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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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andere. Ihre Schreie erstarben über einem Diskord, den keine einzelne Harmonika zustande gebracht hätte.
    Aber wahrscheinlich drei zusammen.
    Das Finale löste sich zu der höheren, treibenden Tonart hin auf; Triller fielen hinein, und Triller stiegen aus dem trauernden Akkord empor. Der Klang ergriff ihn, ließ seinen Bauch krampfen.
    Lanya hörte zu, Arme an den Seiten, den Kopf gebeugt, die Stirn konzentriert gerunzelt. Die weißen Spitzen ihrer oberen Zahnreihe bissen in eine Lippenseite.
    Das Stück endete.
    Sie lauschte immer noch.
    Dann applaudierte Denny und lachte. Ein anderer Denny über ihm rief: »Whooppee!« und Denny, in Licht eingehüllt, auf der anderen Seite des Zimmers sagte: »Hey, wir haben Gesellschaft hier. Sieh dir mal -«
    Lanyas Kopf fuhr plötzlich hoch. Sie drehte das Tonband ab.
    Dennys Licht schien in die dunklere Ecke. »Hinter der Tafel.«
    »Huh?« Kid kam hinzu.
    »Da ist eine dicke alte Niggerkuh, und, Mann, sie will gerade scheißen!«
    »Denny!« rief Lanya und rannte durch den Rand seines Lichts, das sich lachend nach ihr umdrehte.
    Kid stieß die Tafel beiseite und sah hinab.
    Die Rollen unter der Tafel hörten auf zu quietschen.
    Die Frau trug einen schwarzen Mantel und einen schwarzen Hut. Der Saum krumpelte sich um sie herum auf den Boden. Sie blinzelte zu ihnen hoch und griff nach den Henkeln ihrer Einkaufstasche neben sich. Sie schnappte die Tasche und stieß ein Wort aus, das nur aus Luft bestand. »Was wollen Sie?« fragte Lanya. »Sind Sie okay?«
    Die Augen der Frau zogen sich unter Dennys Licht zusammen, trafen auf Kids und weiteten sich. Wieder zwinkerte sie. »Habt ihr Saft und Plätzchen?«
    »Was?«
    »Ist das die Schule?« Ihre Stimme war immer noch wie gehaucht. »Habt ihr Saft und Plätzchen für die Kinder? Oh, tut mir leid.« Ihre Knöchel fuhren an das Doppelkinn, eine Geste, die an June erinnerte. »Ich dachte, ich könnte hier welche bekommen. Ich wohne in Cumberland Park? Und der Laden, wo ich immer hingehe, hat keine mehr. Gestern bin ich dorthin, und es waren keine da. Nichts. Oh . . . von den Kindern! Tut mir leid!«
    »Aber«, fragte Lanya, »Warum gehen Sie nicht in einen anderen Laden?«
    »Oh, tut mir leid. Ich bin wirklich . . .«
    »Habt ihr denn Saft und Plätzchen?« fragte Denny. »Warum gibst du ihr keine?«
    »Weil das . . .« Lanyas Lippen bedrängten die darunterliegenden Zähne. »Ihr wartet hier.« Sie trat aus Dennys Lichtkreis; Kid hörte eine Tür.
    Die Frau nahm die Tasche in die andere Hand. »Den Kindern etwas wegnehmen. Das ist schrecklich!« Ihre Stimme war schwach und tief, wie die eines Mannes.
    Lanya trat wieder ins Licht. In einem Arm hatte sie große Dosen Grapefruitsaft. In der anderen hielt sie zwei Schachteln Plätzchen, die unter dem Cellophan glitzerten. »Nehmen Sie diese hier. Aber kommen Sie nicht wieder. Brechen Sie ja nicht hier ein, um zu klauen. Suchen Sie sich einen anderen Laden. Vier Blocks weiter ist einer, wo es das noch gibt. Und noch einer ist anderthalb Block weiter unten, direkt bei der ausgebrannten Reinigung.«
    Die Frau, die Zungenspitze rosa zwischen den Lippen, blinzelte und öffnete die Handtasche.
    Die Dosen und die Schachteln raschelten hinein.
    Lanya ging zur Eingangstür und hielt sie weit offen.
    Die Frau blickte Kid an, Dennys Licht, sah verstört aus und tat ein paar unsichere Schritte. Bei der Tür zögerte sie und wandte sich plötzlich Lanya zu: »Sie unterrichten kleine Kinder in so einem Aufzug, mit halbnackten Brüsten? Das ist einfach schrecklich! Es ist eine Schande in den Augen Gottes!« Dann flüchtete sie; der Mantelsaum schwang über den abgetretenen Absätzen.
    »Halt das!« Denny (ausgeknipst) rannte hinterher. »Willst du, daß wir den Scheißsaft und -?«
    »Denny!« Lanya hielt ihn am Eingang fest.
    »Ich meine, willst du den Shit nicht?« Er drehte sich in ihren Armen, die ihn zurückhielten und schüttelte den Kopf. »Warum hast du ihr das Zeugs gegeben?«
    »Oh, komm schon. Gehen wir!«
    »Ich meine, verdammt, sie hat nicht einmal gesagt, ob sie die Musik gut findet oder nicht.«
    Lanya hielt Denny bei der Schulter. »Wenn sie aber hungrig war, hatte sie für Musik nicht so viel übrig. Hat sich da ein paar Stunden lang versteckt -«
    »Aber was gehen sie dann deine Titten an?« Denny stieß ihre Hand beiseite. »Sie hätte herauskommen sollen. Wir hätten ihr doch nichts getan. Shit!«
    »Ich will mich nicht darüber aufregen«, sagte sie. »Also, reg du dich auch nicht

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