Dhalgren

Schulter. »Das ist aber ein feines Haus.« Er umklammerte seinen Löwen und stieß mit der Schulter eine Tür auf. Drinnen breiteten einige Typen Matratzen und Schlafsäcke aus. Dollar schob sich zwischen ihnen hindurch und stellte den Löwen auf das Fensterbrett. Er drehte sich um, vor der zerrissenen Gardine wie eine Silhouette. Die Messingbestie spähte neben seiner Hüfte vom Fenster herab. »Hey, Mann. Du hättest die alte, verbrannte Matratze doch nicht mitbringen sollen. Sie verstinkt uns das ganze Haus.« Auf dem Bezug sah man einen verkohlten Ring um einen zwei Fuß breiten Krater aus Asche und verbrannter Baumwolle.
    »Das ist meine einzige«, sagte der Skorpion (ein weißer, der California hieß) und warf sie auf den Boden. Die Ecke lag über einer anderen.
    An den Wänden hatten Fotos aus Zeitungen und Magazinen geklebt; einige waren heruntergerissen.
    Ein schwarzer Skorpion, den Kid nicht kannte, stand auf und grinste Kid an. »Das ist aber besser als das letzte Haus, oder?«
    Er blickte sich mit zusammengekniffenen Augen um. »Yeah, schönes Haus.«
    Die roten Augen, dachte Kid, finde ich besser. Verdammt.
    Auf der anderen Seite des Flurs stand die Tür zur hinteren Veranda offen. Er ging darauf zu, blieb aber mit einer Hand am Türpfosten stehen. In den Fenstern war weder Fliegengitter noch Glas. Siam saß auf einer Kiste. »Hey . . .« Er zog die Zeitung auf seinen Schoß und sah Kid mit zunehmender Verwirrung an. »Ich . . . ich habe nur die Zeitung gelesen.« Siam versuchte ein Lächeln, überlegte es sich anders und zog es zurück. »Nur die Zeitung.« Er stand auf; das Blatt fiel zu Boden. Die Dielen waren einmal dunkelrot gewesen. »Soll ich irgend etwas tun? . . .? Ich wollte beim Umziehen helfen, aber meine Hand . . .?« Er machte mit dem verbundenen Arm eine Bewegung. An der Stelle, wo der Verband seine Hand umhüllte, schuppte sich die Haut. »Vielleicht kann ich beim Aufstellen helfen?« sagte Siam und sah auf seine schmutzigen Finger. »Wenn du willst . . .?«
    »Nein«, meinte Kid. »Ist schon gut.«
    Der grünspanüberzogene Wasserhahn an der Wand spritzte in den schmutzigen Abfluß.
    Hinter ihm klirrte und scharrte etwas. Kid drehte sich um.
    The Ripper und Zerstörung schoben die Harley durch den Flur.
    »Ich weiß wirklich nicht, warum ihr diesen Müll mitgebracht habt. Benzin könnt ihr nicht kriegen, und der Motor soll sowieso im Arsch ein.«
    »Ist aber ein gutes Motorrad, wenn man es repariert.«
    »Wollt ihr es wieder ins Badezimmer stellen, wie in der letzten Wohnung?«
    »Shit, diese Arschficker besaufen sich und können dann nicht mehr zielen. Und einer pißt nur drauf, weil er sehen will, wie es rostet.«
    »Ah, komm schon, Motherfucker.«
    »Nein! Hey, Denny, kann ich es hier reinstellen?«
    »Ich glaub' schon.« Denny stand im Eingang, beide Arme voller Papiertüten.
    Kid ging zu ihm und umfaßte seine Schulter. »Ist sie weg?«
    Denny nickte mit gekräuselten Lippen und sah von einer Tüte zur anderen.
    Drinnen lehnte jemand die Schaufeln neben einem Bügelbrett gegen die Wand.
    Sie wichen vor der Harley zur Seite und rollten sie hinein.
    »Hey, ist das jetzt dein Zimmer, Kid?«
    Kid sagte: »Wahrscheinlich.«
    »Sie braucht nicht viel Platz. Später kann ich vielleicht eine andere Stelle dafür finden.«
    »Wenn sie in Kids Zimmer ist, stört sie doch keinen.«
    »Ist schon okay.«
    Kid drückte Dennys Schulter. Sie gingen hinein. »Hey«, sagte Denny. »Hier ist ja ein Hochbett.« Schauder krampften sich um Kids Wirbelsäule. Er stand sehr still. »Denny?«
    »Ja?«
    »Hatte die letzte Wohnung ein Hochbett?« Denny sah verwirrt aus. »Natürlich. Aber es war nicht so schön wie dieses hier.« »War es nicht?«
    »Dieses hier ist viel größer«, sagte Denny. »Und es hat eine Matratze.«
    »Wie war das Haus, in dem wir zuletzt gewohnt haben?«
    »Huh?«
    »Beschreib's mir. Ich kann mich nicht daran erinnern. Ich kann es nicht . . . kann mich an nichts erinnern.«
    »Was meinst du?«
    »Welche Farbe hatten die Wände?«
    »Weiß, oder?«
    Kid nickte stirnrunzelnd. Die Wände hier waren grün. »Du weißt wirklich nicht mehr, wo wir vorher gewohnt haben?« Kid schüttelte den Kopf.
    »Da wohnte«, begann Denny wie eine Souffleuse, »gegenüber eine Gruppe Farbiger. Es war ungefähr acht oder neun Straßen weiter.«
    »Inwiefern war es anders als hier?«
    »Was . . . meinst du?« fragte Denny wieder.
    »Ist es hier anders?«
    »Shit«, sagte Denny. »Dieses Haus ist