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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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ihr vorher hoch gebrüllt hat, dann jetzt niedrig. Und umgekehrt.«
    »Klar«, sagte Denny. »Wo hast du das gelernt?«
    »Schhh«, sagte Lanya. »Wir machen es einfach. Ich muß bei dieser Spur nicht allzuviel spielen. Aber vergeßt nicht den Einsatz.«
    Kid nickte und zog die Kopfhörer von den Ohrmuscheln - zwei verschwitzte Ringe kühlten ab -, ließ sie dann wieder zurückschnellen.
    »Wir fangen an.« Sie blickte sich um. »Fertig?«
    Das Knistern . . .
    Das quietschende Stuhlbein . . .
    Dann der lange, gezogene Ton . . .
    Lanya verstärkte die erste Phrase mit mittelhohen Tönen, ließ die Harmonika sinken, trat einen Schritt zurück und pfiff ein paar in den ruhigen Anfang hinein. Eine der bereits aufgenommenen Harmonikas nahm die Töne auf. Plötzlich verstand Kid die Bewegung zwischen leise und laut, die bei den aufgenommenen Teilen schon aufgebaut war - Lanya pfiff wieder. Wieder nahmen die Harmonikas das Pfeifen orgelgleich auf. Sie nahm die Harfe an den Mund, gab einem anderen Teil ein paar Bässe Verstärkung, wartete, sah Kid an, Denny. Weitere dreißig Sekunden Musik spulten sich ab. Dann pfiff sie plötzlich schrill, und ihre Ellenbogen fuhren herab. Kid und Denny klatschten.
    Lanya auch, trat einen großen Schritt vom Mikrofon zurück, ruckte mit dem Kopf und schlug den Harmonikarücken gegen die Handfläche. Sie klatschten dröhnend fünfmal und riefen dann zusammen mit den bereits aufgenommenen Stimmen. Noch einmal trat Lanya ans Mikro, Harmonika am Mund, und webte in den Schlußvorhang einige verstreute hohe Töne.
    Dann Stille.
    Sie sagte leise und schwer atmend: »So . . .« und drückte auf einen Knopf. Die Bänder stoppten.
    »Jesus . . .!« Denny stand auf. »Das war wild! Wo hast du das Tonband her? Ich meine, wo hast du das gelernt-?«
    »Paul hat es für mich von Reverend Taylor geliehen.«
    »Hast du schon viel so was gemacht?« fragte Denny.
    »Nein.« Lanya nahm den Kopfhörer ab und hing sie über das Gestänge des Mikrofons. »Das wollte ich nur mal ausprobieren. Ich habe schon mit Bändern gearbeitet, aber -«
    Kid sagte: »Laß uns das Ganze noch einmal anhören!« Er nahm seine Kopfhörer ab und trat neben sie.
    »Wie soll es heißen?« Denny ließ die Kopfhörer auf die Tischplatte klacken.
    »- Paß auf!« sagte Lanya. »Sie sind empfindlich.«
    »Tut mir leid - Wie heißt es?«
    »Erst habe ich gedacht« - sie fuhr mit dem Daumen über Kids Brust -, »ich nenne es Prisma, Spiegel, Linse. Aber dann« - Denny verschwand in einer Lichtkugel; Lanya kniff die Augen zusammen und trat zur Seite -, »wegen dieses Riesendings am Himmel . . . ich weiß nicht. Vielleicht nenne ich es einfach Diffraktion. Das finde ich gut.«
    Kid nickte, die Lippen zwischen den Zähnen. »Mach weiter.« Seine Lippen lösten sich und kitzelten. »Spiel's ab.«
    Denny trat wie ein erstarrter Knoten weißglühenden Gases in die Mitte des Raumes.
    Die Spulen drehten sich.
    »Wir fangen an . . .«
    Denny schwieg.
    ». . . Ich möchte darauf hinweisen«, Lanya legte die Harmonika auf den Tisch, hob dann einen Finger, »daß so etwas normalerweise sechs bis acht Stunden dauert. Wir sind noch keine zwei Stunden dabei.«
    Aus den Lautsprechern unter dem Tisch quietschte das Stuhlbein.
    Kid legte vorsichtig seine Kopfhörer hin und lauschte (Dachte: Zeitdiffraktion? Zwei Stunden? Es war ihm wie zwanzig Minuten vorgekommen!):
    Die lange Ton zog sich hin.
    Irgendwo, verloren in einer Maschine, ist es mir gelungen, dem Fundus der Erfahrungen drei Schichten lebendiger Thematik abzujagen: Sie hat sie mit ihrer Musik umschrieben, sie übereinandergelegt, daß sie, verdünnt durch das Band und die Transistoren, ihre transparente Stille und die verströmenden Massen, wie sie, die Erfinderin, sie wahrgenommen hat, für mich schließlich das Erfundene klären. (Auf dem Band pfiff Lanya und spielte mit diesen Pfeiftönen, die Harmonika umgab die brüchigen Obertöne mit tiefen, hauchenden.) Geht es dorthin? (dachte:) wenn es geht? Das ist die Melodie, und dort - der schrille Pfiff, der, Kid merkte es jetzt, das richtige musikalische Zeichen für das Klatschen gab - das auch begann! Er lauschte, wie ein Raum voller Leute rhythmisch die Hände zusammenschlug. Eines der Bänder echote stark und vermittelte den Eindruck, als klatschten dort Dutzende von Leuten. Das Klatschen stieg zu einem abschließenden Schlag an, und Dutzende riefen - er erkannte seine eigene Stimme und Dennys und Lanyas darunter, doch man hörte noch viele

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