese ich deshalb nichts mehr von dem Zeugs«, sagte Kid. Er hatte durch Newboy die Nase voll von Interpretationen. Diese Töne trösteten ihn nicht mehr. »War hier nicht an diesem Block eine funktionierende Laterne?«
    Tak stieß den Rest seines Satzes heraus: »- in Bellona kannst du alles haben, was du willst, solange du es selbst tragen kannst oder deine Freunde dir helfen.«
    »Komisch, nicht viele Leute haben so viel.«
    »Ein Kommentar über die Ärmlichkeit deiner Vorstellungskraft - aber keiner über die Wunder hier zum Mitnehmen. Nein - es ist ein Kommentar zu der Begrenztheit der besonderen Denkart, die die Stadt hervorruft. Wer würde schon so einsam sein wollen, wie der Besitz all jener Dinge ihn machen würde? Die meisten Leute hier haben die meiste Zeit woanders gelebt. Man lernt daraus eine ganze Menge.«
    »Du hast mehr als praktisch jeder andere, den ich hier kenne«, sagte Kid.
    »Dann kennst du nicht viele.«
    »Außer Mr. Calkins.« Kid dachte an die Richards. »Und den kenne ich nicht.« Aber Tak hatte Mr. Newboy schon getroffen. Tak würde wissen, daß sein Buch schon gesetzt war.
    »Es gibt noch eine ganze Menge dazwischen. Du hast deine Bekanntschaften auf die Leute beschränkt, die nicht sehr viel wollen. Grundsätzlich eine religiöse Entscheidung, denke ich. Wenn man es sich so betrachtet, würde ich sagen, es war klug. Es gibt hier tausend Leute - vielleicht - in der ganzen Stadt.«
    »Ich habe wirklich eine Familie getroffen, die -«
    »Es gibt noch viele andere. Und die meisten von ihnen, wie uns Paul Fenster immer wieder versichert, sind schwarz.«
    »George Harrison hat mir gerade gesagt, ich soll rüber nach Jackson kommen, ihn besuchen.«
    Tak schlug mit dem Poster in die Dunkelheit. »Da! Das ist es! Paul erzählt es dir, und George zeigt es dir, wenn du ihm eine kleine Chance gibst.« Loufer seufzte jetzt. »Ich fürchte, ich bin eher ein verbaler Typ. Man wird es mir wohl bald sagen.«
    »Und siehst gerne Poster an.«
    »Und lese gern Bücher. Besonders Science Fiction. Aber wie ich schon sagte, Bellona ist schrecklich gastfreundlich. Man kann seiner Phantasie nachgehen und . . . nun, außer, man ißt das auch auf, kann man sich ein bißchen weniger so fühlen, als nähme man es irgend jemand anderen ab. Zu Hause.«
    Kid blickte sich mit breiten Daumen der Dunkelheit auf den Augen um. »Sind wir? Tak, war da denn nicht an der Ecke eine funktionierende Laterne?«
    »Ist vor ein paar Tagen ausgegangen. Hier entlang. Paß auf die Stufen auf. Hier liegt aller möglicher Müll herum.«
    Einiges davon rollte unter Kids biegsamer Ledersohle weg. Weiche Dunkelheit verwandelte sich in harte. Das Echo von Atem und Schritten änderte die Klangfarbe.
    »Als du das erste Mal hier warst«, lachte Tak, »mußtest du deine Waffe an der Tür lassen. Junge, ich weiß nämlich nicht, was manche Leute mit mir anfangen.«
    Die Tür zum Dach öffnete sich vor fernem, fleischfarbenem Licht.
    Während die Straßen in hoffnungsloser Schwärze lagen, staubte auf dem Dach Nachtlicht.
    Wie zwei riesige Hieroglyphen, überdruckt und aus der Reihe, erhoben sich die Haltekabel der Brücke zu zwei Doppelhöckern und verloren sich dann im Rauch. Nicht